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Alles hip & lovely in Südengland

Von Barbara Rohrhofer, 04. August 2018, 00:04 Uhr
Alles hip & lovely in Südengland
Das Seebad Brighton an der Südküste Englands wurde heuer zu Hipster-Hauptstadt gewählt – wer einmal da war, weiß warum: Hier ist alles echt bunt, hip und ein bisschen verrückt. Bild: Colourbox

Tradition und Exzentrik treffen an der südenglischen Küste in vortrefflicher Weise aufeinander – und so kann es passieren, dass sich altehrwürdige Seebäder in Hipster-Hauptstädte verwandeln.

Lovely", sagt Robert, der Frühstückskellner, wenn er in der kleinen Pension mit dem plüschigen Charme das englische Breakfast pünktlich zwischen 8.15 und 9.15 Uhr morgens serviert. "Lovely" findet er es auch, wenn er den Tee in die Tassen mit Blümchenmuster schenkt und dabei erklärt, was man an der britischen Riviera so alles machen kann. Das Angebot im palmengesäumten Städtchen Torquay ist überschaubar. Wer im mediterran anmutenden Seebad urlaubt und keine Sprachschule besucht, will mit großer Wahrscheinlichkeit einen geruhsamen Badeurlaub machen, ein bisschen Boccia spielen, sich vielleicht als Golfer versuchen oder aber mit dem Boot ins zauberhafte Städtchen Brixham übersetzen.

Alles hip & lovely in Südengland
Blick auf Torquay, die palmengesäumte Stadt an der britischen Riviera Bild: OÖN/bar

Auf der Fahrt dorthin erzählt der Kapitän echte Räubergeschichten, die sich früher zwischen den zerfurchten roten Klippen abgespielt haben sollen. Kein Wunder also, dass die berühmteste Bürgerin Torquays Agatha Christie heißt. Hier hat sie geheiratet und ihre weltberühmten Krimis geschrieben – stets inspiriert vom nahen Dartmoor, vom türkisblauen Meer, den Felsen und den vielen Höhlen. "Aber auch die Beatles und die Rolling Stones waren unsere Gäste und residierten hier", erzählt der alte Seemann und zieht sich seine Kappe tiefer ins Gesicht. Denn es ist heuer ganz besonders heiß in Südengland, fast könnte man glauben, man sei auf dem Weg zu einer griechischen Insel.

In Wahrheit ist es aber der Hafen von Brixham, der mit seiner Postkartenidylle beeindruckt. Ringsum kleben bunte Häuser an den Hängen, die Fischer holen ihre Netze ein und in den kleinen, weißen Hütten werden frische Muscheln und Austern angeboten.

Alles hip & lovely in Südengland
Das romantische Fischerstädtchen Brixham Bild: OÖN/bar

Aber aufgepasst: Die Idylle kann empfindlich gestört werden. Dann nämlich, wenn die Möwen sich daran machen, den Touristen ihr Essen zu stehlen. Und das tun sie so oft, dass an den Hausmauern bereits Warntafeln angebracht wurden: "Warning. The Seagulls will steal your food!" steht auf kleinen Tafeln zu lesen und sogar in den Hauptnachrichten von BBC sind die frechen, gefräßigen Vögel ein Thema. Also verstecken sich die Touristen in engen Gassen und verschlingen gestresst die herrlichen Fischbrötchen.

Alles hip & lovely in Südengland
Warnung vor den hungrigen Möwen, die den Touristen ihr Essen vom Teller stehlen. Bild: OÖN/bar

Tee, Scones und viele Queen-Doubles

Am nächsten Tag hat "lovely Robert" wieder Frühstücksdienst und legt seinen Gästen den Besuch der Buckfast Abbey in Buckfastleigh ans Herz. Die Benediktinerabtei ist eines der wenigen noch aktiven Klöster in Großbritannien – umgeben von einem duftenden Lavendelgarten und einem eigenen Garten für medizinische Kräuter. Hier lässt es sich herrlich flanieren und verweilen – und ein Tässchen Tee trinken. Das Geschirr, das im zauberhaften Souvenirshop zum Kauf angeboten wird, steht angeblich sogar in der Vitrine von Prinz William und seiner Gattin Kate.

Der Stil des britischen Königshauses hat sichtbar auf die Bevölkerung abgefärbt: Dem Vormittagskonzert im Stadtpark von Dartmouth lauschen eine Handvoll älterer Damen, die allesamt glatt als Doppelgängerinnen von Queen Elizabeth durchgehen würden. Ihre großen Hüte passen farblich perfekt zu ihren Kostümchen. Und natürlich trinken die Ladies Tee und essen dazu Scones (feines englisches Teegebäck) mit Clotted Cream, die zu 100 Prozent aus Schlagobers besteht. Eigentlich würde diese Mehlspeise auch ganz hervorragend zu Kaffee passen – aber das liebste Heißgetränk der Österreicher wird in Südengland des öfteren sehr lieb- und geschmacklos zubereitet.

