Ein Spiel der großen Gesten: Belgiens Sieg war zweitrangig
KOPENHAGEN. 23.395 Fans feierten Christian Eriksen, die Nummer 10 der Dänen, die 1:2 verloren.
23.395 Fans hatten den "Parken" in Kopenhagen in ein rot-weißes Meer getaucht und eine elektrisierende Kulisse kreiert, die diesem EURO-Spitzenspiel (und ja, es war eines) alle Ehre machte. Dänemark hatte dank Yussuf Poulsens 1:0 nach nur 99 Sekunden einen Traumstart erwischt, die Belgier antworteten mit zwei Traumtoren nach der Pause und lösten mit einem 2:1-(0:1)-Sieg ein Achtelfinalticket.
Nein, das war kein normales Fußballspiel, sondern ein Sportfest der großen Emotionen in jenem Stadion, wo der Zusammenbruch des dänischen Team-Stars Christian Eriksen am vergangenen Samstag gegen Finnland (0:1) eine Schockstarre ausgelöst hatte. Trotz "Happy End" fiel es auch sechs Tage später schwer, zur Tagesordnung überzugehen. Das galt nicht nur für Eriksens Kollegen in den rot-weißen Dressen, sondern auch für den Gegner, die Nummer eins der Welt, Belgien. Die "Roten Teufel" hatten sich eine ganz feine Geste ausgedacht und das Match in der 10. Minute – passend zu Eriksens Nummer – gestoppt. Um für einen Moment der Dankbarkeit und Wertschätzung innezuhalten.
Eriksen wurde mit Transparenten ("Bleib stark", "Wir lieben dich", "Ganz Dänemark steht hinter dir"), Gesängen und tosendem Beifall – aus beiden Fan-Lagern – gewürdigt und gefeiert. Das war jene Gänsehaut-Atmosphäre, die die verbindende Kraft des Fußballs zum Ausdruck brachte. Es sind die Momente, für die wir dieses Spiel so lieben.
Vor dem Anpfiff war ein riesiges Trikot von Eriksen über den Mittelkreis gespannt worden.
Der Protagonist, um den sich (fast) alles drehte, verfolgte das Geschehen vom Krankenbett aus, der 29-jährige Legionär von Inter Mailand wird einen sogenannten ICD-Defibrillator eingesetzt bekommen, um das Risiko von Herzrhythmusstörungen zu minimieren. "Diese Entscheidung ist notwendig", erläuterte der dänische Mannschaftsarzt Morten Boesen nach Rücksprache mit den Herzspezialisten im "Rigshospitalet".
Wer dieses kleine Gerät – eine Art Herzschrittmacher – in sich trägt, muss nicht automatisch seine sportliche Laufbahn beenden. Der niederländische Fußball-Nationalspieler Daley Blind (Ajax Amsterdam) oder die deutsche Stabhochspringerin Katharina Bauer setzten ihre Karrieren fort.
Eriksen gibt der Rückhalt aus aller Welt Kraft. "Ich bin unendlich dankbar", sagte jener Mann, für den seine Kollegen gestern spielen und gewinnen wollten. Am besten überfallsartig. Die Wortkreation "Danish Dynamite" kommt nicht von ungefähr. Während die Belgier mit der Gesamtsituation im "Parken" lange Zeit überfordert schienen, zelebrierten die Dänen vor der Pause Hochgeschwindigkeitsfußball. Leidenschaft, Teamgeist und Spielwitz waren die großen Trümpfe an einem Abend, an dem vielleicht auch der Fußball-Gott (wenn es ihn denn gibt) nur einen Sieger sehen wollte – Dänemark.
Am Ende sollten dann doch die "Roten Teufel" die Oberhand behalten. Thorgan Hazard schloss eine Traumkombination mit Romelu Lukaku und Kevin De Bruyne zum 1:1 ab (54.). De Bruyne stellte auf 2:1 (70.) – ohne sich feiern zu lassen. Auch das war groß.
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