Akte OÖ: "Land unter" und dazu ein finaler Schritt
LINZ. Energie AG: Führungswechsel und Bilanz unter außergewöhnlichen Turbulenzen. Der neue Chef soll den Kurs drehen – doch damit fliegt der Ball zurück ins Feld der Politik. Eine grüne Wende scheiterte oft an Parteien und Behörden.
Von ruhiger Zeit kann keine Rede sein, vielleicht ist es sogar die turbulenteste in der Geschichte der Energie AG. Seit Tagen werden die Telefoneinheiten in den Bereichen Customer Service sowie Market Calling in Niederwaldkirchen mit Anrufen und Beschwerden empörter Kunden geflutet. „Das ist wie Land unter“, sagt ein Manager. Dabei ist die Strompreisteuerung noch gar nicht wirksam, spürbar auch nicht der seit gestern geltende Preisdeckel.
Um die Belastung im Vertrieb einigermaßen stemmen zu können, wurden konzernweit 150 Freiwillige aktiviert, die helfen sollen, den Ansturm zu bewältigen. Dabei ist das erst ein Präludium. Nicht auszuschließen, auch bei Mitbewerbern, dass Wutbürger zu drastischen Ausdrucksformen ihres Zorns greifen. Die Energie AG hat ihre Außenstellen besser gesichert.
Phase des Übergangs
Dazu kommt innere Unruhe auch daher, weil der Konzern in einer Phase des personellen und strategischen Übergangs steckt.
Nicht nur der Generaldirektor wird mit Jahresende gewechselt. Die Abfolge steht. Am 20. Dezember ist Hauptversammlung, am 21. wird die Bilanz präsentiert, für 22. hat Generaldirektor Werner Steinecker zu seinem Abschied geladen. Diese Einladung eröffnet Raum für tiefergehende Interpretation. Normalerweise, so Aktionäre, lade zum Abschied eines Generaldirektors der Aufsichtsratsvorsitzende (also Landesrat Markus Achleitner).
Dass es nicht so ist, wird als Zeichen dafür gelesen, dass der große und kantige Steinecker und der sich eng (viele sagen „zu eng“) um die Energie AG kümmernde Achleitner in diesem Leben nicht mehr beste Freunde werden, vorsichtig beschrieben. Achleitner weist solche Deutungen zurück. Alles sei mit Steinecker so abgesprochen, er werde „selbstverständlich“ die verdiente Anerkennung erfahren.
Achleitner nennt den Übergang auch deshalb professionell, weil zwischen ihm, Steinecker und dessen Nachfolger Leonhard Schitter vereinbart sei, dass Personal- und Investitionsentscheidungen schon von Schitter bzw. in Abstimmung getroffen werden müssten. „Beide haben es vorbildlich so gelebt.“
Das führt allerdings gerade in einer turbulenten Phase zu Vakanzen und Verzögerungen. Vertriebschef Michael Baminger wechselt nach Salzburg, Klaus Dorninger, hinter Baminger starker Vertriebsmann, hat noch zwei, drei Jahre bis zur Pension, und es ist unklar, wie der nächste Chef Schitter den Vertrieb aufstellen wird. Dasselbe gilt für den Einkauf, der mit Rudolf Möstl Ende März seinen langjährigen Chef an die Pension verliert.
Und dann sind da noch andere Fragen, etwa jene der Bilanzpolitik. Wird mehr in die Rücklagen und Vorsorgen verpackt, um dem neuen Chef einen Start von niedrigerer Basis aus zu ermöglichen? Oder kriegt der scheidende die Chance, einen schöneren Gewinn zu verlautbaren?
Letzteres wird es wohl nicht, schon im Hinblick auf die Kunden. „Das Ergebnis ist, wie es ist“, heißt es intern. Es ist die Rede von rund 150 Millionen Euro vor Steuern.
Eine Sonderdividende wird es deswegen auch nicht geben. Auch die geplante Übergewinnsteuer wird die EAG, wenn überhaupt, nur im einstelligen Millionenbereich treffen. Dabei sollte auf dem Papier die Energie AG mit ihren abgeschriebenen Wasserkraftwerken einer der großen Profiteure des „Merit Order“-Prinzips sein.
