In dieser Form kann Thiem auch Nadal Schmerzen bereiten
MELBOURNE. Österreichs Tennis-Star trifft im Viertelfinale der Australian Open auf die Nummer eins
Nach der Trennung von Kurzzeit-Coach Thomas Muster blüht Dominic Thiem bei den Australian Open in Melbourne auf: Österreichs Tennis-Star zeigte gegen Gael Monfils, einen seiner Lieblingsgegner auf der ATP-Tour (6:0-Bilanz), eine Galavorstellung und zog mit einem 6:2, 6:4, 6:4-Erfolg erstmals ins Viertelfinale des ersten Grand-Slam-Turniers einer Saison ein. Morgen bekommt es der 26-jährige Lichtenwörther mit dem Weltranglistenersten Rafael Nadal zu tun. Der Mallorquiner musste sich in seinem Spiel gegen Lokalmatador Nick Kyrgios (Aus), der in memoriam Kobe Bryant mit einem Los-Angeles-Lakers-Trikot mit der Nummer acht die Rod-Laver-Arena betreten hatte, ordentlich quälen. Nadal setzte sich nach 3:24 Stunden 6:3, 3:6, 7:6 (6), 7:6 (4) durch. Der zwölfmalige Triumphator bei den French Open stand damit gestern 110 Minuten länger als der "Dominator" auf dem Court.
Vielleicht hilft dieser Fitness-Vorteil im 14. Duell. Thiem hat Nadal viermal (ausschließlich auf Sand) geschlagen, bei den US Open 2018 musste sich der Niederösterreicher in einer epischen Partie im Tiebreak des fünften Satzes beugen. Es ist also möglich, Nadal auf Hartplatz zu fordern.
Mama Karin und die Tattoos
"Ich habe gegen Monfils eine Superleistung gezeigt. Es ist ein richtig schöner Tag für mich. Wahnsinn, dass ich hier in Australien mein erstes Viertelfinale erreicht habe", strahlte Thiem, der im Interview mit dem legendären Jim Courier auf seine Mama Karin einging und die Lacher auf seiner Seite hatte.
"Ja, leider muss ich das bestätigen", sagte der "Dominator", nachdem er auf die Tattoo-Leidenschaft seiner Mutter angesprochen worden war. Bei jedem großen Turniersieg ihres Sohnes lässt sich Karin ein Tattoo stechen, das auf die Besonderheiten der Stätte des Triumphes Bezug nimmt. Die Geschichte nahm im März 2019 auf dem langen Trip von Rio de Janeiro nach Indian Wells ihren Anfang. Nach dem verkorksten Saisonstart machte Karin Thiem die gewagte Ankündigung, sie würde sich ein Tattoo stechen lassen, wenn Dominic den Hartplatz-Klassiker gewinnen würde. Gesagt, getan.
Der Junior schlug im Finale Roger Federer (Sui), die Mama bekam eine Adlerfeder auf die nackte Haut. Im Herbst war es nach dem Triumph in Peking ein Panda. "Und wenn ich die Australian Open gewinne, wird es ganz sicher ein Känguru", weiß Thiem.
Noch trennen ihn drei Siege vom großen Coup, vom heiß ersehnten ersten Major-Titel in seiner Laufbahn. Die Form stimmt, das Selbstvertrauen auch. Die unliebsamen Nebengeräusche nach der Scheidung von Muster blendet Thiem locker aus, er fühlt sich wieder pudelwohl. Und das, obwohl Österreichs bis dato einziger Grand-Slam-Sieger (Muster gewann 1995 die French Open) bei "Eurosport" mit der Metapher "Es gibt halt Häuser mit schönen Fassaden, aber man weiß halt selten, wer drinnen wohnt" nachgetreten hat.
"Die völlig falsche Wortwahl"
"Es ist ein bisschen aufgebauscht worden. Wir haben es intern viel entspannter gesehen", erläuterte Thiem. Nachsatz: "Es ist schon zu lange her, um mich zu beeinflussen. Ich habe beim Match gegen Monfils gar nicht mehr darüber nachgedacht."
Herwig Straka, Manager von Thiem und Muster, sitzt ein bisschen zwischen den Stühlen. Für ihn kamen Musters Aussagen überraschend: "Warum er das gesagt hat, weiß ich selber nicht. Wir waren alle verwundert. Anscheinend war Tom doch mehr gekränkt, als er zugegeben hat. Wir hatten eigentlich den Eindruck, dass er das akzeptiert", sagte Straka.
Muster hatte betont, dass Thiem noch in vielen Bereichen ("technisch, körperlich, vor allem mental") Aufholbedarf habe. "Tom hat da die völlig falsche Wortwahl getroffen. Dass es Möglichkeiten gibt, noch besser zu werden, ist uns allen klar. In diesem Zusammenhang von Schwächen zu sprechen, ist aber natürlich falsch", betonte Straka.
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