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"Wir werden nicht schon vorher die Sau durchs Dorf treiben"

Von Barbara Eidenberger   21.Juli 2020

Die Coronakrise habe vieles verändert, sie sei aber auch Chance für eine Richtungsänderung hin zu mehr Klimaschutz, sagt Stefan Kaineder, Landesrat und Landessprecher der Grünen Oberösterreich, im OÖN-Sommerinterview.

OÖN: Für die Grünen lief es gut. Das Thema Klimawandel hat viele erreicht, mit Ihnen hat man ein neues Gesicht an der Spitze, und die Grünen sind zum ersten Mal in einer Bundesregierung. Jetzt überlagert die Corona-Pandemie alles. Was bedeutet das für Sie mit Blick auf die Wahl 2021?

Stefan Kaineder: Bis zum Landtagswahlkampf ist es glücklicherweise noch ein Weilchen. Entscheidend ist, dass die Krise eine Richtungsentscheidung ist. Jetzt muss jeder Euro, der öffentlich investiert wird, einerseits die Wirtschaftskrise bekämpfen, andererseits die Klimakrise.

Laut OÖN-Politikbarometer liegen die Grünen gleichauf mit der SPÖ auf Platz drei, selbst Platz zwei scheint greifbar. Wie schätzen Sie die Chancen dafür ein?

Das ist schwierig zu bewerten und mir persönlich auch gar nicht so wichtig. Viel wichtiger erscheint mir, das in der oberösterreichischen Politik im nächsten Jahr eine Trendwende kommt. Ich will, dass die Klimakrise zur Priorität Nummer eins wird.

Bringt die grüne Regierungsbeteiligung im Bund den erhofften Rückenwind?

Das erste halbe Jahr war eine schwierige Zeit, aber insgesamt funktioniert die grüne Mannschaft sehr gut. Gesundheitsminister Rudi Anschober hat eine enorme Herausforderung zu bewältigen, und das gelingt ihm auch. Insgesamt finde ich schon, dass es eine grüne Handschrift gibt. Das macht der Vergleich zur vorherigen VP/FP-Regierung deutlich. Deren einzige verkehrspolitische Ansage war Tempo 140. Jetzt stehen wir vermutlich vor einer Revolution im öffentlichen Verkehr mit einem einheitlichen Ticket für ganz Österreich.

Sie sagen selbst "vermutlich". Das einheitliche Ticket wird viel Geld kosten und ist Teil der Debatte darüber, ob Mittel in die Wirtschaftshilfe oder in den Klimaschutz gehen sollen. Ein unlösbarer Konflikt?

Diesen Konflikt gibt es aus meiner Sicht nicht. Wir müssen endlich lernen, dass Investitionen in den Klimaschutz tatsächliche Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik sind. In Oberösterreich haben wir eine innovative Wirtschaft, die im Bereich der erneuerbaren Energie zum Teil weltweit einzigartige Produkte liefert. Dort investieren heißt oberösterreichische Arbeitsplätze sichern. In diese Richtung müsste es jetzt gehen. Bei der Bundesregierung sehe ich Konsens, in Oberösterreich fehlt mir das noch.

Sichtbar wird dieser Konflikt am Beispiel der Regionalflughäfen. Sie haben sich gegen eine Standortgarantie ausgesprochen. Der Flughafen Linz ist der wichtigste regionale Frachtflughafen. Kann man darauf so einfach verzichten?

Die Frage, in welche Richtung wir aus dieser Erschütterung durch die Coronakrise weggehen, ist zentral. Wir können versuchen, die Mechanismen des vergangenen Jahrhunderts wieder zusammenzubauen. Oder wir können die Erschütterung für eine echte ökologische Zeitenwende nützen. Eines haben die Menschen verstanden: Die Kurzstrecke wird in Zukunft durch die Bahn bedient, nicht durch das Flugzeug.

Nach der Asylwerber-Ausbildungsoffensive Ihres Vorgängers ist es still um das Thema Integration geworden. Wo steht es auf Ihrer Prioritätenliste?

Sehr weit oben. Die Fluchtbewegungen beschäftigen uns nicht mehr so sehr, weil die Zahlen sinken und wir in der Flüchtlingsbetreuung sehr gut aufgestellt sind. Unsere Aufgabe ist, dass im Land das Zusammenleben gelingt. Für mich geht es weniger darum, wer was lernen muss und einzubringen hat, sondern darum, wie man in einer bunten Gesellschaft zusammenlebt.

Die Vorfälle in Favoriten haben jedoch das Konfliktpotenzial aufgezeigt. Muss man nicht härter gegen Parallelgesellschaften vorgehen?

Ich bin darüber in ständigem Austausch mit der Polizei. Deren Einschätzung ist, dass es so etwas in Oberösterreich nicht gibt. Wir arbeiten in der Integrationspolitik auch daran, dass so etwas nicht passieren kann.

Während andere Parteien die Landes-VP derzeit wegen der Maskenbeschaffung und des Krisenmanagements kritisieren, sind die Grünen auffallend still. Hat man aufgrund der Koalition im Bund eine Beißhemmung, oder geht man schon in Vorleistung für eine Zusammenarbeit im Land nach der Wahl 2021?

Weder noch. Wir Grüne sehen Politik nicht als Effekthascherei. Wenn es bei den Maskenankäufen Verfehlungen gegeben hat, werden wir uns das genau ansehen. Das wird von der Staatsanwaltschaft und dem Bundesrechnungshof geprüft. Das muss man einmal abwarten. Wir werden nicht schon vorher die Sau durchs Dorf treiben. Zum Krisenmanagement: Es war hoch an der Zeit, die Teststrategie umzustellen. Es wurde nicht alles richtig gemacht, aber viel wichtiger ist, dass im Herbst alles funktioniert und nicht Schulen flächendeckend zugesperrt werden. Das ist Aufgabe der VP-Gesundheitslandesrätin Haberlander.

Wordrap

  • Ich lese gerade das Buch ... „Der Herr der Meere“
  • Im CD-Player läuft gerade ... die neue Platte von „LaLa“.
  • Ich sollte mehr... singen.
  • Und weniger... Kaffee trinken.
  • An Corona nervt am meisten... die Distanz.
  • Im Herbst werde ich ... meine Tochter zu ihrem ersten Schultag im Gymnasium begleiten.
     

Das Interview in voller Länge:

OÖN Sommerinterview - Stefan Kaineder

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24. April 2024