Thiem schrammte haarscharf am WM-Titel vorbei
Österreichs Tennisstar verlor das Endspiel bei den ATP-Finals 7:6, 2:6 und 6:7
Omas und Tanten waren angereist, Vater Wolfgang Thiem kaute nervös an einem Kaugummi, Coach Nicolás Massú sprang immer wieder auf und peitschte seinen Schützling nach vorne, auf den Rängen der mit 17.500 Fans ausverkauften Londoner O2-Arena wurde die eine oder andere rot-weiß-rote Fahne erspäht, zuhause drückten Hunderttausende die Daumen. Österreichs Tennisstar Dominic Thiem, in dessen Box Kiki Mladenovic fehlte, hatte enorm viel Rückenwind in diesem Endspiel der ATP-Finals verspürt, das Happy-End blieb dem 26-Jährigen aber verwehrt.
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Der jetzt Weltranglistenvierte verlor den an Dramatik nicht zu überbietenden Showdown gegen Stefanos Tsitsipas (Gre), der sich über 2,652 Millionen US-Dollar und 1300 Punkte freuen darf, nach 2:37 Stunden 7:6 (6), 2:6 und 6:7 (4). Für Thiem war es das dritte große Finale, in dem er das Nachsehen hatte. 2018 und heuer bei den French Open war Rafael Nadal zum "Stolperstein" geworden.
Man merkte Thiem, der in der Runde der letzten vier Alexander Zverev (D) mit 7:5, 6:3 entthront hatte, phasenweise die Strapazen der vergangenen Woche und auch die krankheitsbedingte Schwächung an. Das soll aber die Leistung von Tsitsipas, der eine österreichische Urgroßmutter hatte, überhaupt nicht schmälern. Der 21-Jährige spielte richtig stark und hatte seine Nerven im Griff.
Ein Duell auf Augenhöhe
"Ich bin so erleichtert, es war ein herausragendes Match gegen einen unglaublich starken Gegner", jubelte der inoffizielle Weltmeister Tsitsipas: "Es ist phänomenal, meine Landsleute haben mir so viel Energie gegeben, ich liebe das."
Es war das erste Endspiel bei den ATP-Finals seit 13 Jahren, in dem beide Hauptdarsteller mit einer einhändigen Rückhand auftricksten. Da ist naturgemäß viel Druck, Wucht und Präzision dahinter – garniert mit dem Spannungselement. Den ersten Satz gewann Thiem im Tiebreak 8/6. Und das, obwohl er zweimal heikle Situationen zu überstehen hatte. Beim Stand von 3:4 musste der Lichtenwörther zwei Breakbälle abwehren, bei 5:6 lag er schon 0/30 zurück.
Der zweite Durchgang wurde zu einer klaren Angelegenheit für Tsitsipas, der zügig auf 4:0 davonzog. Auch im alles entscheidenden dritten Set gab der unter den Buchmachern als leichter Außenseiter gehandelte ATP-Finals-Debütant und Weltranglistensechste zunächst den Ton an. Thiem verlor sein Service zum 1:2, schaffte aber später das Break zum 3:3. Im zweiten Tiebreak zog Tsitsipas auf 4/1 davon, gegen Novak Djokovic hatte Thiem in so einer Situation den Spieß noch umdrehen können, gestern war das nicht der Fall.
1,302 Millionen US-Dollar
In der Stunde der Niederlage, bei der die Schauspiel-Größen Hugh Grant und Woody Harrelson live dabei waren, ist die Ausbeute in der britischen Metropole ein schwacher Trost: Thiem nimmt 1,302 Millionen Dollar und 800 Zähler mit. Den Russen Daniil Medwedew überflügelt er im ATP-Ranking.
Die drei Legenden haben es nicht in die heißeste Phase der ATP-Finals geschafft. Rafael Nadal (33) und Novak Djokovic (32), scheiterten bereits in der Gruppenphase, für den 38-jährigen "Rekord-Weltmeister" Roger Federer (6 Titel) kam im Semifinale das Aus. Gegen jenen Tsitsipas, der Thiem erstmals 2016 über den Weg gelaufen ist. Das war auch in London.
Der "Dominator" hatte sich erstmals für die ATP-Finals qualifiziert, Tsitsipas – damals 18 und ein noch ziemlich unbeschriebenes Blatt – stand dem Lichtenwörther als Trainingspartner zur Verfügung. "Da hat man schon sein Potenzial gesehen. Aber wir hätten uns wohl beide nicht träumen lassen, dass wir nur drei Jahre später hier das Endspiel bestreiten", sagte Thiem.
ATP-Finals in London
Dotation: 9 Millionen US Dollar.
Herren, Einzel, Semifinale: Stefanos Tsitsipas (Gre/6) – Roger Federer (Sui/3) 6:3, 6:4, Dominic Thiem (Ö/5) – Alexander Zverev (D/7) 7:5, 6:3.
Finale: Tsitsipas – Thiem 6:7 (6), 6:2, 7:6 (4).
Doppel, Finale: Pierre-Hugues Herbert/Nicolas Mahut (Fra/7) – Raven Klaasen/Michael Venus (Rsa/Nzl/5) 6:3, 6:4.
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Thiem ist derzeit mental so stark wie noch nie.
Er hat ein sehr gutes Turnier gespielt.
Gestern hat im entscheidenden Tiebreak das Quentchen Glück gefehlt.
Er wird noch seine Turniersiege feiern - auch bei Grand Slams.
Obwohl ich kein Tennisfachmann bin, sollte man die Leistung von D. Thiem absolut würdigen. Österreich hatte bisher nur einen Spieler, welcher besser klassiert war als er und das liegt Jahrzehnte zurück.
Grundsätzlich hat er ein ganz tolles Turnier gespielt. Keine hellseherischen Qualitäten brauchte man, um ein Ausscheiden vorherzusagen.
Erstes Service kaum vorhanden und zu viele Eigenfehler, bei einem exzellenten spielenden Gegner!
Fanatiker
Welch detaillierte Gesamtkritik über den gesamten Turnierverlauf. Man merkt's - Sie sind ein echter Kenner des Tennissports. Weiter so! So schaffen Sie nicht nur diesmal, sondern auch in Zukunft den Titel "Dummschwätzer der Woche".