Fiasko statt Grand Slam: Der Untergang der Wikinger
MALMÖ. Mit Dänemark verlor die Handball-EM seinen nächsten Favoriten. Ein Ausscheiden, das einer nationalen Sinnkrise gleichkommt.
Das letzte Puzzlestück zum Handball-Grand-Slam aus Olympiagold, Weltmeister-Titel und EM-Triumph hätte es werden sollen. Geworden ist es mit dem Vorrunden-Aus aber das schlechteste Abschneiden Dänemarks bei einem EM-Turnier.
Von "Schock", "Alptraum" oder dem "Tiefpunkt der dänischen Handball-Geschichte" war die Rede. Der 31:28-Sieg zum Abschied über Russland war da kein Trost. Kurz davor hatten die dänischen Stars um Welthandballer Mikkel Hansen in Malmö von der Seitenlinie aus mitangesehen, wie sich Ungarn mit einem 24:18 über die bereits fix aufgestiegenen Isländer zum Sieg in Gruppe E geworfen hatten, womit der Untergang der Dänen endgültig besiegelt war.
Wie eine Ski-WM ohne Medaille
Bei den handballverrückten Skandinaviern kam das einer nationalen Sinnkrise gleich. Von den 5,6 Millionen Dänen sind 112.000 Mitglied im Handball-Verband, einem der weltweit größten. Zum Vergleich: Österreich kommt gerade einmal auf 22.000 registrierte Spieler. Was für den Österreicher das Skifahren ist, ist für den Dänen das Bällewerfen. Entsprechend groß war der nach dem EM-Aus einsetzende mediale Katzenjammer. "Vom WM-Triumph zum totalen EM-Fiasko", schrieb etwa die Zeitung "Berlingske". Im Zentrum der Kritik stand neben Superstar Hansen, der gegen Island (30:31) und Ungarn (24:24) vieles schuldig geblieben war, vor allem Teamchef Nikolaj Jacobsen. Der 48-Jährige sprach von einer zu hohen Eigenfehlerquote sowie den "letzten fünf bis zehn Prozent", die seiner Mannschaft gefehlt hätten. Ohne Umschweife ergänzte er: "Das ist meine Verantwortung."
Seine Spieler rangen hörbar nach Worten. "Das ist so surreal. Das ist enorm enttäuschend, eine enorme Leere", beschrieb etwa Torhüter Jannick Green.
Kritik am EM-Modus
Dänemark ist nach Frankreich der zweite Turnierfavorit, der bereits in der neu gestalteten EM-Vorrunde auf der Strecke blieb. Wegen der nun 24 statt bisher 16 Teilnehmer qualifizierten sich nur mehr zwei statt bisher drei Teams pro Gruppe für die Hauptrunde. "Der Handball muss sich überlegen, ob es gut ist, wenn Nationen wie Frankreich und Dänemark nach der Vorrunde raus sind", kritisierte Dänemarks Sportchef Morten Stig Christensen den neuen Modus.
Mit arroganten 95 % Leistung gewinnt auch ein Weltmeister keinen Blumentopf.