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Auf den Spuren Schwejks

Von Klaus Buttinger, 20. Oktober 2018, 00:04 Uhr
Auf den Spuren Schwejks
Pisek, die Stadt mit der ältesten Steinbrücke Tschechiens (13. Jhdt.), eignet sich hervorragend als Basislager für „Schwejkforscher“. Bild: Ladislav Renner, Czech Tourism

Die Geschichten und Schauplätze um den braven Soldaten Schwejk, einst hinreißend fürs Fernsehen interpretiert von Fritz Muliar, kann man live in Tschechien erwandern. Eine Spurensuche von Klaus Buttinger.

Zwischen den Zeilen lesen, das kann schnell jemand. Aber der brave Soldat Schwejk, diese antimilitaristische, satirische Figur aus der Feder des tschechischen Schriftstellers Jaroslav Hašek, "kann zwischen den Zeilen denken", ist sich Martin Slavik vom tschechischen Tourismusverband sicher. "Was man heute noch von Schwejk lernen kann, ist, dass man nicht alles der Obrigkeit nachplappern, sondern mit gesundem Menschenverstand an die Dinge herangehen soll." Schwejk sei ein nationaler Schatz, sagt der Kenner. Den gelte es zu heben.

Dort, wo Schwejk seinen (Irr-)Weg von Tabor nach Budweis veranstaltete, wird hundert Jahre danach immer noch gegangen – von Wanderern. Schon zu Zeiten der Kommunisten waren diese Wanderungen, die über fünf bis 25 Kilometer reichen, für tausende Menschen Fixpunkte am ersten oder zweiten Mai-Wochenende. Organisiert wurden sie von apolitischen Vereinen. Dies und die schwejksche Verarsche der k.u.k. Heeresführung konnten als Kritik an der Bourgeoisie verstanden werden, weshalb die Schwejk-Märsche geduldet wurden.

Unsere Spurensuche wollen wir in Tábor beginnen, wo Schwejk sein Reisegeld versoff. Heute lockt die Stadt eher Naschkatzen als Pippler an. Das Schoko-Museum in der Altstadt veranstaltet alljährlich ein Festival. Gegenüber, im Café Budik, kann man sich bei einem Bier vom Museumsbesuch erholen. Hier erzählt Touristiker Slavik von einer Spezialität, die die Systemzeit überlebt hat: die Likörspitze – ein Schokokegel, gefüllt mit Eierlikör.

Liköre ließ sich auch Schwejk schmecken. Verbrieft ist "zelená", was auf Tschechisch grün heißt und einen Pfefferminzlikör meint. Versenkt man ein Stamperl "Grün" vorsichtig in einer Halben Lagerbier, sagt man dazu "magisches Auge". Na zdraví!

Ein paar Steinwürfe von Tabor steht auf einem Hügel die Wallfahrtskirche von Klokoty: neun Kuppeln, ein Turm, elf Glocken und viel Barock rund um die Gottesmutter Maria, die hier im Mittelalter erschienen sein soll. Verbrieft – zumindest im Buch – ist hingegen, dass hier die Frau von Schwejks Kameraden Baloun die Madonna angefleht hat, ihr Mann möge nicht so viel fressen. Man weiß nicht, ob es geholfen hat.

Auf den Spuren Schwejks
Hund Ebena sonnt sich vor der Marienwallfahrtskirche in Klokoty. Bild: OÖN/but

Die Bürger von Milevsko sollen ein wenig eigenartig sein, wurde Schwejk hinterbracht. Er aber meinte, "das wird niemand stören", er habe auf seiner Reise nur brave Menschen kennengelernt. Die braven Menschen von Milevsko veranstalten seit 1862 jedes Jahr einen Faschingsumzug, heute der größte Tschechiens. Rund 10.000 Zuseher werden auch zum kommenden Umzug am 2. März 2019 erwartet.

Fasching zu Tode gebrüllt

Der Gemeinderat und Vorsitzender des Faschingskomitees, Karl Proháska, offensichtlich auch kein Kostverächter, begrüßt als Schwejk verkleidet die Gäste der Stadt, nur leider diesmal nicht, die Uniform sei in der Reinigung, sagt er, erklärt aber dennoch den jährlichen Brauch: "Die Figur des Weingottes Bacchus wird am Ende des Faschingsumzugs getötet, auf verschiedene Weise, auch einmal von den Frauen zu Tode geschrien, und gleich darauf wird der junge Bacchus als Symbol des kommenden Faschings aus der Taufe gehoben." Ein Kurzbesuch im Maskenmuseum illustriert die Sache kurzweilig. Lustig auch ein Detail an der Wallfahrtskirche im nahen Spekov, wo man einen Nagel anbeten möge, der einen Nagel aus dem Kreuz Christi berührt haben soll. Auch schon fast so etwas wie eine Schwejkiade.

