Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

"Das führt zu einer sozialen Barriere"

Von Wolfgang Braun, 25. Jänner 2018, 00:04 Uhr
"Das führt zu einer sozialen Barriere"
Meinhard Lukas zu Studiengebühren: "Eine unbefriedigende Situation" Bild: VOLKER WEIHBOLD

LINZ. JKU-Rektor Meinhard Lukas über Studiengebühren und die private Medizin-Uni in Wels.

Meinhard Lukas, Rektor der Linzer Johannes Kepler Universität, kritisiert, dass die Regierung die Befreiung von Studiengebühren für berufstätige Studenten undifferenziert auslaufen lässt.

 

OÖNachrichten: Die Johannes Kepler Universität (JKU) hat diese Woche Aufsehen erregt, weil sie keine Studiengebühren für berufstätige Studenten einführen will, obwohl dies nun möglich wäre. Warum diese Haltung?

Meinhard Lukas: Wir sind die Universität mit dem höchsten Anteil an berufstätigen Studierenden und haben für diese Gruppe immer eine besondere Verantwortung gespürt. Dass für Berufstätige nun die Befreiung von der Studiengebühr auslaufen soll, ohne zu differenzieren, wie aktiv die Betroffenen studieren oder über welches Einkommen sie verfügen, führt zu einer völlig unbefriedigenden Situation und zu einer sozialen Barriere, die man keinesfalls wollen kann. Abgesehen davon sind häufig die besonders gefragten Technikstudenten berufstätig. Hier sind Studiengebühren doppelt kontraproduktiv.

Wie schaut denn der typische berufstätige Student aus?

Menschen, die nach einigen Jahren im Beruf aus Wissensdurst oder aus Karrieregründen neben dem Job ein Studium beginnen, sind nicht die Regel. Die meisten arbeiten, um sich so das Studium leisten zu können, zum Teil in prekären Beschäftigungsverhältnissen, mit einem Jahresgehalt von 10.000 bis 15.000 Euro. Das ist mit Abstand die größte Gruppe unter den berufstätigen Studenten. Da spielen dann ein paar hundert Euro Gebühren eine entscheidende Rolle. Studiengebühren sind für diese Gruppe ein völlig falsches Signal. Daher wollen wir für Berufstätige, die erfolgreich studieren und sozial nicht gutgestellt sind, ein Konzept ausarbeiten, damit diese von der Studiengebühr befreit bleiben. Das wurde einstimmig im Uni-Senat beschlossen und hat die volle Unterstützung des Rektorats.

Sind Sie generell gegen Studiengebühren?

Man kann darüber diskutieren, weil sie den Studenten signalisieren, dass ein Studium etwas wert ist. Allerdings müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: Die Gebühren müssen moderat sein, und es muss ein solides Stipendiensystem geben. Letzteres haben wir derzeit nicht, weil nicht gesichert ist, dass jeder, der ein Stipendium braucht, auch tatsächlich eines bekommt.

Von der neuen Bundesregierung kommen Signale, dass es wieder Studiengebühren geben soll.

Das stimmt, aber ohne dass das an eine Neuregelung des Stipendiensystems geknüpft wäre. Solange das so ist, lehnen wir und viele andere Universitäten Studiengebühren kategorisch ab.

Haben Sie den Eindruck, dass Wissenschaft und Forschung bei der neuen Regierung hohen Stellenwert genießen?

Da ist sicher noch Luft nach oben.

In Oberösterreich will sich in Wels eine private Medizin-Uni etablieren. Welche Auswirkungen kann das für die Med-Fakultät der JKU haben?