England ist eben anders. Man fährt hier nicht nur notorisch links, sondern ernährt sich auch anders, da kann der britische Starkoch Jamie Oliver noch jahrelang in seinen TV-Shows predigen, wie man schnell Gesundes kochen könnte. Fish & Chips und Hamburger sind hier auf allen Speisekarten vertreten, neuester britischer Trend: Pommes aus Halloumi-Käse mit fetter Mayonnaise.

Auch Frühstückskellner Robert preist jeden Tag aufs Neue sein reichhaltiges "English Breakfast" an, das in Torquay mit ganz besonders groben Würsten serviert wird. "Lovely", findet er das und kann ganz und gar nicht verstehen, wenn seine Gäste dankend ablehnen und sich mit herrlicher Orangenmarmelade und Toast für die Fahrt nach Brighton stärken. Was auf der Landkarte wie ein kurzer Rutscher aussieht, entpuppt sich als Reise durch halb England, weil hier doch tatsächlich alle Autobahnen sehr nah an London vorbeiführen und immer wieder von Kreisverkehren unterbrochen werden.

Endlich in Brighton angekommen, sind die Mühen der Reise schnell vergessen. "Englands größtes Seebad ist wie London – aber am Meer". So wirbt die Stadt, die bunt, jung, laut und ein bisschen verrückt ist und erst kürzlich zur Hipster-Hauptstadt 2018 gekürt wurde. Hier gibt es nicht nur die meisten Sonnenstunden Großbritanniens, sondern angeblich auch mehr als 365 Lokale, mehr als eines für jeden Tag des Jahres.

London by the Sea

Kamen vor hundert Jahren die meisten Besucher wegen der Heilkraft des Seewassers nach Brighton, zieht die Stadt heute ein ganz anders Klientel an. Das "London by the Sea", ist Englands heimliche Hauptstadt für Künstler, Alternative, Schwule und Lesben. In den schmalen Gassen des Geschäftsviertel "North Laines" reiht sich ein Second-Hand-Geschäft an das andere. Vegane Cafés, vegane Schuhshops und zahlreiche originelle, alternative Modegeschäfte warten auf die vielen Studenten aus aller Welt, die hier ein oder mehrere Semester verbringen. Meine jungen Mitreisenden küren Brighton schon nach wenigen Stunden zu ihrer absoluten Lieblingsstadt in Südengland. "Lovely und chillig", finden sie es und könnten sich vorstellen, eine ganze Woche hier zu verbringen, weil in dieser Stadt sogar abends so richtig was los ist.

Aber auch für ältere Semester gibt es in Brighton viel zu tun. Zum Beispiel in den diversen Schallplattenläden, in denen man – ganz so wie früher – mit großen Kopfhörern steht, ein bisschen Beatles und Queen hört und sich im Nu um Jahrzehnte verjüngt vorkommt. Tradition und Exzentrik treffen hier in genialer Weise aufeinander. Wesentlich geruhsamer geht es im nächsten Seebad, im Städtchen Eastbourne, zu. Der sieben kilometer lange Kieselstrand – heller Sand, feiner Kiesel – und der spektakuläre Pier laden zum geruhsamen Spaziergang ein. Hier hat Königin Victoria geurlaubt, hier ist aber auch die britische Premierministerin Theresa May geboren. Der Glanz der Stadt ist etwas verblasst, von den Hotels blättert der Putz. Urlauber zieht es eher in die nahe Umgebung – zum Beispiel zum "Beachy Head". Hier beginnt ein Wanderpfad, der an den höchsten Kreideklippen Großbritanniens vorbeiführt. Abends kann man sich in Eastbourne in einem Pub ein englisches Bier gönnen und vielleicht hat man ja das Glück, dass gerade ein Fußballmatch im Fernsehen läuft.

"Come on England", schreien die Fans und klopfen auf große Trommeln. "Lovely" finden wir – und wissen, dass wir wiederkommen.

Tipps

Brighton: In den Vierteln The Lanes und North Laine gibt es viele unabhängige Designer- und Vintageshops mit Gewand, Schmuck und Interieur. Es findet sich etwas für jeden Geschmack und für jeden Geldbeutel. Besonders beeindruckend die vielen Second-Hand-Shops mit glitzernden Ballkleidern.

Portsmouth: In der Hafenstadt mit Marinestützpunkt dreht sich alles um die Schifffahrt und deren Geschichte. Ein Spaziergang durch das Hafenviertel Gunwharf Quays lohnt sich. Schiffe und Museen können besichtigt werden und es gibt auch ein neues Designer-Outlet, das wirklich alle Stückerl und Marken spielt.

Fly & Drive: Wer Südengland besuchen will, sollte einen Flug nach London-Gatwick buchen. Von hier aus kann man mit dem Leihauto sofort in Richtung Küste fahren. Das Linksfahren ist anfangs gewöhnungsbedürftig, ein Automatikauto unbedingt empfehlenswert.

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