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Auf Bettinas Spuren

Von Bernhard Lichtenberger, 27. Oktober 2018, 00:04 Uhr
Auf Bettinas Spuren
Die Qual der Wahl, links oder rechts? Die paradiesische Zwillingsbucht Porto Timoni ist nur über einen steilen Pfad oder per Boot erreichbar. Bild: beli

Im Nordwesten Korfus macht eine Salzburgerin Wanderern auf charmante und überraschende Art Beine. Bernhard Lichtenberger ließ sich von der Führerin dazu verführen, das griechische Eiland ins Herz zu schließen.

Asphaltierte Straßen werden, so gut es geht, vermieden. Da kann Bettina Frauenhuber richtig stur sein. So dickköpfig, dass sie einen Griechen mit Motorsäge anheuerte, der sich drei Tage lang durch Dickicht holzte, um einen schmalen Steig zu schaffen. 350 Euro hat die Auftraggeberin der Pfad gekostet, den sie nun "Bettina-Weg" nennt. "Wenn wir auf einen Kaffee gehen, wird’s billiger, hat der kleine griechische Casanova angeboten", erzählt sie mit einem Schmunzeln. Sie bezahlte 350 Euro.

Ohne die richtungsweisenden Schritte der ortskundigen Begleiterin irrten die Wanderer herum wie einst Odysseus und seine Gefährten. Nur wenige Wege sind markiert. Ab und zu kreuzen wir den Korfu-Trail, der die Insel im Ionischen Meer von Süden nach Norden durchzieht. Die gelben Pinselstriche, die ihn kennzeichnen, sind leicht zu übersehen.

Auf Bettinas Spuren
"Ich finde es so wichtig, mit allen Sinnen zu wandern.“ Bettina Frauenhuber, Wanderführerin auf Korfu Bild: beli

Auf Bettinas Spuren hingegen geht niemand verloren. Wie von einem inneren Navi geleitet, wechselt sie von einem Maultierpfad in den nächsten, durchschreitet Täler, streift Dörfer, findet vor ewigen Zeiten Betretenes, das in einem Berg gipfelt, von dem man bis nach Albanien sieht. Die lohnenden Tagestouren erkundete die Salzburgerin beim ausgedehnten Gassigehen mit ihren Hunden. Die Kläffer laufen ihr nicht nur zu. Vor kurzem warf man ihr zwei Welpen über den Zaun. "Ich bin Tierschützerin und Tierretterin", sagt sie. Es sind keine leeren Worte, wie sich unterwegs bestätigt. Lautstark liest sie einem Korfioten die Leviten, der seinen Vierbeiner im Garten angekettet hat. Wenn es sein muss, zeigt sie Besitzer an, die ihre Tiere verwahrlosen lassen.

Bettinas Routen im Nordwesten Korfus verlangen den Beinen jeweils gute fünf Stunden Bewegung ab. Sie führen die ganze Eigenheit, Vielfalt und Pracht der grünen Insel vor Augen. Mystisch wirken die mächtigen Olivenbäume, die von den Venezianern im 16. Jahrhundert gepflanzt wurden. Die knorrigen Stämme sind bizarr geformt, runde Vertiefungen im Holz erscheinen wie starrende Augen. Die seltsamen Löcher sind eine Folge des Alters und eines Pilzes, der sich ins Innere gefressen hat.

Griechische Schlawiner

Rund vier Millionen Olivenbäume wurzeln in korfiotischem Boden. Wieso man das so genau weiß? Als EU-Beihilfen in Aussicht gestellt wurden, haben die Behörden bei der Angabe der Zahl so maßlos geflunkert, dass über eine elektronische Luftaufnahmetechnik nachgezählt wurde. Das ließe vermuten, das Wort Schlawiner stamme – auch wenn es sich nicht so anhört – aus dem Griechischen.

Eine monokulturelle Einöde ist das Eiland trotzdem nicht, das knapp an die Fläche des Mühlviertler Bezirks Perg heranreicht. Zypressen ragen spitz empor. Yuccas blühen weiß. Die stacheligen Fruchtbecher der Edelkastanie stehen vor dem Aufplatzen. Riesenschilf wogt neben Bambusstangen im Wind. Der Judasbaum mit seinen herzförmigen Blättern trägt Schoten. Feigen, Orangen, Mandarinen, Mispeln – vieles gedeiht im feuchtwarmen Klima. "Hier muss niemand verhungern, wenn er im Winter zu Fuß unterwegs ist", sagt Bettina, die sich stets die Zeit nimmt, ihr botanisches Wissen weiterzugeben. Wir schnuppern an wildem Oregano, zerreiben Lorbeer zwischen den Fingern. "Ich finde es so wichtig, mit allen Sinnen zu wandern", sagt die 41-Jährige und führt an einen Ort, den sie Zauberwald nennt.

