"Der Sport ist in meinen Genen, den bringst du nicht weg"

Von Von Reinhold Pühringer   13.September 2017

30.000 Menschen jubelten ihr einst im Wiener Praterstadion zu, als sie am 4. September 1971 die 1,92 Meter übersprang. Im ersten Versuch, wohlgemerkt. Ilona Gusenbauers Höhenflug vor mittlerweile 46 Jahren bedeutete Weltrekord. Und das in der Leichtathletik – einer Sportart, in welcher das überschaubar große Österreich seither nie mehr eine weltweite Bestmarke aufstellte.

Feier im kleinen Kreis

Der Jubel jener Tage (siehe Faksimile der OÖNachrichten von damals) ist längst verstummt. Heute lebt die einstige Hochsprung-Europameisterin zurückgezogen in Breitenfurt bei Wien. Ruhig und beschaulich. So wie sie auch ihren 70. Geburtstag am Samstag verbringen wird. „Erst am Sonntag möchte ich mich mit Verwandten und Freunden treffen“, verrät Österreichs Sportlerin des Jahres von 1971, wobei es zu jener Zeit nur eine geschlechterübergreifende Kategorie gab. Obwohl Gusenbauer im Alter die Malerei für sich entdeckte, hat sie den Sport und insbesondere ihre Leichtathletik nie aus den Augen verloren. „Der Sport ist in meinen Genen, den bringst du nicht weg“, sagt sie mit einem Lächeln. Ihre seelische Verbindung drücke sich allerdings nicht in Besuchen von Leichtathletik-Veranstaltungen aus, sondern lieber im Austausch mit Menschen, welche ihre Passion teilen.

gusenbauer

Die WM verfolgt

Dass Österreich heute im Gegensatz zu ihrer Glanzzeit nur noch über eine Handvoll Weltklasse-Leichtathleten verfügt, schmerzt sie zusehends. Zur diesjährigen WM nach London hatte der heimische Verband deren fünf entsendet. „Das sind wenige, die sind allerdings sehr tüchtig, insbesondere die Mehrkämpferinnen“, imponiert Gusenbauer mitunter der sechste Platz von Siebenkämpferin Ivona Dadic.

Wenngleich die Zeit eine fraglos andere ist. 1960 war Gusenbauer, damals noch unter ihrem Mädchennamen Majdan, bei einem Schulsportfest aufgefallen, als ein 12-jähriges hochgeschossenes Mädchen mit kaum technischem Vorwissen die 1,45 Meter übersprang. Hochsprung war für sie Liebe auf den ersten Blick. Dazu passend: ihre Ehe mit ihrem Trainer beim Wiener Athletiksport Club (WAC), Roland Gusenbauer. Dieser und Gunnar Prokop führten sie in die Weltklasse und in die bis dahin unerreichten Höhen.

Bescheidener Wunsch

Nach rund einem Jahr verlor Gusenbauer, die ihre Karriere 1976 nach einem Patellasehnenriss beendete, ihren Weltrekord wieder. Ein Detail, das mit fast 50 Jahren Abstand freilich nur noch Makulatur ist. Wie sehr, beweisen die Wünsche, welche die sich als „dankbaren Menschen“ bezeichnende Gusenbauer zu ihrem Geburtstag hat: „Ich möchte auch in Zukunft viel Grund zum Lachen haben – und sei es über mich selbst, weil das ist die befreiendste Form des Lachens.“