Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Antike Schattenwirtschaft

Von Hannes Fehringer, 16. Juni 2018, 00:04 Uhr
Antike Schattenwirtschaft
Reise in die Unterwelt und retour: Die Melissani-Höhle auf der Insel Kefalonia ist ein einzigartiges Naturschauspiel von Licht und Schatten. Die Bootstour dauert eine gute Viertelstunde. Bild: feh

Mit Kränen sollen die Priester Puppen gesteuert haben, die im Totenorakel von Epirus vor den Pilgern Schatten warfen. Für den Schwindel wurde Geld verlangt. Heute ist das in der Gegend von Lefkas zum Glück anders.

Die Mittagssonne kann gar nicht so grell strahlen und die Augen blenden, dass der Ort nicht gespenstisch ist. Es raschelt vom Mauerwerk des "Nekromanteion", einer antiken Ruine neben dem Dorf mit dem epochalen Namen "Mesopotamos" auf dem griechischen Festland nördlich von Lefkas, hinter dem Nacken dringt das Geräusch ans Ohr. Eine zwei Meter lange Natter schlängelt sich über die Steine und verschwindet in einem Mauerloch. Eine schaurige Stätte soll es hier schon seit der Antike gewesen sein. Nicht unweit mündet der Archeron ins Meer, der neben dem Styx als der Totenfluss der alten Griechen galt, auf dem der Fährmann Charon mit seinem Kahn gegen den zu entrichtenden Obolus die Seelen in den Hades befördert hat. Der griechische Archäologe Sotirios Dakaris, der 1958 die alten Gemäuer entdeckte, war felsenfest überzeugt, das bereits vom Geschichtsschreiber Herodot genannte Totenorakel ausgegraben zu haben. Fremdenführerin Danai hält sich gar nicht mit Mutmaßungen auf: "Wir wissen gesichert, dass zumindest ab 350 v. Chr. Pilger hierherkamen, um mit ihren Ahnen Kontakt aufzunehmen."

Räumlichkeiten um eine rätselhafte Krypta mit Arkadenbögen, die jeden Ton verschlucken, deutet sie als die Schlafzimmer von Pilgern, die sich in dem Orakel unter Anweisung der Priester einer einmonatigen Askese unterziehen mussten. "Dabei wurden grüne Bohnen verzehrt, die eine halluzinative Wirkung erzeugen." Nach umfangreichen Fastenritualen und Gebeten zu den Göttern waren die Gläubigen reif für die Totenbefragung. Danai erzählt, dass neben den berauschenden Kräutern auch die Priester, die die immer sehr vagen Orakelsprüche deuteten, bei den Visionen nachgeholfen hätten. "Bei den Ausgrabungen wurden Relikte von Kränen und Puppen gefunden, mit denen die Schatten geworfen wurden." Das gläubige Volk wollte betrogen werden? "Nein", sagt Danai, "für die antiken Menschen in der Zeit des Hellenismus war dieses Ritual eine Hilfe, die Angst vor dem Tod zu mindern." Ihre Kollegin von der Reiseleitung klärt dann die ganze Gruppe auf, dass die Kultustätte wohl schon 1200 v. Chr. bestanden habe. Sei’s darum: In der Wissenschaft wird überhaupt bezweifelt, ob Dakaris wirklich das berühmte Totenorakel ausgegraben hat und nicht doch eher "nur" einen hellenistischen Adelssitz, wie ein US-Forscherteam meinte, das die Anlage in den Neunzigerjahren nochmals unter die Lupe genommen hatte.

Einmal Hades und retour

In die Unterwelt mit Rückfahrkarte führt eine bemerkenswerte Viertelstunden-Bootsfahrt in eine Tropfsteinhöhle bei Sami auf der zwei Stunden mit der Fähre entfernten Insel Kefalonia. Die Melissani-Grotte ist ein Naturschauspiel mit einem Wechsel von Licht und Schatten. Die Decke über dem zuvor unterirdischen See ist bei einem Erdbeben im Jahr 1953 eingestürzt. Jetzt rudert Kristos die Touristen unter freiem Himmel über das türkisklare Wasser und hat dabei wie ein Gondoliere gerne ein Liedchen auf den Lippen. Er singt zur Unterhaltung seines Publikums, keinesfalls will der Mann in der Dunkelheit seine Angst vertreiben. Die Gänsehaut kann einem auch in der finsteren Grotte auffahren. Wie Ausgrabungsfunde belegen, war die Höhle in der Antike eine Kultstätte für den Hirtengott Pan, darüber hinaus fand man auf einer Tafel aus dem 3. Jahrhundert vor Christus den ältesten Beleg für das Wort "Nymphomanie". Nutzvoller ist das Wissen, dass sich hier im Untergrund das hereindrückende Meer- mit Regen- zu Brackwasser vermengt. "Österreichische

Wissenschafter haben das nachgewiesen, indem sie das Wasser mit Lebensmittelfarbe eingefärbt haben", sagt Kristos, wenn er einmal nicht singt. Wenn man aus der Grotte mit ihren Tropfsteinen, die vom Felsen hängen, wieder auf den kleinen See hinausfährt, fühlt man sich ein wenig wie Odysseus, der der Unterwelt entronnen ist.

