Aller Anfang ist schwer – bei KTM wäre Geduld gefragt
OÖN-Kolumne von Gustl Auinger: Erfolge in der Motorrad-Königsklasse bekommt man nicht geschenkt, die "Orangen" haben eine zu hohe Erwartungshaltung.
Vergangenes Wochenende wurde die KTM-Motohall feierlich eröffnet, für das Unternehmen ist das mit Sicherheit ein weiterer Meilenstein in der Erfolgsgeschichte. Auch ich habe eine Einladung nach Mattighofen bekommen, bin ihr allerdings nicht gefolgt. Einer der Gründe war, dass ich dort sicher auch Rede und Antwort stehen hätte müssen zur aktuellen sportlichen Situation der "Orangen" in der MotoGP. Und wer mich kennt, weiß, dass ich mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg halte.
KTM hat im Offroad-Bereich zweifellos die vergangenen Jahre das Geschehen diktiert und den Erfolg auch in den kleineren Klassen Moto3 und Moto2 mittlerweile schon auf die Straße gebracht. Dass sich der ganz große Durchbruch in der Königsklasse MotoGP aber noch nicht eingestellt hat, dafür gibt es vielerlei Gründe.
Die zunehmende Nervosität der Führungsetage ist nicht angebracht. Das wäre noch nicht an der Zeit, die Erwartungshaltung ist einfach zu hoch angesetzt. Der letztjährige Podiumsplatz von Pol Espargaro beim Saisonfinale in Valencia war zwar eine tolle Geschichte, aber auch besonderen Rennumständen geschuldet. Und auch der heurige fünfte Startplatz von ihm in Austin war gut, spiegelte aber nicht die wahren Kräfteverhältnisse wider.
Honda ist eine harte Nuss
Man kann einfach nicht erwarten, dass man gegen Werke, die selbst eine jahrzehntelange Aufbauarbeit hinter sich haben, gleich voll mithalten kann. In dieser Liga gibt es keine Schwächlinge mehr. Honda lässt sich vielleicht in vielen anderen Bereichen in die Suppe spucken, sicher aber nicht im Vorzeige-Projekt MotoGP. Als weltgrößter Hersteller will man dort verständlicherweise der Beste sein und auch bleiben.
Es kann nicht erwartet werden, dass ein Neuzugang wie Johann Zarco nach vier Rennen in dieser Saison schon auf dem Podium oder in dessen Nähe zu finden ist. Aber er steht jetzt schon – viel zu früh – heftig in der Kritik. KTM-Boss Stefan Pierer ließ ja anklingen, man würde sich im Herbst eventuell über den Sinn einer Fortsetzung der Kooperation Gedanken machen müssen. Man darf dazu manch emotionale Aussage der Fahrer nach Rennen nicht immer für bare Münze nehmen.
Zarco ist ein Fahrer, der auf der nicht werksunterstützten Yamaha die vergangenen beiden Jahre fantastisch gefahren ist. Weil das Motorrad genau auf seine Stärken zugeschnitten war. Er kann wie ein Uhrwerk fahren, und er ist sehr reifenschonend unterwegs. Nun mit der RC16 ist das ein völlig anderes Konzept, das er jetzt umsetzen muss.
Auch ein Lorenzo brauchte Zeit
Jorge Lorenzo, für mich einer der präzisesten und besten Fahrer im Motorrad-Zirkus, ist ein gutes Beispiel. Man braucht sich nur anzuschauen, wie lange er gebraucht hat, bis er mit der Ducati Desmosedici endlich Freund geworden ist und seine Stärken auf ihr ausspielen konnte. Das hat eineinhalb Jahre gedauert – für einen absoluten Ausnahmekönner wie ihn. Das sollte KTM doch etwas zu denken geben.
Die Innviertler gehen auch mit dem Motorrad stur einen ganz individuellen Weg. Das ist legitim, aber man darf nicht erwarten, dass man damit über Nacht alle anderen in den Schatten stellt. Der Motor ist in der Tat schon beeindruckend. Bei allen anderen Komponenten fehlt KTM im Gegensatz zur Konkurrenz aber der Vergleich, weil man lieber auf eigene Sachen setzt und sich nicht bei den Zulieferern bedient.
Fleiß ist genug da. Nun sind einfach Durchhaltequalitäten gefragt. In der Mannschaft und vor allem auch in der Führungsetage.
ServusTV überträgt exklusiv alle Rennen der Motorrad-Weltmeisterschaft 2019. So auch den nächsten Lauf am kommenden Wochenende in Le Mans. Samstag im Fernsehen ab 12.25, Sonntag ab 10.20 Uhr
Gustl Auinger: Überlebenskünstler, der den Regen liebte
Wenn August Auinger, den alle Gustl nennen, jetzt in seiner Funktion als Experte von ServusTV mit dem Motorrad-Grand-Prix-Zirkus unterwegs ist, wird er wohl manchmal etwas wehmütig an seine aktive Zeit zurückdenken. Damals, in den späten 1970er-Jahren, war die Szene noch keine auf die ultimative Perfektion getrimmte Multi-Millionen-Show, da roch es im Fahrerlager noch nach Benzin und Schweiß. Und Idealisten wie der Gustl konnten in diesem Zirkus noch überleben, auch wenn das (Kämpfer-) Herz viel größer als das Schmalspur-Budget war.
Heute braucht es mindestens 300.000 Euro und gut und gerne 25 Hinterleute, um in der kleinsten WM-Klasse dabei zu sein. Auinger betrat mit zwei, drei Helfern im Rücken die WM-Bühne, um sich in der 125er-Klasse als finanzieller Überlebenskünstler gegen die in der Mehrzahl in materieller Hinsicht übermächtige Konkurrenz zu stemmen. Als sich ab Anfang der 1980er-Jahre Harald Bartol in der Box um sein heißes Eisen kümmerte, folgten die ersten Top-Platzierungen. Vor allem dann, wenn der Regen kam, zählte Auinger zu den Schnellsten.
Insgesamt fünf Grand-Prix-Siege brachte der für die 125er-Klasse eigentlich viel zu groß gewachsene gelernte Maschinenschlosser ins Trockene. Es war neben den Erfolgen vor allem seine bodenständige Art, die ihn zunächst zum Publikumsliebling und später zur Legende machte. Seine Karriere endete schließlich mit einem finanziellen Bauchfleck. Zehn Jahre lang arbeitete er als Fahrinstruktor beim ÖAMTC, um seinen Kontostand wieder in den grünen Bereich zu bringen.
Dem Motorsport blieb der inzwischen im steirischen Fohnsdorf lebende Auinger stets verbunden. Er unterstützte die Rennfahrer-Karriere seines Sohnes Bernhard, die nicht so steil verlaufen sollte wie jene eines 13-jährigen deutschen Lausbuben, der unter seiner Aufsicht auf dem Red-Bull-Ring die ersten Runden in einem Formel-1-Rennwagen drehen durfte. Sebastian Vettel und Gustl Auinger sind heute noch gute Freunde, die sich gerne in der Steiermark bei Schnitzel und Kartoffelsalat über die Vollgasszene unterhalten. (chz)
Ich mag den Gustl sehr, Afoch a ehrliche Haut!!
Honda hat 20 Jahre Vorsprung.Die Erfolge kommen sicher.In der Ruhe liegt die Kraft.
Wo er Recht hat, hat der Recht, der Gustl.
Nur mit der Ruhe