Man muss unterscheiden: Für die staatlichen Universitäten spielen Privat-Unis keine Rolle, sie unterliegen ganz anderen Regeln und Ressourcen, das Ideal von einer forschungsgeleiteten Lehre können sie kaum realisieren. Aber aus der Perspektive der Studierenden entsteht der Eindruck, dass das Studium bald zu einer Frage der sozialen Stellung wird. In der Medizin ist das besonders virulent. Es gibt zwei Wege zum Studium: Weg eins führt über ein hochselektives Aufnahmeverfahren, das es 10 bis 15 Prozent der Bewerber ermöglicht, das Studium zu beginnen – während wir gleichzeitig hochqualifizierte junge Menschen abweisen müssen. Und dann gibt es Weg zwei für die, die sich sechsstellige Beträge für eine Privat-Uni leisten können. Das hat schon bildungspolitische Brisanz, mit der sich eine Bundesregierung auseinandersetzen müsste.

Sehen Sie, dass man dort schon Verständnis für dieses Problem hat?

Das sehe ich derzeit nicht.

Wie stehen Sie insgesamt zur neuen Regierung?

Es ist ein deutlicher Richtungswechsel, der demokratisch legitimiert ist. Wichtiger ist die Frage, wie viel Substanz hinter den Ankündigungen steckt. Die Bereinigung des Rechtsbestands um Gesetze, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht mehr angewendet wurden, ist kein großer Reformschritt und birgt eher Gefahren.

Wie geht es der Med-Fakultät an der JKU? Immer wieder heißt es, Sie hätten Probleme, die Professuren zu besetzen?

Die Med-Fakultät entwickelt sich sehr gut, auch das Feedback der Studenten ist ausgezeichnet. Alle medizinischen Universitäten müssen aber erhebliche Anstrengungen unternehmen, um Lehrstühle mit bestmöglichen Kandidaten zu besetzen. Die Kollegen gehen den gleichen Weg wie wir in Linz: Lieber eine Professur ein zweites Mal ausschreiben, als sich mit Mittelmaß zufriedenzugeben. Bei uns laufen derzeit die Verhandlungen für die Professuren für Orthopädie und Kinderheilkunde mit exzellenten Bewerbern. Auch im Fach Onkologie ist die Situation ähnlich, da sind die Bewerber so gut, dass es eine richtig schwere Entscheidung wird.

 

Studiengebühren

Derzeit sind alle Uni-Studenten aus Österreich bzw. der EU innerhalb der Mindeststudienzeit plus zwei Semestern von der Studiengebühr befreit.

Berufstätige Studenten waren bisher über diese Frist hinaus befreit, diese Regel wurde allerdings vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) wegen Gleichheitswidrigkeit aufgehoben. Der VfGH setzte bis Juni eine Frist, um den Passus zu reparieren. Die Regierung will ihn aber auslaufen lassen – damit endet die Gebührenbefreiung für Berufstätige.

mehr aus Landespolitik

Schon 102 Abgangsgemeinden in Oberösterreich

Naturschutzgesetz: Landes-Umweltanwalt warnt vor "irreversiblen Schäden"

NR-Wahl: Holzleitner wird oberösterreichische SPÖ-Spitzenkandidatin

Oberösterreichs Naturschutzgesetz: Gericht sieht Teile als verfassungswidrig

Interessieren Sie sich für diesen Ort?

Fügen Sie Orte zu Ihrer Merkliste hinzu und bleiben Sie auf dem Laufenden.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

10  Kommentare
10  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Sandkistenschreck (6.580 Kommentare)
am 26.01.2018 22:11

Glasklar und messerscharf argumentiert.
Ganz schön bitter der Vergleich mit dieser unfähigen Blablaquatschiregierung, die nur eine Politik der Gefühle betreibt!

lädt ...
melden
antworten
Almroserl (7.529 Kommentare)
am 25.01.2018 23:17

Wie viel Substanz hinter den Ankündigungen steckt, so schauts aus mit dem Vertrauen in die regierenden Ankündigungsspezialisten, haha.

Gute Reaktion, Herr Rektor.

lädt ...
melden
antworten
jago (57.723 Kommentare)
am 25.01.2018 11:38

Wo er recht hat, hat er recht - allerdings gibt es doch eh die Alternative für die strebsamen Medizinstudenten im staatseigenen Studienweg.

