Der Handelfmeter für Portugal war eine klare Fehlentscheidung
Die Schiedsrichterleistungen waren bis jetzt in Ordnung – die falschen Pfiffe bleiben aber natürlich leichter in Erinnerung
Eigentlich kann man mit den bis jetzt gezeigten Schiedsrichter-Entscheidungen zufrieden sein. Es gibt immer Luft nach oben. Und natürlich bleiben am Ende vor allem die groben Fehlentscheidungen in Erinnerung. Der vom VAR urgierte und im Nachhinein gegebene Elfmeter für Portugal beim 2:0 gegen Uruguay war eine solche Fehlentscheidung.
Diese Situation ist kein strafbares Handspiel. Der Spieler verteidigt nach vorne mittels Tackling gegen den Ball, und muss sich aus einer natürlichen Armbewegung abstützen. In diesem Fall verbreitert er nicht seinen Körper, sondern die Hand ist hinter dem Körper – und zudem nicht strafbar. Dazu kommt, dass es auch keine klare Fehlentscheidung gewesen wäre, weshalb der VAR sowieso nicht eingreifen hätte dürfen.
Und wenn der VAR schon so übergenau ist, dann hätte der Strafstoß wiederholt werden müssen, weil ein Spieler der Portugiesen deutlich zu früh in den Strafraum gelaufen ist. Es hat sich auch bei dieser Situation gezeigt, dass trotz des VAR Fehler passieren können, und dass die Beurteilung und Wahrnehmung solcher Situationen – wie in so vielen anderen Situationen des Lebens auch – unterschiedlich ist. Und das ist zutiefst menschlich.
Viel mehr als Fehler ärgert mich, wenn ich als Fernsehzuseher auch bei dieser WM beobachte, wie der vierte Offizielle bei den Spielen als Blitzableiter herhalten muss, weil das Verhalten von Trainern, Ersatzspielern und sonstigen Offiziellen einfach unterirdisch respektlos ist. Und das Schlimme daran ist, dass dieses Verhalten von 98 Prozent unserer Gesellschaft akzeptiert und als normal empfunden wird – und die Verbände einerseits nichts dagegen unternehmen sowie die Strafen für dieses Verhalten viel zu gering sind.
Die Aufgabe des vierten Offiziellen sollte eigentlich ausschließlich daraus bestehen, den Schiedsrichter und die Assistenten in seinem Wahrnehmungsbereich zu unterstützen, die Organisation bei Wechseln zu erleichtern, und den Schiedsrichter auf falsche Dinge (etwa falsche Spielfortsetzung) hinzuweisen.
Nachdem der vierte Offizielle per Funk mit dem Schiedsrichterteam verbunden ist, kann er natürlich den Offiziellen auf der Trainerbank strittige Situationen gut erklären. Diese Kommunikation ist auch Teil seiner Aufgaben, wobei hier die Betonung auf dem Wort Kommunikation liegt. Und diese sollte immer mit dem notwendigen Respekt geführt werden. Dieser Respekt fehlt mir leider in den meisten Fällen bei Trainern und Funktionären.
Emotionen im Sport sind absolut in Ordnung, und sollen auch sein – aber nicht so.
Oliver Drachta (45) aus Tumeltsham ist ehemaliger FIFA- und Bundesliga-Schiedsrichter.
einige wurden schon hinaufgepfiffen, stimmt