Wer bis morgen SP-Mitglied wird, darf über den Parteivorsitz mitbestimmen

WIEN. Nennschluss für die Mitgliederbefragung ist Freitag, der Sonderparteitag ist am 3. Juni.
Wer erwartet hatte, dass das SP-Präsidium Ordnung in das rote Chaos bringt, wurde enttäuscht. Am kommenden Montag sollen bereits wieder das SP-Präsidium und der SP-Vorstand tagen, um offene Details abzuklären. Bis dahin soll feststehen, wie viele Kandidaten es tatsächlich geben wird, wie viele Mitglieder abstimmen können und wie die Hearings ablaufen werden.
Zumindest der Fahrplan wurde vereinbart: Am Tag nach der Salzburg-Wahl, am 24. April, beginnt die Mitgliederbefragung. Die erste Frage wird sein, ob Pamela Rendi-Wagner SP-Vorsitzende bleiben und bei der nächsten Wahl als Spitzenkandidatin antreten soll. Dann werden die anderen Kandidaten für den SP-Vorsitz abgefragt. Dabei will man hierarchisch nach der Funktion vorgehen: Hans-Peter Doskozil soll als Landeshauptmann hinter Rendi-Wagner stehen. Bisher hat der stellvertretende Bezirksparteivorsitzende der SPÖ Alsergrund, Niki Kowall, seine Kandidatur bekannt gegeben. Es sollen noch zwei weitere Männer – einer aus dem Burgenland, einer aus Niederösterreich – in der SP-Zentrale ihre Bewerbung um den Vorsitz angemeldet haben.
Der Nennschluss für weitere Kandidaturen wurde mit diesem Freitag knapp gewählt. Es kann sich jeder, der SP-Mitglied ist und eine Funktion hat, um den Vorsitz bewerben. Zudem wurde der Stichtag, um als Mitglied mitzubestimmen, überraschend auf den 24. März gelegt. Damit können auch neue SP-Mitglieder mitentscheiden. Um etwa als SP-Mitglied eine Mitgliederbefragung zu initiieren, muss man laut Statut ein Jahr dabei sein.
Aktuell zählt die SPÖ 140.000 Mitglieder. Für die Befragung bleibt abzuwarten, wie viele Neo-Mitglieder sich bis morgen melden. Sie sollen elektronisch oder per Brief abstimmen können.
Das Ergebnis der Befragung soll am 10. Mai vorliegen. In einer Demokratie würden Mehrheiten entscheiden, und die hätten immer recht, sagte Rendi-Wagner. Das Ergebnis der Mitgliederbefragung sei für sie persönlich bindend, sagte sie. "Wer als Stärkster hervorgeht, das gilt." Eigentlich wäre bei einem Ergebnis, bei dem kein Kandidat mehr als 50 Prozent erzielt, eine Stichwahl nötig.
Freilich ist mit der Mitgliederbefragung ohnehin nicht endgültig gelöst, wer beim Sonderparteitag am 3. Juni antritt. Denn laut Statut sind auch dort weitere Kandidaturen möglich. Da könnte sich dann etwa noch Ex-Kanzler Christian Kern melden.
Geklärt ist, wer der Wahlkommission, die das Ergebnis der Befragung auswertet, vorstehen soll: Es bleibt beim Wiener SP-Urgestein Harry Kopietz. Die burgenländische SPÖ hatte gegen ihn Bedenken, doch da er am letzten Parteitag gewählt wurde, kann er nicht einfach ersetzt werden. Die Arbeit der Kommission wird ein Notar begleiten.
Die Bundesgeschäftsführung ist für die organisatorische Abwicklung zuständig. Am Montag soll noch geklärt werden, wie die Hearings der Kandidaten ablaufen werden.
Obwohl alle Beschlüsse einstimmig erfolgten, wirkte Doskozil bei seinem Abgang unrund. Er sei nicht zu 100 Prozent mit dem Starttermin der Befragung einverstanden. Er müsse das Ganze nun einmal sacken lassen, sagte er.

Ein „roter Ökonom“ brachte den Stein ins Rollen
Mit seiner Ankündigung, gegen Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil anzutreten, hat Nikolaus Kowall die oben geschilderte Diskussion um die Regeln für basisdemokratische Mitbestimmung in der SPÖ befeuert. An sich hat Kowall damit auch den Nerv vieler Funktionäre getroffen, die sich im Hickhack der beiden Hauptakteure nach einem Alternativkandidaten gesehnt haben. Der 40-jährige promovierte Volkswirt ist für die meisten SP-Mitglieder aber eine unbekannte Größe. Ein maßgebliches Amt innerhalb der SPÖ hat er bis heute nicht bekleidet. Regionale Bekanntheit als linker Querdenker erlangte Kowall in Wien als Sprecher der „Sektion 8“. Mit der Funktion als SP-Bezirksvizevorsitzender in Alsergrund ist Kowall nun berechtigt, als Kandidat bei der Mitgliederbefragung anzutreten.
Zwei weitere – ebenfalls weniger bekannte – Bewerber sollen dem Beispiel bereits gefolgt sein. Die SP-Spitze hat bisher nur verraten, dass es sich um zwei Männer, einer aus dem Burgenland, der andere aus Niederösterreich, handle. Die endgültige Zahl der Kandidaten wird mit dem Stichtag am Freitag feststehen.
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