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Im Reich der Eichhörnchen

27. Oktober 2018, 15:00 Uhr
Im Reich der Eichhörnchen
Der größte Friedhof Irlands wurde 1832 von einem Freiheitskämpfer und Nationalhelden gegründet. Bild: Woitsch

Glasnevin ist offen für alle Glaubensrichtungen und für Bekenntnislose. Claudia Woitsch hat den größten Friedhof Irlands in Dublin besucht.

Von weitem sieht man den O’Connell Tower, der dem Gründer dieses Friedhofs gewidmet ist. Daniel O’Connell war Politiker, setzte sich für die Gleichberechtigung der Katholiken ein und erhielt für sein Wirken den Beinamen "The Liberator". In der viktorianischen Zeit waren Friedhöfe immer an eine Religion gebunden. Dass Daniel O’Connell 1832 den Friedhof zuerst für Katholiken und dann für alle Konfessionen und auch für Verstorbene ohne Glaubensbekenntnis gründete, könnte man als revolutionär bezeichnen. "My body to Ireland, my heart to Rome and my soul to heaven." Seine letzten Worte sind in der Gruft am Fuße des Turms in großen Lettern an der Wand zu lesen. Es bringt angeblich Glück, den Grabstein Daniel O’Connels zu berühren.

Zwischen Gräbern sitzen

Ich setzte mich im östlichen Teil des Friedhofs zwischen den McDermitts und den Reillys in das Moos, um die abenteuerlichen Sprünge und das Fangenspiel der Eichhörnchen zu beobachten. Und auch, um ein gelungenes Foto der possierlichen Tiere zu ergattern. Ist es pietätlos, zwischen Gräbern auf dem Boden zu sitzen? Ich denke nicht. Auf einem Grab hier steht sogar "sit down and chat", also setz dich und lass uns reden.

Ungeniert knabbern auch die Eichhörnchen ihre Nüsse auf den Grabsteinen, und immer, wenn der Auslöser der Kamera klickt, sind sie schon weg. Lautlos, keck und sehr behände treiben die Eichhörnchen ihr Spiel mit mir. Über mir das Blätterdach eines Nussbaumes. Plötzlich schlagen Nüsse ein. Zufall, oder bewerfen mich die kleinen Tiere? Dann regnet es Schalenstücke. Lunchzeit in Glasnevin. Auf den Ästen wird gegessen. Wind kommt auf und der Gedanke an den Stuhlgang von Eichhörnchen. Was, wenn die nicht nur ihre Speisereste einfach fallen lassen?

Im Reich der Eichhörnchen
Ein Tummelplatz für Einhörnchen Bild: Woitsch

Grabsteine sind ein dankbareres Fotomotiv. "In loving memory" steht auf sehr vielen. Es ist faszinierend, zu sehen, wie sich der Stil der Grabmale in den vergangenen 200 Jahren gewandelt hat. Eineinhalb Millionen Menschen sind in Glasnevin begraben. Und alle sind dokumentiert. In großen Büchern finden sich die Namen der Menschen, die Adresse vor dem Tod und die danach (Grabnummer und Platz), Todesursache und -datum und Details zu den Vorfahren. Die Daten kann man mittlerweile auch auf der Homepage von Glasnevin abrufen.

Die Toten sind mit dem Gesicht zur aufgehenden Sonne begraben. Der erste, der hier 1832 beerdigt wurde, war Michael Carey, ein elf Jahre alter Bub, der an Tuberkulose verstarb.

Jeder große Friedhof beherbergt einen Star. Hier ist es Michael Collins, der irische Unabhängigkeitskämpfer, der über den gleichnamigen oscarnominierten Hollywoodfilm mit Liam Neeson, Julia Roberts und Stephen Rea in den Hauptrollen späte weltweite Berühmtheit erlangte. Sein Grab ist voller Liebesbriefe, Blumen, und es schweben sogar rote Herzluftballons mit "I Love you"-Aufschrift über seiner letzten Ruhestätte. Der Platz mit emotionalem Tiefgang in Glasnevin ist das größte Grab mit 13.000 Menschen, die während der Cholera-Epidemie 1849 starben.

Im Reich der Eichhörnchen
Bild: Woitsch

Dicke Mauern und Türme umgeben den größten Friedhof Irlands. Sie stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Damals konnte man mit Leichen ein gutes Geschäft machen. Sie wurden an Ärzte verkauft, die den menschlichen Körper erforschen wollten. In den Türmen wachten Bewaffnete, die Leichendiebe abhalten sollten.

Friedhofsliteratur

Glasnevin gilt als ein Wahrzeichen Dublins. Sogar James Joyce, der landesweit hochverehrte Schriftsteller, dessen Namen jeder Ire kennt, den aber die wenigsten gelesen haben, hat ein ganzes Kapitel in seinem Roman "Ulysses" diesem Friedhof gewidmet.

Neuerdings kann man übrigens wieder im O’Connell Tower die 198 Stufen hinaufsteigen um den Panoramablick zu genießen. Das war mehr als 40 Jahre nicht möglich, weil jemand eine Bombe im Inneren des Turms gezündet hatte und dieser erst jetzt wieder saniert worden ist. Die Turmbesteigung sollte einem schon etwas wert sein, denn der Eintritt in die Gruft samt Turm kostet 12 Euro. Besser, Sie schließen sich einer Führung an, da ist alles inkludiert.

 

Info: Den Tower kann man nur mit Guide und ab einem Alter von 8 Jahren besichtigen. Öffnungszeiten: Täglich von 10 bis 17 Uhr, an Wochenenden von 10 bis 18 Uhr; von Dublin aus mit den Buslinien 40 und 140 im Zehn-Minuten-Takt zu erreichen

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