Nur hat die niedrige Wasserführung heuer diese Gunstlage zerstört, ausgerechnet in den Monaten Juni, Juli und August musste Strom an den Spotmärkten zu damaligen Höchstpreisen zugekauft werden. All das ist Kunden, deren Stromrechnung sich verdoppelt oder verdreifacht, schwer zu vermitteln. Und daher wird auch bei der Beschreibung der Bilanz Ende Dezember eher untertrieben werden, auch das ungewöhnlich für einen Chefwechsel. Ein Teil der Erträge wird wohl nicht aufgedeckt.
Unklar und konzernintern noch ein Rätsel ist die künftige Strategie 2030 unter dem neuen Chef Leonhard Schitter. Er solle die „Fahne bei der Transformation wehend vorantragen“, heißt es. Bis 2030 sollen 750 Millionen Euro investiert werden. Vieles wird der neue Chef im ersten Quartal 2023 präsentieren dürfen – es liegt aber längst in der Lade, ist also dem Vorgänger zuzurechnen. Etwa der Ausbau der Kraftwerkskette Traunfall. Die Arbeiten zum Speicherkraftwerk Ebensee werden 2023 ausgeschrieben. Und bezüglich Photovoltaik sei es auch „work in progress“. Wenn nicht Engpässe und Personalmangel die Sache erschweren würden, wäre vieles schon schneller gegangen. Zugleich kommt mit dem forcierten Schwenk die Landespolitik wieder selbst ins Spiel. Beschleunigter Wandel hin zu Grünstrom ist ja oft an bürokratischen Auflagen und auch an politischem Zögern gescheitert.
„Wenn im Burgenland Doskozil Photovoltaik will, zieht er das durch, in Niederösterreich macht es die Hanni genauso.“ In Oberösterreich sei das eben bisher nicht so gegangen. In der Landeskoalition gibt es immer noch die FPÖ mit ihrem anderen Zugang zum Klimawandel. Manfred Haimbuchner und seine Naturschutzabteilung bremsten bei Windstrom und Agro-PV und würden der ÖVP auch nicht alles gönnen, heißt es konzernintern. Ob Leonhard Schitter gemeinsam mit Markus Achleitner diesen Knoten lösen kann?
Werner Steinecker wird sich das alles entspannt aus der Pension ansehen, auch wenn er ursprünglich länger bleiben wollte. „Am 31. Dezember ist Schluss, final cut“, sagt er. „Ich bin mit allem im Reinen.“
Tirol geht den anderen Weg
Ab dann wird Schitter unter Beobachtung stehen, auch durch Bankenaktionäre. Über seinen stark nach außen gerichteten Marketingstil heißt es bei diesen: „Zuvor in Salzburg hat sich die Wirklichkeit auch nicht immer an Schitters Vorhaben gehalten.“ Schitter ist Markus Achleitners Erfindung, starkes Ego inklusive. Letzterer erwartet sich dafür bessere Kooperation – ob Schitter sich in diese Umarmung begibt oder sich emanzipieren wird, bleibt offen. Achleitner sitzt als Aufsichtsratsvorsitzender erste Reihe fußfrei.
Anders die Entwicklung in Tirol. Dort hat der Landeshauptmann diese Woche seinen Rückzug aus dem Aufsichtsrat der Tiwag bekannt gegeben, auf Druck der anderen Parteien, die es für nicht kompatibel halten, dass Landespolitiker in Kontrollorganen sitzen. So weit war Oberösterreich auch schon einmal gewesen.
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Leider, gute und kompetente Persönlichkeiten meiden die Politik, daher müssen wir mit Drittklässlern zurecht kommen.
Der beste Mann der EAG ist gut genug als die Salzburger Nr.1, aber nicht für Oberösterreichs EAG? Ja, so sehen leider politische Entscheidungen aus!
Alles Politdonner, weg mit den Parteibonzen an der Spitzen dieses Konzerns!
Steinegger, der schwächste seiner Zunft, ist mit Allem im Reinen? Mit sich selbst auch?
Der SchwAchleitner sollte sich wieder eine Badehaube kaufen und Schitter gehört mit dem Gehalt unter den LH.
Oje, die Türkisen mischen sich da wieder besseren Wissens ein. Da kann nichts sinnvolles daraus werden!
Das schlimmste daran ist, dass OÖ es nicht schafft, Politiker aus Konzernen rauszubringen!
Das Achleitner Aufsichtsratsvorsitzender der EnergieAG ist und nebenbei noch Landesrat ist, gehört unterbunden!
Ähnliches gilt für den Vorstand und seine CV-Bubi-Karrieristen.