Auf Bettinas Spuren
Mystisch wirken die Jahrhunderte alten Olivenbäume, die Korfu prägen. Bild: beli

Dort lädt sie jeden ein, sich einen Olivenmethusalem zu suchen und für zehn Minuten in Stille zu versinken. Dies ist der Ort, an dem Bettina Frauenhuber ihren Frieden gefunden hat. 13 Jahre lang hat sie im Millionen-Schmelztiegel New York gelebt und mit 50 verschiedenen Jobs überlebt. Ein Dasein, das ihr heute fremd ist. Vor acht Jahren erreichte sie der Ruf der Eltern, ob sie nicht bei ihnen einziehen wolle. Diese waren gerade dabei, im entzückenden Bergdorf Afionas, dem sie einst als Urlauber verfallen waren, ihren Alterssitz bauen zu lassen. Das hellblaue, in den steilen Hang gesetzte Haus ist so ausgerichtet, dass sich die Frauenhubers allabendlich am Farbenspiel ergötzen dürfen, mit dem die Sonne im Meer versinkt.

Ein Schauspiel, das Dinierenden im nahen Restaurant Evdemon ebenso gegönnt ist, sofern sie ihre Blicke von den attraktiv arrangierten und köstlich mundenden Gourmetspeisen loseisen können. Die kulinarischen Aussichten rund um unseren Stützpunkt am Sandstrand von Agios Georgios lohnen andernorts genauso. Bettina weist fast jeden Abend den Weg in Tavernen, die genussreich auch ihren Leib samt Seele zusammenhalten. Da wäre etwa das "Vavilas", in dem Thomas, der bärtige Fischer, seinen frischen Fang – Red Snapper, Dorade, Seebarsch – zur Wahl stellt. Oder die speisekartenlose Taverna Pergola, wo der Wirt in die Küche bittet, um über Oktopus-Salat, Sofrito (geschmortes Kalb- oder Rindfleisch) oder das formidable Kaninchen entscheiden zu lassen. Oder "Romeos", das in jener Kurve in Pagi zur kulinarischen Einkehr mit finalem Tsipouro (Tresterbrand) lockt, durch die Roger Moore 1981 als James Bond "In tödlicher Mission" im zitronengelben 2CV quietschte.

Auf Bettinas Spuren
In der Taverne des Fischers Thomas sucht man sich den frischen Fang direkt in der Küche aus. Bild: beli

Auch mit dem Frühstück mag Bettina überraschen. Ehe der erste Hahn kräht, befüllt sie für jeden Wanderer eine Dose mit seinen Wünschen, die er zu Beginn mit Kreuzerln auf einer Liste kundgetan hat. Da ist alles dabei: Ei, Salami, Schinken, Feta, Paprika, Tomaten, Oliven, Tee aus selbst getrockneten Kräutern, frische Brotwecken. Erst nach eineinhalb Stunden des morgendlichen Gehens wird gespeist – unter dem ausladenden Blätterdach eines Olivenhaines, am Gemäuer einer Kirche oder in der spitzen Felsenbucht am Kap Drasti, die peitschendes Wasser in den Kalkstein geschnitten hat.

Auf der Oliveninsel kommt man um einen Besuch bei Rainer Kalkmann nicht umhin. Der 75-jährige Badener und seine malende Frau Heidi betreiben seit fast 20 Jahren in Afionas einen kleinen Laden. In dem bieten sie neben allerlei Mitbringseltauglichem Olivenöle von umliegenden Bauern an. Dem Oliven-Aficionado darf man beim Verkosten der leichten bis würzigen Pressungen getrost ein Loch in den Bauch fragen. Er kennt sich bei den kleinen Früchten und dem, was sie hergeben, aus.

Die See, die Korfu umwogt, ist nicht nur zum Ansehen da. Als Preis für den täglichen Schweiß stürzen sich die Marschierer am Nachmittag in die salzigen Fluten, die nur einen Steinwurf vom Quartier entfernt sind. Links? Oder doch rechts? Die Frage stellt sich am Ende eines steilen Pfades, der in die schmale Landzunge zwischen der Zwillingsbucht Porto Timoni mündet. Für ein paradiesisch anmutendes Bad sind beide Seiten recht.

Auf Bettinas Spuren
Farbenprächtiger Sonnenuntergang, vom Bergdorf Fionas aus gesehen. Bild: beli

Aber wo bleibt Odysseus? Ein vor der Küste aus dem Meer ragender Felsen soll das Schiff des listigen Helden sein, das der zürnende Gott Poseidon zu Stein erstarren ließ. Mythologie eben. Da folgt man doch lieber den Spuren von Bettina.

 

Info: Weltweitwandern bietet die achttägige Wanderreise "Auf Odysseus’ Spuren" mit Bettina Frauenhuber an acht Terminen zwischen 4. Mai und 19. Oktober 2019 ab 1290 Euro an. weltweitwandern.com/grg06

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1  Kommentar
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Schoenie (1 Kommentare)
am 27.10.2018 23:07

Dieser Artikel ist wunderschön, wird aber dem echten Wandererlebnis mit Bettina nicht ganz gerecht. Daher sollte man dieses Erlebnis unbedingt persönlich auf Korfu bei diesen wunderschönen Wanderungen usw mit Bettina erleben. Also, nicht lange lesen, sondern auf nach Korfu und mit Bettina diese wundervolle Insel erwandern.

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