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Mindestsicherung: EuGH entschied gegen das oberösterreichische Modell

Von OÖN   22.November 2018

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat gestern das oberösterreichische Modell der Mindestsicherung gekippt. Konkret kamen die EuGH-Richter zu dem Schluss, dass die Regelung, wonach befristet Asylberechtigten weniger Mindestsicherung zusteht als unbefristet Asylberechtigten und österreichischen Staatsbürgern, gegen EU-Recht verstößt.

Eine von dieser Regelung betroffene afghanische Familie hatte dagegen geklagt. Das Landesverwaltungsgericht leitete den Fall zur Klärung an den EuGH weiter. Rechtsexperten hatten schon bei der Erarbeitung des Gesetzes im Landtag erhebliche Zweifel, ob es vor dem EuGH halten würde. Diese Zweifel wurden nun bestätigt.

Das oberösterreichische Modell galt immer auch als Vorbild für die Bundesregierung, die seit längerem eine bundesweit einheitliche gesetzliche Regelung ankündigt. Kommende Woche soll es so weit sein und das neue Mindestsicherungsgesetz im Ministerrat präsentiert werden. Man werde das EuGH-Urteil über Oberösterreichs Modell berücksichtigen und eine verfassungskonforme Regelung vorlegen, kündigte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FP) an.

Oberösterreichs SPÖ und Grüne, die gegen das nun aufgehobene Gesetz gestimmt haben, sahen sich gestern bestätigt. SP-Sozialländesrätin Birgit Gerstorfer kritisierte, dass die Regelung einen "enormen bürokratischen Aufwand" nach sich gezogen habe. "Der Ungerechtigkeit ist ein Riegel vorgeschoben worden", sagte Gerstorfer.

Für den grünen Sozialsprecher im Landtag, Stefan Kaineder, "stehen ÖVP und FPÖ nun vor den Scherben ihrer Symbolpolitik. Wir hatten im Unterausschuss des Landtags vier Rechtsexperten zu Gast. Alle haben gesagt, dass diese Regel nicht bzw. nur schwer halten wird."

 

Dieses Thema wurde auch in der gestrigen Sendung von OÖN-TV behandelt:

 

"Wider die Vernunft"

Man nehme die Entscheidung des EuGH zur Kenntnis, so die gestrige Reaktion von ÖVP und FPÖ in Oberösterreich. "Wir stehen aber weiter zu unserer Reform und für mehr Arbeitsanreiz und Leistungsgerechtigkeit", sagten in einer gemeinsamen Stellungnahme VP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer und der freiheitliche Landtags-Klubchef Herwig Mahr. Man habe aber zumindest den Anstoß für eine österreichweite Regelung gegeben, die man übernehmen werde, so Hattmannsdorfer.

Viel kritischer fiel die Reaktion von FPÖ-Landeschef LH-Stv. Manfred Haimbuchner aus: Das EuGH-Urteil sei eine "Entscheidung wider die Vernunft". Man sehe daran auch, dass sich die EU in eine falsche Richtung entwickle. Haimbuchner sprach von einer "Sozialdemokratisierung der EU".

Keine Nachforderungen möglich

Das Urteil des EuGH hat rechtlich bindende Konsequenzen. Das Landesverwaltungsgericht hat angekündigt, nach Erhalt des EuGH-Spruchs "zügig" zu entscheiden. Die geringere Mindestsicherung für befristet Asylberechtigte wird aufgehoben. Laut Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SP) sind davon in Oberösterreich aktuell 383 Personen betroffen. Sie müssen nun angeschrieben werden und einen neuen Antrag auf Mindestsicherung stellen. Nachzahlungen wegen der bisher zu niedrigen Mindestsicherung zu fordern, sei rechtlich nicht möglich.

 

Mindestsicherung - Daten und Fakten

Laut Statistik Austria haben im Vorjahr in Österreich 307.853 Personen Mindestsicherung bezogen – um 320 mehr als 2016. Der Großteil der Mindestsicherungs-Bezieher – 63 Prozent – lebt in Wien.

In Oberösterreich gibt es aktuell laut Sozialressort des Landes insgesamt 12.914 Mindestsicherungs-Bezieher. Seit Juli 2016 gelten in Oberösterreich neue Regeln für die Mindestsicherung: Befristet Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte (müssen jährlich um Verlängerung ihres Aufenthalts ansuchen) erhalten nur noch 560 Euro netto pro Monat (365 Euro für Verpflegung und Wohnen, 155 Euro Integrationsbonus, 40 Euro Taschengeld). Rund 590 Personen sind von diesen Kürzungen betroffen – davon laut Soziallandesrätin Gerstorfer 383 befristet Asylberechtigte. Die normale Mindestsicherung liegt für Einzelpersonen bei 921,30 Euro. Seit 2017 gibt es eine Deckelung für Haushalte von 1512 Euro monatlich.

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19. April 2024