Deutschland beschloss den Atom-Ausstieg bis 2021, die Schweiz will bis 2032 ihre Meiler stilllegen, ein Referendum in Italien vor einer Woche ergab ein Nein zur Kernkraft: Infolge der Reaktorkatastrophe in Fukushima waren die Chancen der Atomgegner auf ein Umdenken in Europa nie so groß wie jetzt. Doch die oberösterreichische Anti-Atom-Bewegung wirkt gegenüber den ersten Jahren des Widerstands gegen die Inbetriebnahme des tschechischen AKW Temelin ausgelaugt und teilweise zerstritten.
Dabei ist die Unterstützung der Vereine eine wesentliche Säule der – von allen Parteien befürworteten – Anti-Atom-Politik des Landes Oberösterreich, mit einem finanziellen Engagement von bis zu einer halben Million Euro pro Jahr. Gesicherte Zahlen erhob der Landesrechnungshof (LRH) für die Zeit von Juli 2006 bis Dezember 2008: rund eine Million Euro. Ähnlich die Aufwendungen danach: 400.000 Euro Förderung 2009, 450.000 Euro 2010.
Für dieses Jahr hat die Landesregierung im „Maßnahmenpaket 20“ bisher 360.000 Euro an „Projektförderungen“ beschlossen – in etwa gleich aufgeteilt auf bisher zwei oberösterreichische (Anti-Atom-Komitee und Antiatom-Szene) und fünf tschechische Vereine. Rund 60.000 Euro sind „Reserve für gemeinsame Projekte“.
Politische Animositäten
Das ist eine Reaktion auf den kritischen LRH-Bericht von 2010. Statt allgemeiner Vereins- solle es nur noch konkrete Projektförderungen geben, Zuwendungen an „ausgeschiedene“ Vereine sollten nicht mehr anderweitig verteilt und insgesamt ein „Förderdeckel“ eingezogen werden. Was durch neue Beschlüsse erfüllt wurde, so die Aussage der Folgeprüfung vom Juni dieses Jahres. Ein Kernpunkt der Kritik von 2010 allerdings war – und gerade daran hat sich wenig geändert – „teilweise wenig Bereitschaft für Kooperation und die Nutzung von möglichen Synergien“ (LRH-Zitat, 2010). Untereinander sind sich vor allem die Vereine „atomstopp“ und „Antiatom-Szene“ nicht grün.
Inhaltliche Differenzen sind dabei nur ein Teil (so initiierte „atomstopp“ das Euratom-Volksbegehren, das von der „Antiatom-Szene“ abgelehnt wurde) – es geht um grundsätzliche, politisch motivierte Aversionen. Und während sich der kleine Freistädter Verein „Mütter gegen Atomgefahren“ eng an „atomstopp“ bindet, versucht sich das Mühlviertler „Anti-Atom-Komitee“ – das über gute landespolitische Vernetzung verfügt – so gut es geht aus dem Streit herauszuhalten.
Die Ablöse des früheren Anti-Atom-Beauftragten Radko Pavlovec goss noch zusätzlich Öl ins Feuer. Dessen Nachfolger, Dalibor Strasky, hat auch die Aufgabe, die Vereine wieder zu „einen“. Die Rute stellt ihnen jedenfalls ein neuer Regierungsbeschluss ins Fenster: Beteiligen sie sich nicht am „Mediationsprozess“, droht Förderstopp.