Wer kann die Schotten stoppen?
„Highland Games“: Um 18.55 Uhr trifft Salzburg auf Celtic, um 21 Uhr gastiert Rapid bei den Rangers. Die Europacup-Gegner aus Glasgow sind sportlich im Tief, aber atmosphärisch ein Hochgenuss.
Ein Ex-Rieder stiehlt den Großklubs die Show
Der schottische Fußball steht kopf, die beiden Glasgower Großklubs schauen sich die Tabellenspitze ihrer nationalen Premiership von unten an. Celtic – heute um 18.55 Uhr (DAZN live) in der Europa League bei Österreichs Meister FC Salzburg zu Gast – liegt nur auf Rang fünf, die Rangers, die um 21 Uhr (Puls 4 live) im Ibrox Park Rapid empfangen, sind Sechste.
Historisches bahnt sich an, wenn man bedenkt, dass seit 1985 (FC Aberdeen) stets Celtic (49 Titel) oder die Rangers (54) zu Meisterehren kamen. Aktuell mischt Heart of Midlothian die Liga auf – mit einem Mann, der in der vergangenen Saison noch mit überschaubarem Erfolg das Trikot der SV Guntamatic Ried getragen hat. Die Rede ist von Peter Haring, der beim Verein aus Edinburgh im zentralen defensiven Mittelfeld gesetzt ist.
Der 25-Jährige setzt auch offensive Akzente – in sieben Meisterschaftsspielen hat er drei Tore und zwei Assists zu Buche stehen. Haring hat auch schon Celtic auf seiner Abschussliste. Ein 1:0 wie am 11. August würden Salzburgs „Bullen“ wohl heute nehmen.
Haring schätzt die schottische Meisterschaft leistungstechnisch und strukturell ähnlich ein wie die österreichische Bundesliga: „Allerdings ist der Fan-Zuspruch größer.“ Und zwar deutlich. Celtic kommt in der Premiership auf einen Schnitt von 56.889 Fans, die Rangers locken 49.513 Besucher an, die Hearts begrüßen 17.966 in ihrem Tynecastle Park. Da kann einen schon der Neid fressen.
Kultspieler auf der Trainerbank
Die Atmosphäre bei den Glasgower Kultvereinen ist atemberaubend, die Zeiten, in denen die Teams ihren Gegnern auch auf internationaler Ebene so richtig eingeheizt haben, scheinen vorbei zu sein.
Der Glanz der Rangers reduziert sich auf die Trainerbank, auf der Liverpool-Legende Steven Gerrard Platz genommen hat. Versuche, Fernando Torres zu engagieren, scheiterten. Es gibt offenbar Reizvolleres. Die Blau-Weiß-Roten mussten sich nach einer Insolvenz 2012 aus der viertklassigen League Two nach oben arbeiten, das Ibrox Stadium im Südwesten Glasgows spielt hingegen permanent alle Stück’ln. Es ist von der UEFA als Fünf-Sterne-Arena eingestuft worden. Luxus pur für Rapid.
Im Gegensatz zum katholisch geprägten Celtic FC (1966/67) haben die „verhassten“ Rangers – der Klub der Protestanten – noch nie den Europapokal der Landesmeister gewonnen, dafür triumphierten sie 1971/72 im mittlerweile aufgelösten Europacup der Pokalsieger.
„Wir haben null Druck, das ist auch einmal schön“
Dunkelblauer Anzug, grüne Krawatte, rotes Stecktuch – Didi Kühbauer, Rapids neuer Cheftrainer, hat sich herausgeputzt für seine erste Dienstreise, die den 47-Jährigen nach Schottland führt. Der Ex-Nationalspieler darf sich über die Ausgangsposition vor dem Duell mit den Glasgow Rangers nicht beklagen. Sein Vorgänger Goran Djuricin hat ihn mit einem 2:0-Sieg über Spartak Moskau in die zweiten Etappe der Europa-League-Gruppenphase geschickt.
"Unser Ziel ist es, nicht zu verlieren und den Mut aufzubringen, drei Punkte zu holen. Wir müssen diesen Müll, der vorher war, in die Tonne hauen", betonte Kühbauer, der sich der Rückendeckung des grün-weißen Anhangs sicher sein darf. 1500 Schlachtenbummler haben sich angekündigt, obwohl Rapid nur eines der jüngsten neun Europacup-Auswärtsspiele gewann.
Doch jetzt werden die Karten neu gemischt. "Wir haben null Druck, das ist auch einmal schön", sagte Kapitän Stefan Schwab, der den Rangers die Favoritenrolle zuschiebt. Die Kicker aus Glasgow zeigen aktuell zwei Gesichter – ein hässliches in der Meisterschaft und ein freches im internationalen Geschäft. Das 2:2 in Villarreal war eine Ansage. Zuvor hatten die Rangers in der Quali der Reihe nach Shkupi (Maz), NK Osijek (Cro), NK Maribor (Slo) und FK Ufa (Rus) eliminiert.
Von neun Europacup-Saisonmatches verloren die Schützlinge von Steven Gerrard kein einziges. So etwas ringt Respekt ab – auch wegen des zu erwartenden "Hexenkessels": "Die Rangers sind daheim um zwei, drei Klassen stärker", mutmaßt Kühbauer, der seine Abwehr nach dem Ausfall von Maximilian Hofmann (Außenbandriss im Knie) umkrempeln muss.
Zuspruch vom Ex-Torjäger
Salzburg bangt vor dem Heimauftritt gegen Celtic um den Einsatz von Andreas Ulmer (Sprunggelenk) und Amadou Haidara (Knie), trotzdem sind die "Roten Bullen" nach der 3:2-Gala in Leipzig ganz auf Sieg eingestellt. Kein Wunder angesichts der überragenden Saisonbilanz mit 14 Siegen und zwei Unentschieden in 16 Partien. Die beiden Remis tun allerdings heute noch weh, es waren die Ausrutscher gegen Roter Stern Belgrad, die den Einzug in die "Königsklasse" verhinderten.
Das ist auch Ex-Kapitän Jonatan Soriano, der jetzt in China spielt, nicht entgangen: "Ich habe kein einziges Match verpasst, Salzburg wird immer in meinem Herzen sein. Celtic ist stark, aber nicht so gut wie früher." Vor allem offensiv. Der Abgang von Stürmer Moussa Dembelé (um 22 Millionen nach Lyon) hat ein Loch gerissen.
Bescheidene Ausbeute
Die Europacup-Bilanz österreichischer Klubs gegen schottische ist negativ. In 28 Matches sprangen bei fünf Unentschieden und 14 Niederlagen nur neun Siege heraus.
Zuletzt duellierten sich Red Bull Salzburg und Celtic Glasgow in der Europa-League-Gruppenphase 2014/15. In Wals-Siezenheim gab’s ein 2:2, im Celtic-Park behielten die „Roten Bullen“ mit 3:1 die Oberhand.
Rapid musste sich den Glasgow Rangers in der 2. Runde des Meistercups 1964 geschlagen geben – 0:1 auswärts und 0:2 in Wien.
Auch der LASK hat unliebsame Erfahrungen mit einem Verein aus Schottland gemacht. Im UEFA-Cup 1984 (2. Runde) war Dundee United eine Nummer zu groß. Die Schwarz-Weißen, die zum Auftakt Östers Växjö (Swe) eliminiert hatten, verloren vor 18.500 Zuschauern auf der Linzer Gugl 1:2 und anschließend im Tannadice Park 1:5. Die beiden Tore von Max Hagmayr waren zu wenig.