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Forsterleitner überrascht mit Rücktritt: "Berufspolitiker war nie mein Lebensziel"

Von Von Reinhold Gruber   07.Juli 2017

Die Nachricht kam heute Nachmittag so überraschend wie unerwartet: Christian Forsterleitner, SP-Vizebürgermeister und Finanzreferent der Stadt Linz, zieht sich aus der Politik zurück.

Mit der nächsten Gemeinderatssitzung am 21. September beendet der 40-Jährige seine Politiker-Laufbahn fast auf den Tag genau vier Jahre nachdem er vom damaligen Bürgermeister Franz Dobusch als Nachfolger für den in der Swap-Affäre angeschlagenen Finanz-Stadtrat Johann Mayr in die Stadtregierung geholt wurde. Forsterleitner will wieder in die Privatwirtschaft zurück. Ein konkretes Jobangebot will er noch nicht haben, wie er im Gespräch mit den OÖNachrichten sagte.

Seit Montag dieser Woche weiß Bürgermeister Klaus Luger (SP) von der "sehr persönlichen Entscheidung" eines seiner engsten Vertrauten. "Mir tut es sehr leid, dass er die Politik verlässt, aber ich kann seine Argumentation verstehen und respektiere seine Entscheidung. Er will halt nicht mehr."

Was Forsterleitner mit "persönlicher Lebensplanung" begründet, hat auch mit seiner Familie zu tun. "Das Politikerleben ist familienfeindlich", sagt der Vater von zwei kleinen Kindern. Dazu kommt, dass sich Forsterleitner nicht zum "lebenslangen Berufspolitiker berufen" fühlt. Er habe auch nie ein Hehl daraus gemacht, dass dies nicht sein Lebensziel sei. Seine Entscheidung habe er schon länger für sich gefällt, ohne darüber zu reden. Entschieden hat er es letztlich zusammen mit seiner Frau, wie er den OÖN sagte.

Dass er nun, nach "nur" vier Jahren in der Stadtregierung schon wieder von der Polit-Bühne abtritt, habe auch damit zu tun, dass er mit dem Beschluss der Linz Holding Ende Juni einen "zentralen Baustein" seiner Arbeit als Finanzreferent der Stadt als erledigt betrachten konnte. "Das war für mich ein guter und passender Zeitpunkt, um in aller Freundschaft und ohne Groll die Politik zu verlassen." Aus Loyalität zu seiner Partei tue er dies jetzt und nicht ein, zwei Jahre vor der nächsten Wahl. "Ich werde weiterhin ein Sozialdemokrat bleiben und mich ehrenamtlich engagieren", so Forsterleitner, der Vorsitzender des Bundes Sozialdemokratischer Akademiker in Oberösterreich ist.

Wohin es ihn nach dem 21. September ziehen wird, wollte er noch nicht sagen. Vor seiner kurzen Politiker-Laufbahn war der 40-Jährige als kaufmännischer Produktionsleiter beim Linzer Kunststoffrohr-Produzenten Ke Kelit beschäftigt.

Hörzing wird Vizebürgermeisterin, Fechter Stadträtin

Im SP-Fraktionsvorstand, den Forsterleitner gestern von seiner Entscheidung in Kenntnis setzte, wurde auch seine Nachfolge geregelt. In die Funktion als Vizebürgermeisterin rückt Sozialstadträtin Karin Hörzing nach. Als neue Stadträtin wurde Regina Fechter (Bild) einstimmig designiert. Die 1957 geborene Direktorin der Polytechnischen Schule Urfahr ist seit 2000 SP-Gemeinderätin in Linz. Diese Rochade soll am Montag in Sitzungen der SP-Gemeinderatsfraktion und des SPÖ-Bezirksparteivorstandes erfolgten. Für Fechter sprach laut Luger ihre langjährige kommunalpolitische Erfahrung.

