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Die magische Acht der Tschechen

Von Josef Achleitner, 07. Juli 2018, 15:00 Uhr
Die magische Acht der Tschechen
Nach Kaiser und König Karl IV. benannte berühmte Brücke Bild: OÖN

2018 kann man in Prag an den attraktivsten Plätzen auch ein Stück vom Auf und Ab der Zeitgeschichte des Landes mitnehmen, das bis 1918 zur k.u.k. Monarchie gehörte.

Nimmt man 1989, das Jahr der Wende vom Kommunismus zur Demokratie, aus, so waren es im vorigen, katastrophenreichen Jahrhundert tatsächlich die "Achter-Jahre", in denen in Böhmen, in der Tschechoslowakei, heute in Tschechien, Großes im Guten wie im Schlechten passierte. "Magische, schicksalhafte Jahre", wie Yvette Polasek, Chefin von Czech Tourism in Wien, sagt. Viele Plätze, an denen sich die Ereignisse großteils abspielten, liegen an der touristischen Hauptroute, die man praktisch bei jedem Besuch in der Goldenen Stadt begeht.

1918: Endlich eigenständig

Der Wenzelsplatz, benannt nach Wenzel (Vaclav) von Böhmen, einem christlich geprägten, als Heiliger verehrten Fürsten aus dem 10. Jahrhundert, ist der Versammlungsort Nummer 1 bei politischen Großereignissen. Vor 100 Jahren, als sich die Menschen in Mitteleuropa nach Jahrhunderten unter der Monarchie erst an demokratische Rechte gewöhnen mussten, gingen die Prager mit Begeisterung auf die Straßen und versammelten sich auf dem Wenzelsplatz. Der ist schmal, fasst aber mit 700 Metern Länge sehr viele Menschen. Magisch war, dass es der verbreiteten Skepsis zum Trotz gelungen war, das heutige Tschechien und die (damals zum ungarischen Reichsteil gehörende) Slowakei aus der Donaumonarchie herauszulösen und eine gemeinsame demokratische Republik zu gründen. US-Präsident Woodrow Wilson hatte mit seiner Unterstützung den letzten Ausschlag für die Anerkennung gegeben. Seine Doktrin von der Selbstbestimmung der Völker galt aber nicht für die deutschsprachige Bevölkerung, was Konflikte und nach der NS-Zeit die Vertreibung nach sich zog.

Die magische Acht der Tschechen
Bild: OÖN, ach (2), Czech Tourism

1 (li. oben) - Am 28. Oktober 1918 wurde die Unabhängigkeit der Tschechoslowakei ausgerufen. Zehntausende feierten am Wenzelsplatz.

2 (li. unten) - 1938: Münchner Abkommen, Abtrennung Sudetenland, 1939 Einmarsch der Wehrmacht in Prag

3 (re. oben) - Februar 1948: Klement Gottwald und die Kommunisten nehmen sich die ganze Macht.

4 (re. unten) - 1968: Sowjetische Panzer in Prag

 

Schlüsselpersonen der Ersten Republik waren vor allem Tomáš Garrigue Masaryk und Edvard Beneš. Masaryk, ein damals 68-jähriger Philosophieprofessor, wurde erster Präsident; Beneš, dessen diplomatische Kontakte im Ausland entscheidend gewesen waren, Außenminister und Karel Kramar Regierungschef. Kramars Villa in Sichtweite der Prager Burg ist heute fallweise Regierungssitz und Wohnhaus für Ministerpräsidenten. Für Fotografen ist die Villa aus einem anderen Grund etwas, was man heute einen Hotspot nennt: Vom Park aus sieht man alle Brücken Prags und die City wie von einem Turm, insgesamt ein tolles Panorama. Geöffnet ist die Villa nur an Samstagen bis Herbst.

Masaryks Amtssitz war die Prager Burg, die bei jedem Besuch hier auf dem Programm steht. Der Präsident ließ den einstigen kaiserlichen und königlichen Sitz vom aus Slowenien stammenden Architekten Josef Plecnik renovieren. Das Projekt dauerte 14 Jahre.

Die magische Acht der Tschechen
Gemeindeturm am Altstädter Ring Bild: Czech Tourism

Leider nur ganz selten zu sehen ist Masaryks Amtswohnung, in der dessen Jahre in Amerika spürbar werden. Seine Frau Charlotte, von der er auch den Namen Garrigue übernommen hatte, kam aus den USA. Schon in den 1920er-Jahren ließ sich der Präsident etwa eine Massagedusche mit einem Dutzend Düsen einbauen. Auf dem Hradschin residiert noch heute der Präsident der Republik. Vor 400 Jahren fand hier der Zweite Prager Fenstersturz statt, der als Auslöser des Dreißigjährigen Krieges gilt.