Zur Jahrtausendwende drehte an der Location Regisseur John Madden die Romanverfilmung von "Corellis Mandoline", Nicholas Cage und Penélope Cruz standen an dem Originalschauplatz vor der Kamera. In der Geschichte, die auf Kefalonia spielt, haben sich die Italiener auf der Seite der Griechen gegen die Nazis gestellt – ein Fahnenwechsel zu den Guten, den man auf der Insel den Mittelmeernachbarn nicht vergessen hat.

Brücke statt Sumpfgebiet

Letztendlich ganz der Unterwelt entrissen ist man, wenn man über die Brücke spaziert, die die Bucht vor Argostoli, der 13.237 Einwohner zählenden Hauptstadt von Kefalonia, verbindet. Der Seewind fährt ins Gesicht, zerzaust Frisuren, weht Hüte von Köpfen. Für eine erste Holzbrücke, die den Umweg um die Bucht durch unwegsame Sümpfe erspart, musste der britische Inselgouverneur Charles James Napier die Einheimischen 1813 erst überzeugen. Sie fürchteten, dass der direkte Zugang Piraten zu Raubzügen anlocken könnte. Die Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht, weshalb man mit einem Obelisken, den man auf ein Podest ins Meer setzte, dem Gouverneur für seine Weitsicht dankte.

Genauere Betrachtung verdient auch der Herr, der auf dem Sockel eines Denkmals über dem abendlichen Treiben auf dem Hauptplatz von Argostoli thront. Panayis Vallianos ist jener Sohn der Insel, der in die Welt hinauszog und es von allen Emigranten am weitesten gebracht hatte. Der 1814 geborene Kefalonier gründete mit seinen Brüdern Marinos und Andreas in Russland während des Krimkrieges die Reederei Vagliano Bros. und betätigte sich im Weizenhandel. Panayis verlegte seine Geschäfte nach London, wo er 1902 als steinreicher Mann starb. Vallianos wurde in einem Mausoleum beigesetzt, für das er den Turm der Winde in Athen nachbauen ließ. Sein ganzes Vermögen vermachte der Reeder dem griechischen Staat, der damit die Nationalbibliothek aufbaute.

Tipps

Über Olivenöl könnte Ilias Liakris (48) stundenlang reden. Der Besitzer einer Ölmanufaktur und von 600 Olivenbäumen in Parga auf dem griechischen Festland schwört auf Handarbeit in seiner Mühle. Für einen Liter des besten Extra Virgine Olive Oil kommen 12 Kilogramm grüne Oliven in die Presse. Die Region ist geprägt von den Hainen. Venedig als einstige Herrschaft hat damals die Bevölkerung bei Androhung von Strafen regelrecht gezwungen, Olivenbäume zu pflanzen. www.paragaea.gr

Mandola ist auf der Insel Kefalonia kein Zupfinstrument, sondern eine Süßigkeit aus Mandeln, die es in jeder Konditorei gibt.

Buchung: Der Dornbirner Griechenland-Spezialist Rhomberg bietet Pauschalangebote für 7 Nächte (ab 749 Euro) und 14 Nächte (ab 1015 Euro) für Lefkas und Kefalonia mit Halbpension und Flug ab Wien und Salzburg an. Kontakt: Tel. 0800 / 9999 55 oder www.rhomberg-reisen.com. Rhomberg bietet auch maßgeschneiderte Reisen an wie eine Mietwagen-Rundreise mit vorgebuchten Hotels mit 7 Übernachtungen auf dem Festland und Lefkas (ab 921 Euro) sowie eine Variante mit 14 Nächtigungen, die auch die Metéora-Klöster einschließt (ab 1414 Euro).

mehr aus Reisen

Die Insel Amrum: Stille Idylle in der Zwischensaison

Die Landschaft des Goldenen Steigs

Gewinnen Sie zwei Plätze bei Dreiländerreise ins Baltikum

Der Reiz des Weitwanderns

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen