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Max Hauke: "Viele sahen mich als Doping-Monster"

Von Dominik Feischl   04.Dezember 2019

Das Bild vom Athleten mit der Nadel im Arm verstörte im Februar diesen Jahres die Sportwelt. Skilangläufer Max Hauke war es, der während der Nordischen Ski-WM in Seefeld im Zuge der "Operation Aderlass" in flagranti beim Blutdoping erwischt wurde. Ein nicht für die Öffentlichkeit gedachtes Polizeivideo, das ein Beamter aber in Umlauf brachte, zeigte den Steirer beim offensichtlichen Betrugsvollzug. Hauke wurde damit wie kein anderer zum Gesicht eines weitreichenden Dopingskandals.

Wenige Wochen später von der NADA für vier Jahre gesperrt, wurde der 27-Jährige Ende Oktober auch gerichtlich verurteilt. Um Hauke ist es ruhig geworden hierzulande. Nicht aber in Skandinavien, wo der überführte Dopingsünder in der schwedischen Tageszeitung "Expressen" seine Sicht der Realität im Sp(r)itzensport darlegte. Bemerkenswert deshalb, weil er das derzeit gängige Testsystem wie schon viele andere vor ihm einmal mehr infragestellt.

Hauke, der in Zukunft eine Arztkarriere anstrebt, hat mit dem Spitzensport abgeschlossen. Auch wenn in ihm das aufgetauchte Video immer wieder schmerzhafte Erinnerungen hervorruft. "Davor wurde ich als der nette Kerl von nebenan eingestuft. Danach sahen mich viele als Doping-Monster. Aber da gibt es mehr zu erzählen, als nur dieses Bild, wo ich auf der Couch sitze."

"Moritz" dopte seit 2016

Er erzählte "Expressen" seine Geschichte von den Jahren auf der Schattenseite. "Moritz", wie sein Codename bei Doping-Arzt Mark Schmidt war, dopte seit dem Frühjahr 2016. Und er würde es wohl auch heute noch tun. Wäre nicht die Polizei dem internationalen Netzwerk nach Hinweisen von Haukes Langlauf-Kollegen Johannes Dürr auf die Schliche gekommen. "Wäre die Polizei nicht involviert gewesen, wäre das nie aufgeflogen", glaubt der Steirer, der in den drei Jahren des Dopings nie einen auffälligen Befund ablieferte. Auch, weil er sich selbst einbremste, um nicht verdächtig zu werden. "Beim Weltcuprennen in Davos war ich bei den Zwischenzeiten Sechster. Da wusste ich, dass ich langsamer machen musste bis ins Ziel." Erst bei der Heim-WM hätte der ganz große Coup mit verbotener Hilfe gelingen sollen. Schmidt sei es auch gewesen, der Hauke die Angst vor Doping-Tests nahm. "Er hatte immer alles unter Kontrolle." Für dessen Dienste zahlte Hauke bis zu 10.000 Euro im Jahr.

Dass der deutsche Sportarzt aus dem Verkehr gezogen wurde, sei gut, aber zu wenig. "Es war offensichtlich, dass er mit anderen Ärzten sprach und Informationen darüber erhielt, wie man alles am besten versteckt", erzählte Hauke "Expressen". Der Sportler sei nur das letzte Glied in der Kette. "Ohne einen Arzt, der hilft, könnte man nicht dopen", glaubt Hauke.

Wie zahnlos die Kontrollen wirklich seien, habe er auch der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA im Herbst auf Einladung bei einer Konferenz in Tokio mitgeteilt. "In der Nacht wird man nie kontrolliert. Man nimmt also Wachstumshormone, bevor es ins Bett geht und beim Aufwachen ist nichts mehr nachweisbar." In der Tat. Mikrodosierungen von Präparaten wie EPO sind nach Ansicht vieler Experten weit gängiges Mittel, damit die Dopingfahnder mit leeren Händen dastehen. Auch Bluttransfusionen – damals wie heute äußerst schwer nachweisbar – sind im Trend. "Ein wenig Salzwasser danach und der Blutspiegel normalisiert sich wieder." Dahinter stecke immer System. "Mit einem profunden Arzt wie Schmidt und einer guten Organisation ist es problemlos machbar."

Mehr Polizeiarbeit gefragt

Der neue WADA-Chef Witold Banka kündigte kürzlich bereits an, noch mehr mit Exekutive und Geheimdiensten kooperieren zu wollen, um Dopingsündern auf die Schliche zu kommen. "Das ist die Zukunft der Anti-Doping-Politik. Ohne eine Zusammenarbeit sind wir nicht imstande, es effektiv zu bekämpfen", sagt der Pole.

Neun Monate ist es her, dass die Polizei die Tür zum extra für Dopingzwecke angemieteten Appartment in Seefeld geöffnet hat und unter anderem Hauke überführt wurde. Warum er auf die schiefe Bahn geraten ist, darüber denke der Steirer bis heute nach. Unwissenheit sei es gewesen. Und ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit. "Am Ende war es einfach nur ein idiotischer Fehler."

„Operation Aderlass“

  • 27. Februar 2019: Hausdurchsuchungen der Polizei im Rahmen der Nordischen Ski-WM in Seefeld: Neun Personen werden festgenommen, unter ihnen die österreichischen Skilangläufer Max Hauke und Dominik Baldauf. In Erfurt werden 40 Blutbeutel gefunden, der deutsche Sportmediziner Mark Schmidt, mutmaßlicher Kopf des Doping-Rings, wird festgenommen.
  • 3. März: Der Tiroler Radprofi Stefan Denifl, Ö-Tour-Sieger 2017, gesteht im Zuge der Ermittlungen Blutdoping.
  • 4. März: Der steirische Radprofi Georg Preidler macht eine Selbstanzeige wegen Dopings bei Schmidt.
  • 6. März: Auch Kronzeuge Johannes Dürr, selbst bei Olympia 2014 überführt, soll seit Jahren und bis zuletzt Eigenblutdoping betrieben haben.
  • 21. März: 21 Athleten aus acht Nationen seien im Visier, wird in München verlautbart. Betroffen: drei Winter- und zwei Sommersportarten.
  • 15. Mai: Ex-Radstar Alessandro Petacchi gerät ins Visier.
  • 3. August: Die im Innviertel wohnhafte Mountainbikerin Christina Kollmann-Forstner wird als erste Sportlerin des Skandals zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt.
  • 30. Oktober: Hauke wird zu fünf Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt.
  • 31. Oktober: Die deutsche Staatsanwaltschaft lässt wissen, dass gegen Schmidt und Komplizen bis Jahresende Anklage erhoben werden könnte.
  • 28. November: Der Rad-Weltverband UCI kündigt Nachkontrollen von Proben aus den Jahren 2016 und 2017 an.

 

 

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