Wer hindert die Staatsuni dran, zu expandieren und die private zu erwürgen?

lädt ...
melden
antworten
FreundlicherHinweis (15.581 Kommentare)
am 25.01.2018 11:09

Da überrascht mich der Herr Rektor jetzt echt. Was soziale Kompetenz und den Umgang mit Untergebenen und Studenten betrifft, hat er ja nicht den tollsten Ruf. Aber er ist zweifellos ein Macher, der die JKU voranbringen will. Schön, dass sich das doch nicht nur auf Prestigeprojekte und bauliche Verbesserungen beschränkt.

lädt ...
melden
antworten
Libertine (5.369 Kommentare)
am 25.01.2018 07:50

Also ich könnte mir einen Art "Studienscheck" ganz gut vorstellen. Welcher nicht bei den Eltern des Studenten eingelöst wird, sondern beim Studierenden selbst, wenn er dann ins Erwerbsleben tritt. Auch fällig bei Studienabbrechern, oder Personen welche ins Ausland gehen, mit einer in Österreich finanzierten Ausbildung.
Die Umsetzung ist sicher nicht einfach, aber an denken kann man sie mal. Bevor jetzt wieder der große Aufschrei losgeht, ich hatte selbst zwei Studenten zu finanzieren und musste für ein Auslandsstudienjahr(2000 in den USA) eine Bankgarantie hinterlegen, dass mein Kind über $ 1000,- verfügen kann.

lädt ...
melden
antworten
jago (57.723 Kommentare)
am 25.01.2018 11:42

Der Kirchturm in Sichtweite grinsen

lädt ...
melden
antworten
Ohrwaschlkaktus (147 Kommentare)
am 26.01.2018 22:02

Ist das jetzt ein Scherzkommentar? Den Eindruck gewinne ich schon. 1.000$ (pro Monat?), das muss ja eh jeder Student monatlich zur Verfügung haben, wie soll er denn sonst seinen Unterhalt bestreiten??

Was die soziale Lage und die Wirkung von Studiengebühren auf Studenten heute betrifft, sollten Sie einfach aufmerksam die vom Rektor gut strukturiert geschilderten Fakten erfassen und durchdenken, statt hier ihre "Kommentare von der Stange" abzulassen.

Der Rektor ist so wie früher der bürgerlichen Mitte zuzuordnen - sein Kommentar zeigt deutlich, wie weit die österreichische Politik schon nach rechts in neoliberal-reflexartige (und damit rational nicht nachvollziehbare und potentiell kontraproduktive) Sparzwänge abgerutscht ist!

lädt ...
melden
antworten
gegenstrom (16.154 Kommentare)
am 25.01.2018 06:51

"zu einer sozialen Barriere, die man keinesfalls wollen kann. "

Aber die Regierung will diese Barriere - studieren sollen nur jene, die sichs auch leisten können! Wo kommen wir dahin, wenn jeder Hackler seine Kinder auch studieren lassen möchte!
Vielleicht macht jetzt der Kurz auch sein Studium fertig?

lädt ...
melden
antworten
Ohrwaschlkaktus (147 Kommentare)
am 26.01.2018 22:07

Braucht er doch gar nicht. Er hindert einfach die Konkurrenz am Fertigwerden oder überhaupt Beginnen!

Klassischer rechter Egoismus und Fremd-Deskruktivität - so kennt man diese Leute doch.

Ob Ausländer, Arbeitslose, Studenten - sie sollen nichts kriegen und nichts werden, denn auch die Versager kriegen nichts zusammen und werden nichts, außer populistische Maulhelden.

lädt ...
melden
antworten
ghostreader (962 Kommentare)
am 25.01.2018 04:54

Das sind klare Worte eines Experten - der Mann weiß, wovon er spricht.

Möge er Gehör finden.

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen