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Wenn’s sein muss, schneit es in der Wüste

Von Christoph Zöpfl, 25. Jänner 2020, 00:04 Uhr
Wenn’s sein muss, schneit es in der Wüste
Das diesjährige Dakar-Zielgelände in Qiddiya bei Riad: Demnächst soll dort ein Mega-Vergnügungspark und mithilfe von Alexander Wurz eine Formel-1-Rennstrecke entstehen.

Saudi-Arabien möchte sich auf Augenhöhe mit der westlichen Welt hieven. Mit dem Sport hat man einen guten Hebel gefunden.

Auf das höfliche "Nice to meet you" kommt eine unerwartete Antwort. "Servus, wie geht‘s?", sagt der saudi-arabische Sportminister Abdulaziz Turki Al Faisal beim spontan arrangierten Meet & Greet mit den OÖNachrichten im VIP-Bereich des Zielareals der diesjährigen Dakar-Rallye in Qiddiya bei Riad.

KTM-Motocross-Legende Heinz Kinigadner beobachtet die Szene und grinst wie ein Spitzbube, obwohl er gerade seinem 60. Geburtstag entgegensteuert. Der Zillertaler und der 36-jährige Prinz kennen einander schon seit Jahren. Dass Al Faisal nach der neuen Familienaufstellung im saudi-arabischen Königshaus, also seit Mohammed bin Salman in die Rolle des einflussreichen Kronprinzen schlüpfte, plötzlich in der Hierarchie nach oben gespült wurde und jetzt als Sportminister ein wichtiges Amt bekleidet, hat die freundschaftliche Beziehung vielleicht etwas verkompliziert, aber nicht unterbunden.

Wenn’s sein muss, schneit es in der Wüste
Spontanes "Meet & Greet": Motocross-Legende Kinigadner (Mitte), der Sportminister und der OÖN-Beobachter.

Den Erstkontakt mit dem Prinzen aus Saudi-Arabien stellte noch BMX-Freestyler Senad Grosic her. Dieser verfügt über kroatisch-bosnische Wurzeln, einen moslemischen Background und hat für Red Bull vor Jahren im arabischen Raum als Markenbotschafter einige Türen geöffnet und dabei Al Faisal kennengelernt. Dieser hatte damals keine Regierungsgeschäfte, sondern eher seine Rennfahrerkarriere im Kopf. Bei der Präsentation des Rennwagens des Prinzen begeisterte Grosic mit seinen Radfahrkünsten. Man blieb in Kontakt. Al Faisal, der unter anderem in London studierte, kam mehrmals nach Österreich, fand Anschluss zur Red-Bull-Community und engagierte auf seinem motorsportlichen Karriereweg mit dem Salzburger Walter-Lechner-Team einen verlässlichen Tempomacher.

Langfristiger Masterplan

Und jetzt ist er plötzlich auf der politischen Überholspur unterwegs, wird im Zielraum der Dakar-Rallye von einem devoten Tross – Medienmenschen inklusive – umringt und freut sich im Small Talk mit den OÖN, dass er mit dem österreichischen Dialekt überraschen konnte. Seine Frage, wie gut die Dakar-Premiere in Saudi-Arabien angekommen sei, beantwortet man – angesteckt vom legeren Tonfall – im übertragen Sinn, dass es eh ganz lässig wäre, aber wenn er wirklich einen österreichischen Sportjournalisten beeindrucken möchte, müsse er ein Skirennen organisieren. "Das sollte kein Problem sein, wir werden sicher technische Lösungen finden, dass so etwas in Saudi-Arabien möglich ist. In Österreich braucht man ja auch Beschneiungsanlagen", sagt der Prinz und lächelt. Ob er das wirklich ernst gemeint hat, dass er es in der Wüste schneien lassen wolle? Ausgeschlossen sei so etwas nicht.

