90 Minuten, die das Leben des Toni Polster veränderten

Von Harald Bartl   10.März 2014

Wenn Toni Polster heute seinen 50. Geburtstag feiert, dann tut er das als Publikumsliebling. Es gibt kaum jemanden, der den ehemaligen Profi-Fußballer nicht mag. Toni Polster lebt gut von seinem Beruf, Toni Polster zu sein. Er hat Werbepartner, die ihm auch nach dem Karriereende treu geblieben sind. Toni Polster gefällt diese Rolle. Auch deshalb, weil er die andere Seite der Medaille bestens kennengelernt hat. Und das ist genau ein halbes Leben lang her: Vor 25 Jahren war der damals 25-jährige Polster nämlich Buhmann der Nation. Bis zu den 90 Minuten beim 3:0 über die DDR.

Es gab davor kein Länderspiel (auch nicht in Oberösterreich), bei dem er 1989 nicht von den eigenen Fans gnadenlos ausgepfiffen wurde. Polster, 1987 um die Rekord-Ablösesumme von 20 Millionen Schilling von Austria zum AC Torino und später von Italien zum FC Sevilla nach Spanien transferiert, war in der WM-Qualifikation für die Endrunde 1990 in Italien tatsächlich nicht in Top-Form. Es gab Drohanrufe bei Teamchef Josef Hickersberger, das Feindbild der Nation nicht aufzustellen. Teilweise ging "Hicke" damals auch in die Knie.

Nur beim Abschluss-Match gegen die DDR hörte er nicht auf die Forderungen der Fans. Österreich gewann mit 3:0 und durfte zur WM nach Italien fahren. Die Torschützen zum Sieg: Toni Polster, Toni Polster und Toni Polster. Man musste kein professioneller Lippenleser sein, um sein ‘Leckts mi am Oasch’ zu verstehen, das der schwer getroffene Polster beim Jubel nach seinem dritten Treffer in Richtung Publikum losgelassen hatte. Keine Frage: Diese 90 Minuten haben sein Leben verändert. Den Buhmann musste er nie wieder geben. Im Gegenteil. Bei seinen Deutschland-Stationen in Köln und Gladbach liebten die Fans seinen Wiener Schmäh. Zeitungsseiten wurden gefüllt, als Polster einen Reporter "Blitzgneißer" nannte. Der legendäre Dialog von damals:

Reporter: Warum haben Sie Ihren Vertrag in Köln eigentlich noch immer nicht verlängert? Polster: Das Problem ist, dass mir der Verein mehr zahlen möchte, als ich verlange.

Reporter: Das war aber jetzt ein Scherz, oder?

Polster: Na hallo, Sie sind ja, wie man bei uns in Wien sagt, ein richtiger Blitzgneißer."

In Köln kam er in 150 Spielen auf 79 Tore. Im Nationalteam waren es 44 Treffer in 95 Partien. Nach einem Kurz-Gastspiel in Salzburg beendete Polster im Jahr 2000 seine Spielerkarriere.

Dancing- statt Trainer-Star

Die ganz fetten Schlagzeilen wird der Toni im Profifußball nicht mehr schreiben. Egal, ob als General Manager (Wiener Austria) oder Bundesliga-Trainer (Admira): Die Erfolge waren mager. Man wird ihn häufiger in TV-Shows vom Typ "Dancing Stars" als im Fußball-Europacup sehen. Derzeit trainiert Polster den Wiener Regionalligisten SC Viktoria. Ein Verein, der sich auch sozial extrem engagiert. Und etwa in der Winterpause Obdachlose in der Kabine übernachten lässt. Es ist gut, dafür ein Aushängeschild wie ihn zu haben. Auch deshalb wird Polster beim Sechziger immer noch Liebling der Nation sein.

 

Toni Polster: Multitalent spielt auf vielen Bühnen

Der Kapitän: Als Spieler gewann Polster 1987 den „Goldenen Schuh“ als bester Torschütze Europas. Das österreichische Nationalteam führte er jahrelang als Kapitän an.

Toni Polster

Der Sänger: Mit dem Lied „Toni lass es polstern“ hielt er sich gemeinsam mit den „Thekenschlampen zwölf Wochen lang in der Hitparade.

Toni Polster

Der Tänzer: Bei der allerersten Staffel von „Dancing Stars“ erreichte er Platz zwei.

Toni Polster

Der Werbeträger: Von der eigenen Modelinie bis zum Haarfärbemittel. Es gibt kaum ein Produkt, für das Toni noch nicht geworben hat.

Toni Polster

Der Privatmensch: Seit rund einem Jahr ist Polster mit Lebensgefährtin Birgit Beierl liiert. Aus der (geschiedenen) Ehe mit Lisi stammen die beiden Kinder Anton-Jesus und Lisa-Maria.

Toni Polster

 

Das 3:0 gegen die DDR, November 1989

Toni Polster 1987 beim AC Torino

Die schönsten Momente von Toni Polster in Sevilla

Die von Toni Polster gar nicht geliebte Parodie der „Hektiker“ aus den Neunziger Jahren

Bei der 100-Jahr-Feier der Wiener Austria 2011

Toni Polster 1985 mit der Wiener Austria im Hanappi Stadion des SK Rapid gegen Bayern München

 

OÖN-Artikel über Toni Polster aus dem Jahr 1989:

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