Liga-Check: Rapid macht einen Schritt nach vorne
WIEN. Nach der katastrophalen vergangenen Saison stabilisierte sich Rapid. Der dritte Platz ist ein guter Zwischenschritt.
Nach schwachem Saisonstart keimten beim Zwischenspurt Titelhoffnungen. Eine Negativserie, beginnend mit dem 2:3 gegen Salzburg, beendete diese schnell wieder. Trotzdem geht die Entwicklung in die richtige Richtung: Defensiv formte Trainer Goran Djuricin eine disziplinierte Einheit, doch in der Offensive hakt es, obwohl das Mittelfeld alle Stückerln spielt: Sieben Tore auf drei Stürmer verteilt sind viel zu wenig.
Tor ****
Richard Strebinger brauchte Anlaufzeit. Seitdem er von Djuricin als Nummer eins bestätigt wurde, zahlt der Torhüter das Vertrauen zurück. Er minimierte die Fehlgriffe und gehört nun zu den besten Bundesliga-Torhütern. Konkurrent Tobias Knoflach, vor einem Jahr noch auf Augenhöhe mit Strebinger, rückte ins zweite Glied.
Richard Strebinger entwickelte sich zu einem der stärksten Bundesliga-Torhüter. Foto: gepa
Abwehr: ****
Die Verpflichtung von Lucas Galvão am Ende der Sommer-Transferzeit entwickelte sich zum Glücksgriff. Der Brasilianer, der bei Altach noch meist auf der linken Seite gespielt hatte, entwickelte sich zu einem Top-Innenverteidiger, der schnell die vakante Chefrolle durch die Verletzung von Christopher Dibon übernahm. Für Dibon schien die Saison nach einer Hüftoperation noch gelaufen, überraschend schnell verlief allerdings die Heilung. Er könnte im Laufe des Frühjahrs sein Comeback geben. Bis dorthin duellieren sich Maximilian Hofmann und Mario Sonnleitner um den Platz neben Galvão. Sie sind gleichwertig, die Routine von Sonnleitner gleicht Hofmann mit mehr Tempo aus.
Ein zweiter Glücksgriff war der linke Verteidiger Boli Bolingoli. Ganz schnell spielte er Thomas Schrammel aus der Startformation, der 30-Jährige konnte deswegen an Sturm Graz verkauft werden. Bolingoli ist schnell, offensiv stark und trickreich, dazu spielt er gute Pässe in die Tiefe. Der Cousin vom Romelu und Jordan Lukaku leitete so viele Angriffe ein und bereitete vier Tore vor. Auf der rechten Seite erkämpfte sich im Herbst Stephan Auer den Vorzug gegenüber Mario Pavelic, der seine Form völlig verloren hatte. In der Vorbereitung deutete sich ein enges Rennen zwischen den beiden an. Sie werden womöglich auch gemeinsam auf dem Platz stehen: Auer ist auf der linken Seite der Ersatz für Bolingoli, Andreas Kuen ist eine weitere Variante, auch wenn er sich weiter vorne wohler fühlt. Der im Herbst lange verletzte Lukas Thurnwald ist die Nummer drei auf der rechten Seite.
Galvão war ein Glücksgriff. Foto: gepa
Mittelfeld ****
Dejan Ljubicic war der Aufsteiger des Herbsts. Zu Saisonbeginn noch bei Wiener Neustadt als Kooperationsspieler aktiv, wurde er wegen der langen Verletztenliste noch im August zurückbeordert und gleich ins kalte Bundesliga-Becken gestoßen. Der zentrale Mittelfeldspieler überzeugte, mit ihm in der Startelf verlor Rapid in 19 Spielen nur gegen Salzburg. Er bildet mit Kapitän Stefan Schwab ein ganz starkes Duo vor der Abwehr. Beide können als Sechser abräumen oder als Achter das Spiel antreiben. Das Wechselspiel funktionierte großartig, Schwab ist mit acht Toren sogar der beste Torschütze Rapids. Der spät verpflichtete Thanos Petsos hatte im Herbst keine Chance, sich die fehlende Spielpraxis zu holen. In der Vorbereitung nahm er Schwung auf, er ist nun näher an der Startelf. Ivan Mocinic wird nach seinem Knorpelschaden langsam herangeführt.
Das offensive Trio hat sich gefunden: Louis Schaub, Thomas Murg und Philipp Schobesberger können jede Abwehrreihe durcheinanderwirbeln. Schobesberger gab nach seiner langen Verletzungspause im Herbst ein furioses Comeback. Ist er in Form, ist er kaum zu halten. In der Defensivarbeit hat er dazugelernt, trotzdem ist noch Luft nach oben, genauso wie bei Murg. Bei Schaub bleibt immer der Eindruck zurück, dass er sein Potenzial noch längst nicht ausschöpft, da geht noch mehr. Was alle drei gemeinsam haben: Sie sind verletzungsanfällig. Die Alternativen auf den Flügeln sind rar: Veton Berisha wurde als Stürmer verpflichtet, Kuen ist keineswegs gleichwertig, Kelvin Arase muss noch viel lernen. Steffen Hofmann wird auch im Frühjahr nicht oft im Kader stehen, wenn alle fit bleiben. Tamás Szántó, als Hofmann-Nachfolger angepriesen, ist nach einer Verletzung zumindest wieder eine Alternative.
Dejan Ljubicic (li.)stabilisierte Rapids Mittelfeld. Foto: apa
Angriff **
Viel mehr wäre im Herbst möglich gewesen, wenn Rapid einen verlässlichen Torjäger im Kader hätte. Doch Joelinton (fünf Tore) und Giorgi Kvilitaia (ein Tor) und Berisha (ein Tor) übertrafen sich im Herbst gegenseitig als Chancen-Tod. Zwischendurch wurde mit Zeljko Radovic sogar ein eigener Stürmer-Trainer engagiert. Viel hängt mit dem Selbstvertrauen zusammen - denn die Qualität des Trios ist viel höher als die Torausbeute.
Joelinton war mit nur fünf Toren erfolgreichster Rapid-Stürmer im Herbst. Foto: gepa
Trainer ***
Goran Djuricin übernahm eine ganz schwierige Aufgabe von Damir Canadi. Aus einem verunsicherten Haufen formte er eine Einheit. Zuerst stabilisierte er die Defensive, für die er mit Galvão und Bolingoli auch zwei große Verstärkungen bekam. Die Rollen im Mittelfeld sind nun gut verteilt. In der Offensive hakt es weiterhin.
Goran Djuricin festigte die Defensive. Foto: gepa
Wunschelf
Strebinger; Auer, M. Hofmann, Galvão, Bolingoli; Ljubicic, Schwab; Schaub, Murg, Schobesberger; Joelinton
OÖN-Tipp
Der Rückstand im Titelrennen ist zu groß. Rapid zieht in die Europa League ein.
***** titelreif
**** Stärke
*** Durchschnitt
** Schwäche
* nicht bundesligatauglich