Tatsächlich ist der Profisport im Königreich, das sich auf Augenhöhe mit der westlichen Welt hieven möchte, zu einem wichtigen Hebel geworden. Neben der Dakar-Premiere hat man mit einem Boxkampf, der Formel E, dem spanischen Fußball-Supercup-Finale oder einer vom Welser Peter-Michael Reichel mitorganisierten Tennis-Exhibition zuletzt einige Duftmarken gesetzt. Ein Zehn-Jahres-Vertrag mit dem französischen Dakar-Betreiber A.S.O. zeigt, dass man keine Eintagsfliegen züchtet, sondern gemäß des 2030er-Programms von Kronprinz Mohammed bin Salman einen langfristigen Masterplan verfolgt.

Wenn’s sein muss, schneit es in der Wüste
Real Madrid feierte den Sieg im Spanischen Supercup in Saudi-Arabien, das sich das Final-Four-Turnier bis zum Jahr 2022 gesichert hat. Den Saudis war das 120 Millionen Euro wert. Bild: APA

Auch bei der Fußball-WM 2022 in Katar könnten einige Spiele in Saudi-Arabien stattfinden. Aktuell steht diesem Plan noch ein politisches Embargo entgegen. Saudi-Arabien, dessen neue Führung mit den USA eine strategische Zusammenarbeit pflegt, hat Katar zum Strafraum erklärt, weil das Emirat moslemische Terror-Organisationen nicht die rote Karte zeigt.

Ein neues "Las Vegas" entsteht

Den Betreibern der gesellschaftspolitischen Neuorientierung scheint inzwischen klar zu sein, dass die in Saudi-Arabien sehr streng ausgelegten Spielregeln des Islam für die Öffnung in Richtung Westen nicht gerade hilfreich sind. An der Küste des Roten Meeres soll ein Tourismus-Ressort so groß wie Belgien entstehen, in dem das Alkoholverbot oder weibliche Verschleierungsmaßnahmen außer Kraft gesetzt werden sollen. Das "Las Vegas" Saudi-Arabiens ist zwar erst ein Traum aus Tausendundeine Nacht, es soll aber schon 2022 in einer ersten Ausbaustufe fertig sein.

Noch früher, nämlich schon im kommenden Jahr, dürfte die Prohibition im Umfeld der Rallye Dakar enden, unter der heuer zahlreiche Teilnehmer zu leiden hatten. Die Strafen für den Alkoholkonsum waren derart rigoros, dass dieses wüste Rennen tatsächlich staubtrocken blieb. Erst im finalen Fahrerlager im Zielareal von Qiddiya soll das Alkoholverbot dann doch da und dort unter die Räder gekommen sein. Insider berichten von Weinen, die Einheimische in ihren Wohnungen in Badewannen hergestellt hätten und die im Fahrerlager aus Benzinkanistern getrunken wurden. Augen- und Gaumenzeugen wussten nicht, was höher war: der Alkohol- oder der Oktangehalt.

Daten & Fakten

  • Im Königreich Saudi-Arabien mit der Hauptstadt Riad leben 34 Millionen Menschen. Die Alterspyramide steht Kopf. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist unter 30 Jahre alt.
  • Mit einer Fläche von 2,15 Millionen Quadratkilometern ist Saudi-Arabien sechsmal so groß wie Deutschland.
  • Die Monarchie rangiert auf einem der weltweit letzten Plätze bezüglich Frauenrechte. Meinungsfreiheit ist nicht gegeben und es werden regelmäßig Strafen wie Amputation, Steinigung, Auspeitschung und die Todesstrafe vollzogen, letztere auch für Homosexualität. Unter dem faktisch regierenden Kronprinzen Mohammed bin Salman wird jedoch eine vorsichtige „Modernisierung“ der Gesellschaft eingeleitet.
  • Saudi-Arabien ist durch seine Ölexporte eines der reichsten Länder der Welt. Zunehmender Druck auf den Staatshaushalt durch den Ölpreisverfall seit Anfang 2015 zwingt das Land, neue Einnahmequellen zu erschließen. Die „Vision 2030“ ist in dieser Hinsicht ein ehrgeiziges wirtschaftliches Projekt der saudischen Führung, in das ein dreistelliger Milliardenbetrag fließen wird. Unter anderem will man sich als Sportveranstalter profilieren.
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Autor
Christoph Zöpfl
Leiter Sportredaktion
Christoph Zöpfl
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