"Was für ein Albtraum" – der Europameister zittert
ROM. Nach verpasster direkter Qualifikation müssen die Italiener bei den WM-Playoffs in die ungewollte Verlängerung.
Nach wenigen Monaten EM-Euphorie liegt Italien wieder am Fußball-Boden und fürchtet die nächsten Riesenblamage. Als die geschockten Europameister in Belfast beim 0:0 gegen Nordirland am Montagabend die direkte WM-Qualifikation vermasselten und vom Feld trotteten, schien es fast so, als sei Katar 2022 endgültig verspielt.
"Was für ein Albtraum", titelte gestern die "Gazzetta dello Sport". In Klammern ergänzte das Sportblatt dann korrekterweise: "Aber es ist noch nicht vorbei." Italien muss wie schon 2017 in die heiklen Playoffs um die WM-Teilnahme – nach den jüngsten Eindrücken der Azzurri ist die Angst vor dem erneuten Scheitern aber groß.
Roberto Mancini verordnete seinem Team aber Optimismus. "Wir müssen ruhig bleiben", mahnte der Teamchef. "Wir haben immer noch die Chance, es zu schaffen. Das ist das Wichtigste." Der Europameister-Coach behauptete, er sei "zutiefst zuversichtlich", und orakelte in einem Anflug von Trotzigkeit: "Wir werden nach Katar fahren – und vielleicht holen wir dann sogar den Titel."
Nach den jüngsten Eindrücken geht aber die Angst vor dem erneuten Scheitern um. Schon 2017 erlebte das stolze Fußballland in der Extrarunde gegen Schweden die "Apokalypse" (Gazzetta): Mit 0:1 verpassten die Italiener erstmals seit 1958 eine WM. Dieses Mal wird der Weg zur Endrunde schwieriger als 2017 im K.o.-Format mit Hin- und Rückspiel, räumte sogar Mancini ein. Von 25. bis 29. März 2022 spielen zwölf Teilnehmer die letzten drei WM-Plätze für Europa aus. Zwei Spiele gegen zwei Gegner müssen gewonnen werden. Italien ist gesetzt, ein Wiedersehen mit dem ÖFB-Team ist möglich.
Wie konnte es nur so weit kommen nach dem glänzenden EM-Sommer mit teils berauschenden Auftritten und einer verschworenen Einheit auf dem Platz? "Nach diesem Triumph hat uns irgendwas gehemmt", analysierte Abwehr-Routinier Leonardo Bonucci.
Die Schweiz verdrängte Italien mit dem 4:0 über Bulgarien noch von Platz eins in der Gruppe. Teamchef Murat Yakin erklärte, Nordirlands Trainer Ian Baraclough als Dank nun "reichlich von der besten Schweizer Schokolade" zu schicken. "Gigantisch" sei der Coup, sprach der gerührte Trainer. Zum zwölften Mal hat sich die Schweiz für die WM qualifiziert, seit der EM 2004 war Österreichs Nachbar mit Ausnahme der EM 2012 bei jeder WM und EM dabei.