1938: Unter Hitlers Knute

War die Republikgründung 1918 Magie im Sinne eines nicht so schnell erwarteten Wunders, so war 20 Jahre später Ende September 1938 mit dem von Großbritannien, Frankreich und Italien mit Hitler-Deutschland ausgehandelten Münchner Abkommen (Abtretung des Sudetenlandes) und wenige Monate darauf mit der Besetzung des verbliebenen Restes des Landes die Erste Republik faktisch am Ende. Magisch im Sinn von schicksalsträchtig, schwarze Magie. Das Land hieß Protektorat Böhmen und Mähren, der Einmarsch der deutschen Truppen in der Prager Innenstadt gelten in Tschechien als eines der tragischsten Kapitel der Geschichte. Rassische und politische Verfolgung waren an der Tagesordnung.

Die magische Acht der Tschechen
Schauplatz der Geschichte: Das Haus des Tschechischen Rundfunks Bild: ach

Das im funktionalistischen Stil 1935 errichtete Rundfunkhaus in der Vinohradská-Straße (vom Wenzelsplatz am Nationalmuseum vorbei) ist Zeuge des Endes der Naziherrschaft in der Tschechoslowakei. Das Gebäude war im Mai 1945 eine Art Zentrale des Prager Aufstandes, bei den Kämpfen kamen 170 Tschechen zu Tode, ehe am 9. Mai der Rundfunk das Ende des Krieges verkünden und die heimgekehrte Exil-Regierung begrüßen konnte. Das Haus ist für Touristen nicht zugänglich.

1948: Prag in Stalins Falle

Nur Minuten vom Wenzelsplatz entfernt, am großen Balkon des Palais Kinsky am Altstädter Ring, wurde 1948 jene Tragödie verkündet, die von stalinistischen Funktionären seit Kriegsende systematisch mit linken Gewerkschaften und Volksmilizen vorbereitet worden war und die anfangs eine relative Mehrheit der Tschechen bejubelt hatte: der Umbau der ohnehin schon schwachen Demokratie in eine kommunistische Diktatur am Gängelband der Moskauer Sowjetführung. Bis 1989 wurden 248 Menschen hingerichtet, 327 wurden an der Grenze getötet, 205.000 wurden eingesperrt und 171.000 Tschechen emigrierten. "Wir haben für die Fehler lange gebüßt", hatte der einstige Dissident Václav Havel als erster Präsident nach der demokratischen Wende über die Politik nach 1945 gesagt.

1968: "Brüderliche Hilfe"

Das, was 1968 im Westen als "Prager Frühling" bekannt wurde – Führungswechsel in der KP zu Alexander Dubcek, relative Pressefreiheit, Öffnung von Gesellschaft und Wirtschaft – wurde durch die von Moskauer und Warschauer Paktstaaten geschickten Panzer ab 21. August zerstört. Eine jahrelange gesellschaftliche Lähmung trat ein, verursacht vom gewaltsamen Versuch des kommunistischen Regimes, die totalitäre Ordnung von vorher wiederherzustellen. Die Bilder verzweifelter Tschechen, die sich Panzern in den Weg stellten, gingen um die Welt.

Vor dem Nationalmuseum nahe dem Wenzelsplatz erinnert ein in den Gehsteig integriertes Kreuz an Jan Palach, jenen Studenten, der sich fünf Monate nach dem Einmarsch der Ost-Truppen aus Protest an dieser Stelle selbst verbrannt hat. Er wollte die Menschen aufrütteln, nachmachen sollte es ihm niemand, lieber sollte man lebendig kämpfen, schrieb Palach.

 

Karl und die Brücke

Die Zahl acht spielt bei wichtigen Ereignissen in Böhmen nicht nur im vergangenen Jahrhundert eine Rolle, sondern schon viel früher.
1348 veranlasste der bis heute in Prag hochangesehene böhmische und deutsche König sowie römische Kaiser Karl IV. die Gründung der Prager Universität, der ersten in Mitteleuropa. Karl initiierte auch die bis dahin größte Ausweitung Prags mit dem Bau der Neustadt sowie der Karlsbrücke.
1618 ereignete sich der Zweite Prager Fenstersturz, der als Auslöser des Dreißigjährigen Krieges gilt.
1648 endete der Dreißigjährige Krieg, der in Prag bis zuletzt geführt wurde.

Traditionelles in Prag: Man kommt in Prag nicht umhin, zumindest einmal während eines Aufenthaltes in ein klassisches Wirtshaus zu gehen. Es geht um tschechisches Bier und eine eher deftige fleischlastige Küche, die der österreichischen sehr ähnlich ist. Man gehörte schließlich ein paar Jahrhunderte zusammen. Wir wählten das „U Pinkasu“, das seit 1843 geöffnet hat und als erstes das Pilsner Urquell in die Pragerstadt brachte. Die Speisen sind einem Österreicher nicht fremd, der Geschmack hat gepasst.

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