Regina Fechter  

Naheliegender wäre Fraktionsobmann Stefan Giegler gewesen, der seinen Sitz im Stadtrat durch die Wahlniederlage 2015 verloren hat. Dies stellte auch Luger nicht in Abrede, aber Giegler ist in der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich voll engagiert und will sich dieser Arbeit widmen.

Wer die Aufgabenbereiche von Forsterleitner in der Stadtregierung übernehmen wird, ist derzeit noch völlig offen. Bis 20. September wird Forsterleitner noch weiter arbeiten, das Budget 2018 vorbereiten. Eine mögliche Denkvariante ist, dass Luger selbst einen Teil der Agenden übernimmt. "Das ist durchaus vorstellbar", sagte der Bürgermeister, wollte aber den dafür notwendigen Gesprächen und Verhandlungen nicht vorgreifen. Dafür habe man noch Zeit.

Für die Linzer SPÖ ist der Abgang von Forsterleitner jedenfalls ein herber Verlust.  Er ist 16 Jahre jünger als Luger, galt als große Zukunftshoffnung und Vertreter eines neuen Politiker-Typs. Doch der 40-Jährige hat eben ein anderes Lebensziel, als Politiker zu sein. Dass die zuletzt wiederholt geäußerte Kritik den Finanzreferenten auch persönlich geärgert hat (Stichwort Budget, Schulden, GWG-Verkauf, Verkauf der Linz AG an die stadteigene Holding usw.) und dies seine Entscheidung beeinflusst habe, wurde heute sowohl von Forsterleitner als auch von Luger verneint.

 

Reaktionen auf den Rücktritt

Detlef Wimmer (FPÖ): "Trotz teils stark unterschiedlicher weltanschaulicher Ansichten konnten wir mit SPÖ-Vizebürgermeister Christian Forsterleitner sachlich gut zusammenarbeiten. Sein angekündigter Rücktritt ist zu respektieren und für sein Vertrauen danke ich. Wir sind die ersten Schritte auf einem langen Weg gegangen. Die persönliche Entscheidung Forsterleitners mit der Zusage, für eine geordnete Übergabe zu sorgen, ermöglichen uns hoffentlich eine Fortsetzung dieses Weges. Zu tun gibt es noch genug."

 

Eva Schobesberger, Stadträtin der Grünen Linz: "Mit Christian Forsterleitner verlässt ein stabiler und verlässlicher Faktor die Linzer Stadtregierung. Persönlich bedauere ich das sehr, kann seine Entscheidung zu einem gewissen Grad aber verstehen"

 

Lorenz Potocnik: "Ich bedaure seinen Rückzug persönlich. Mit Forsterleitner geht auch die Hoffnung einer jüngeren,  aufgeschlosseneren Generation in der Linzer SPÖ, die weniger machtpolitisch und mehr kooperativ agiert. Forsterleitner war auch der einzige, der offensichtlich Klaus Luger ein Gegengewicht bieten konnte." 

 

Forsterleitners Polit-Laufbahn

Der studierte Betriebswirtschaft kommt aus einer Unternehmerfamilie (Transporte Forsterleitner in Traun) und war von 1998 bis 2000 Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Linz und von 2001 bis 2002 Vorsitzender der Initiative Kritischer StudentInnen. Seit 6. November 2003 ist Forsterleitner Mitglied des Linzer Gemeinderates. Nach Jahren als Geschäftsführer der SPÖ Oberösterreich (2003 bis 2010) ging er in die Privatwirtschaft.

Bei Transdanubia (2010 bis 2011) und Ke Kelit (2011 bis 2013) tat er das, was ihm auch jetzt wieder lieber ist als die Politik. Doch im Juli 2013 holte ihn Bürgermeister Dobusch als Stadtrat in die Regierung, wo er nach der Wahl 2015 zum Vizebürgermeister aufstieg. Am 21. September 2017 wird er (politisch) den Hut nehmen. Weil er es so will.

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