Bier auf Bier, das rat ich dir
Oberfranken im Nordwesten Bayerns ist die Region mit der weltweit höchsten Brauereidichte. Mehr als 200 Braustätten kommen hier auf eine Million Einwohner. Rundwanderwege führen von Zapfhahn zu Zapfhahn, wobei es Raritäten wie Rauchbier und Erotikbier zu entdecken gibt.
Könnte der Rauch brennender Buchenholzscheite flüssig und trinkbar sein, dann würde er genau so schmecken wie das dunkle, tiefbraune Bier, das in einem Fachwerkhaus inmitten der Bamberger Altstadt ausgeschenkt wird. So intensiv und unverfälscht ist das Aroma des "Aecht Schlenkerla Rauchbiers". Die Gäste im historischen Brauhaus Schlenkerla sitzen unter einer ochsenblutgetränkten Balkendecke, bekommen das Getränk direkt aus dem Eichenholzfass gezapft und prosten sich freudig zu. Doch dann, beim ersten Schluck, reagiert jeder mit einem anderen Gesichtsausdruck: euphorisch, überrascht oder irritiert.
"Laß dir’s nit verdrießen"
"Dieweilen aber das Gebräu beim ersten Trunk etwas fremd schmecken könnt’, laß dir’s nit verdrießen, denn bald wirst du innehaben, daß der Durst nit nachläßt, sintemalen dein Wohlbehagen sichtlich zunimmt", steht auf dem Bierfilz – und der Bierfilz hat recht: Bei manchem Genießer erwacht die Liebe zum Rauchbier erst beim zweiten oder dritten Seidla, wie hier die einen halben Liter fassenden Humpen heißen. Den Dichter Jean Paul beflügelte dieses Getränk ziemlich schnell zu den Worten "Himmel, welch ein Bier!" Heute wird es immer wieder bei internationalen Wettbewerben ausgezeichnet, holte beispielsweise Gold beim "World Beer Cup" in den USA. Der markante Geschmack entsteht durch das Darren des Malzes direkt über offenem Feuer. Das Getreide wird zuvor in Wasser eingeweicht und zum Keimen gebracht.
Wanderpauschalen animieren in Oberfranken allerorten, die Biervielfalt zu entdecken. In Bamberg haben Touristiker eine "Bierschmecker-Tour" aufgelegt. Für 22,50 Euro wird jeder Teilnehmer mit Stadtplan, Bierkrug und vier Gutscheinen zur Füllung desselben ausgestattet, wobei die Route zwischen acht Braustätten wählbar ist, darunter "Schlenkerla" und "Spezial", einem weiteren Rauchbiermacher. Wer während der Tour den seltsamen Laut "a U!" hört, erlebt die wortkarge Bestellung einer anderen Bierspezialität, "a U!" soll heißen "ein Ungespundetes, bitte!"
Ungespundetes ist ein unfiltriertes Vollbier, dessen Nachgärung in unverschlossenen Lagertanks verläuft, wobei Kohlensäure entweicht. Es hat ein malzbetontes, herbes Aroma – köstlich. Und noch ein Tipp für die Bierverkostung: unbedingt einen Eisbock probieren! Die untergärige, dunkle Starkbierspezialität mit malzigem, süßlichem Geschmack wird auch "bayrisch Gfrorns" genannt, hat 25 Prozent Stammwürze und neun Prozent Alkohol. Durch Einfrieren wird dem mit einer extra Portion Malz gebrauten Bier Wasser entzogen, dadurch steigt der Alkoholgehalt. Besondere Biere sind in. Von einem "spürbaren Verlangen nach Bierspezialitäten", spricht Georg Schneider, Präsident des Bayerischen Brauerbundes, "und wenn jemand für Biervielfalt, authentische Brautradition und Genuss steht, dann die Brauereien im Bierland Bayern".
Brauerei-Wanderung
In Aufseß in der Fränkischen Schweiz erhalten die Auszeichnung "Ehrenbiertrinker der Weltrekordbrauereien" diejenigen Wanderer, die auf einem 14 Kilometer langen Rundkurs Brauereien abklappern und sich jeweils einen Stempel in einen Wanderpass drücken lassen. In der kleinen Gemeinde kommen auf knapp 1500 Einwohner vier Biermacher, was wiederum die größte Brauereidichte der Welt ergibt, amtlich vermerkt im "Guinness-Buch der Rekorde". Die Route führt durch eine Landschaft von Felsen, Feldern und Wäldern im Aufseßtal, vorbei an Burg Unteraufseß, Schloss Oberaufseß und der Neuhauser Mühle. Unterwegs lädt die Brauerei Rothenbach zu einem Zwickl, einem unfiltrierten Kellerbier mit feiner Hefe, die Brauerei Stadter zu einem gut gehopften, würzigen Landbier, die Brauerei Reichold zu ihrem süffigen, aber nicht zu süßen Lagerbier und "Kathi-Bräu" zu einem köstlichen, amberfarbenen Lagerbier.
Gerstensaft steht in der Region zudem auf der Zutatenliste vieler Speisen. Es gibt Bier-Risotto, Zucchini in Bierteig, Lamm in dunkler Bockbiersauce und als Dessert Rauchbiertrüffel, Bierschaum mit Erdbeeren oder Pfirsiche in Weißbier mariniert. Auch Bierwürste sind zu haben, die meisten heißen allerdings nur so, weil sie gut zu Bier passen. Dagegen hat die Pegnitzer "Bengatza-Bändel-Bier-Bratwurst" tatsächlich einen Bieranteil von 25 Prozent.
Vom "Biergondelweg" über den "Kronacher Bierrodelweg" bis zur "Huppendorfer Vollbierstraße" – der Verein Bierland Oberfranken bewirbt noch viel mehr Routen von Brauerei zu Brauerei. Die Wanderung "Erotikbier Labyrinth" führt von Wunsiedel im Fichtelgebirge durch ein Felsenlabyrinth zum Lang-Bräu in Schönbrunn. Dort wird "Erotikbier" hergestellt, "der spritzige Liebesnektar", Farbe "Libido Gold", das "sexy und unwiderstehlich macht! Das weltweit erste Bier mit erotisierender Wirkung..., anregend, spritzig und extrem süffig", kreiert vom Braumeister mitten in der Nacht und "nur mit einer Schürze bekleidet".
Na dann Prost!
Bierseliges Frankenland
Bamberg: Brauerei Schlenkerla, Dominikanerstr. 6, Tel. +49-951 56 06 0, schlenkerla.de
Bamberg Tourismus & Kongress Service, Geyerswörthstr. 5, Tel. +49-951 2 97 62 00, www.bamberg.info
Aufseß: Der Rundweg zu den „Weltrekord-Brauereien“ verläuft von Aufseß nach Sachsendorf und über Hochstahl und Heckenhof zurück. Länge: 14 Kilometer höchster Punkt: 460 Meter, Start/Ziel: Aufseß.
Ortsverwaltung Aufseß: Telefon +49-9198 99 88 81, aufsess.de, brauereiweg.de
Erotikbier: Lang-Bräu, Bayreuther Straße, 18–19, 95632 Wunsiedel-Schönbrunn, Tel. +49-9232 2197, www.lang-braeu.de
Bierland Oberfranken: c/o Handwerkskammer für Oberfranken, Kerschensteiner Straße 7, 95448 Bayreuth, Tel. +49-921 910 139, www.bierland-oberfranken.de
Tourismusverband Franken: Wilhelminenstraße 6, 90461 Nürnberg, Tel. +49-911 94 15 10, www.frankentourismus.de