Schwejk in Lebensgröße gegenüberzustehen , ermöglicht das 530-Seelen-Dorf Putim. Hier hat man dem Schlaucherl ein Bronzedenkmal gesetzt. Warum dessen linker Schuh so schön glänzt? Wer den Schuh reibt, werde augenblicklich von Kreuzweh geheilt. Der Autor kann dies nach einmaligem Versuch allerdings nicht bestätigen.

Auf den Spuren Schwejks
Der brave Soldat Schwejk, dem in Tabor, wo er auf den nächsten Zug nach Budweis gewartet hat, „das Malheur passiert ist, dass ich am Tisch ein Bier nach dem anderen getrunken hab“. Bild: but

In Putim spielt es sich zweimal im Jahr ab: zur Schwejk-Wanderung und beim Abfischen. Der Einsatz der gummibemäntelten Teichwirte um ihren Chef Jiri Blaha fällt mit dem Kirchweihfest zusammen, weshalb man gleich ein Volksfest daraus macht (am zweiten Oktobersamstag). Männer mit Booten, Netzen und einem Krankescher bergen den Schuppenschatz aus 35 Hektar Nass: Karpfen, Amur, Hechte, Zander – 25 Tonnen insgesamt. 80 Prozent davon würden exportiert, sagt Blaha. Die Tschechen, denen man die Vorliebe für den Karpfen nachsagt, essen nur 1,3 Kilo dieses Friedfisches im Jahr, jedoch vier Kilo Meeresfisch.

Wer das Thema vertiefen möchte, sollte das Fischzuchtmuseum in Vodnany besuchen, wo die Uni Budweis eine Dépendance betreibt.

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Das Teichabfischen in Putim im Oktober zieht tausende Zuseher an. Bild: OÖN/but

Das ideale Basislager für Schwejkisten ist Píšek (übersetzt: Sand) Hier ist man stolz auf die Brücke über den Fluss Otava, die älteste erhaltene Steinbrücke Tschechiens (13. Jhdt.), älter als die Karlsbrücke in Prag. Am Ufer stehen noch Sandfiguren vom Festival im Mai. Eines zeigt den ersten Staatspräsidenten der Tschechoslowakei, Tomáš G. Masaryk, auf einem Pferd. Hartnäckig hält sich das Gerücht, er sei ein unehelicher Sohn von Österreichs Kaiser Franz Joseph I. gewesen. Ansonsten interessant in der 30.000-Einwohner-Stadt: das älteste Wasserkraftwerk Tschechiens, die begehbare Holzkonstruktion im Turm der Dekankirche sowie die neue Brauerei.

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Frischer kann man Karpfen nicht kaufen. Bild: OÖN/but

Noch kurz ein Besuch im Krokodil-Zoo in Protivin. Hier finden sich alle Arten der Welt und werden soweit möglich für Zoos nachgezüchtet. Faszinierend die größte Echse, das – geschätzt – 700 Kilo schwere Meereskrokodil. Schwejk hätte mindestens einen Beruhigungslikör gebraucht.

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Die Krokodile in Protivin lässt das kalt. Bild: OÖN/but

Unsere Reise endet in Budweis am Hauptplatzbrunnen. Hier zeigt ein Pflasterstein ein Kreuz, das die frühere Wirkstätte des Henkers bezeichnet. Wer über den Stein steigt, verirrt sich, erlebt vielleicht seine Anabasis, heißt es. Welch schöne Ausrede für Nachtschwärmer; eine Wuchtel würdig eines Schwejk!

 

Schwejks Irrwege

 

Scherzhaft als Anabasis (griech.: Aufmarsch eines Heeres) bezeichnet der Autor des „Schwejk“, Jaroslav Hasek, die Irrwege seines „braven Soldaten“, der nach Budweis zu seiner Einheit soll. In Tabor verlässt er den Zug, vertrinkt sein Geld und geht zu Fuß. Alle Wege führen nach Budweis, denkt er und geht im Kreis, kommt mehrmals nach Putim, bis er in Pisek in Gewahrsam genommen wird. Auf Schwejks Wegen sind heute Wanderungen ausgeschildert. Info und Broschüre: www.pisek.eu

Einkehr- und Übernachtungstipps:
Tabor: Hotel: Nautilus
Restaurants: Goldie, Thir;
Musikclub: Kutnov
Pisek: Hotels: Biograf, U Kaplicky
Restaurants: Kozlovna U Plechandy, U Reinero, Pragovka, Brauerei „Im Eck“
Budweis: Hotels: Zvon, Budweis
Restaurant: Budvarka

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1  Kommentar
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Gruenergutmensch (1.477 Kommentare)
am 23.10.2018 16:19

Die kuk Heeresleitung ließ sich in Wirklichkeit nicht verarschen, die Tschechen die an der Isonzofront nach dem Geschmack der Heeresleitung nicht genug leisteten wurden aufgehängt , was im Isonzoschlachtmuseum in Kobarid ( Karfeit) dokumentiert ist, aber auch Meinungsäußerungen von einem Tschechen, wie dass Österreich ein vollkommen verkommener Staat sei, reichten aus , um beim k. u. k. Heer aufgehängt zu werden.

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