Weidlinger im Favoritenkreis
Fuchsteufelswild und ohne Final-Teilnahme reist Martin Pröll von der Leichtathletik-EM heim. Erst dort trifft er seinen Trainer-Vater wieder, den der Verband zu seinem Unmut nicht akkreditiert hatte. Der Papa könnte es dafür bei Günther Weidlinger richten: Am Sonntag (10.05 Uhr) läuft der Familienbetrieb im Marathon auf Hochtouren.
Es solle ja keine Ausrede sein, schnaubte Martin Pröll nach seinem enttäuschenden 3000-Meter-Hindernis-Vorlauf, der nach 8:41,63 Minuten auf Platz 19 endete: „Mit der Wut im Bauch geht nix.“ Die hatte sich aufgestaut, weil der heimische Verband nur 14 Personen akkreditieren durfte. Sein Trainer Manfred Pröll musste in Freistadt bleiben. „Es ärgert mich, wenn der Präsident eine Läuferin ohne EM-Limit (Doris Röser, Anm.) samt Trainer mitnimmt.“ Der Verband rechtfertigt sich unter anderem damit, die Disziplinen ausgewogen betreut haben zu wollen.
Laufen muss er alleine, aber auf die Hilfe seines Papas kann am Sonntag Günther Weidlinger blind vertrauen. Seine Ehefrau Evelyn, die ein Kind erwartet, schaut in Linz zu. Auf die Uhr blickt Herr Weidlinger ausnahmsweise nicht, denn bei der EM gehe es nicht um Zeit, sondern um den Platz, sagt er. Der 32-Jährige zählt zum Favoritenkreis, aber der hat einen großen Radius. „20 laufen um Medaillen, da gehör’ ich dazu. Realistisch ist Platz sechs bis acht.“
Die Vorbereitung lief gut, sehr gut, so wie 2009 vor seinem österreichischen Rekord (2:10,47) in Frankfurt. 600 Kilometer ist Weidlinger im dreiwöchigen Trainingslager von St. Moritz gelaufen. Papa Heinrich weiß das genau, denn er begleitet ihn laufend mit dem Rad. Im Team-Hotel Vincci teilen sich die beiden ein Zimmer – wie immer –, das funktioniere ganz gut, sagen sie. Der Senior: „Wenn ich aufsteh’, dann schleich’ ich mich leise raus, und die Klospülung benütz’ ich in der Nacht nur, wenn’s unbedingt sein muss.“ Es gebe Dinge, so der Junior, wo er durchaus eine auf den Deckel bekomme. „Unter die Nutella Butter schmieren, vertrag’ ich gar nicht“, sagt der Papa.
Auch ein zweites Rennen bestreitet Weidlinger am Sonntag. Jenes um einen Platz in der Athletenkommission des europäischen Verbandes. „Manche Dinge laufen da nicht richtig. Ein Marathon-Start um 10.05 Uhr in die Mittagshitze kann nicht sein. Es soll interessant sein, was wir wollen, und nicht die Medien und Sponsoren.“
Neben Weidlinger nehmen die 42,195 Kilometer die beiden Oberösterreicher Florian Prüller und Christian Pflügl in Angriff, ihre summierte Zeit zählt für die Team-Wertung. Pflügl wird übrigens von Manfred Pröll trainiert. Das ist der, der nicht bei der EM ist ...