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Wenn der Chefankläger zum Angeklagten wird: Prozess vertagt

Von nachrichten.at/apa, 01. Juli 2022, 16:47 Uhr
Oberstaatsanwalt Johann Fuchs Bild: EXPA/ERICH SPIESS (APA/EXPA/ERICH SPIESS)

INNSBRUCK. Der Prozess gegen den Leiter der Wiener Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Johann Fuchs hat am Freitag am Innsbrucker Landesgericht vertagt worden. Ihm wird Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage vor dem U-Ausschuss vorgeworfen.

Der suspendierte Sektionsleiter Christian Pilnacek ließ sich als Zeuge entschuldigen, die nächste Verhandlung wurde für den 10. August angesetzt. Fuchs musste sich wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss verantworten. Er bekannte sich nicht schuldig.

Fuchs soll im Dezember 2020 Aktenteile über eine Anzeige gegen eine "Presse"-Redakteurin an Pilnacek weitergegeben haben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hatte nämlich eine Anzeige gegen die Journalistin aufgrund eines von ihr verfassten, kritischen Artikels zur Behörde vorbereitet. Fuchs bekannte sich nicht schuldig und bestritt die Weitergabe. Aber selbst wenn er es getan hätte, "hätte ich auch kein Problem hier zu sagen, dass ich ihm die Dokumente geschickt habe, weil ich der Meinung bin, dass ich das dürfen hätte", hielt er fest.

"Versucht, den Schaden gering zu halten"

Für Fuchs stellte die Anzeige einen "Angriff der Staatsanwaltschaft auf eine wesentliche Säule der Demokratie" dar, die er in seiner beruflichen Laufbahn so nie erlebt habe. Er habe versucht, "den Schaden so gering wie möglich zu halten", denn ein "Super-Gau" habe gedroht. Pilnacek sei für ihn ein geeigneter Ansprechpartner gewesen, durch die Konsultation seien auch keine "schutzwürdigen und privaten Interessen" verletzt worden, war der Leiter der Wiener Oberstaatsanwaltschaft überzeugt.

Im Ibiza-Untersuchungsausschuss im März 2021 hatte er vor den Abgeordneten des Parlaments ausgesagt, sich nicht erinnern zu können, Aktenteile an Pilnacek weitergegeben zu haben. Dies sei eine "Einschätzung meiner Erinnerung", gab der Jurist nunmehr vor Gericht zu Protokoll. Er könne darin keine strafbare Handlung erkennen. Außerdem habe er versucht, seine Aussage so zu gestalten, um keine weitere Angriffsflächen zu bieten. Fuchs führte an, dass er damals unter "erheblichen Druck" gestanden habe, da sich die Befragung im U-Ausschuss direkt gegen seine Person gerichtet habe. Schließlich wurden im Ibiza-Verfahren von der OStA Entscheidungen getroffen, die von der WKStA und politischen Parteien öffentlich heftig kritisiert worden waren. Er fühle sich aber nur dem Rechtsstaat verpflichtet, hielt der Angeklagte fest.

"Ein besonderes Verfahren" für den Staatsanwalt

Für den Staatsanwalt war dies ein "besonderes Verfahren", "weil es nicht alle Tage vorkommt, dass sich ein leitender Oberstaatsanwalt auf der Anklagebank wiederfindet". Anhand einer zeitlichen Rekonstruktion des Tages, an dem die Anzeige der WKStA bei der OStA landete, war für den öffentlichen Ankläger klar, dass nur Fuchs seinem Vertrauten Pilnacek die Aktenteile weitergegeben habe könne. Pilnacek sei aber nicht mehr für die Causa zuständig gewesen, er habe ihm die Unterlagen nicht geben dürfen, war der öffentliche Ankläger überzeugt.

Dass Pilnacek, wie Fuchs berichtete, bereits bei ihrem Gespräch über die Anzeige gegen die Redakteurin informiert gewesen war, fand der Angeklagte wenig überraschend: "Er war immer gut informiert". Die Richterin zeigte sich darüber einigermaßen bestürzt: "Verstehe ich Sie da richtig, dass es öfter vorkommt, dass aus einem konkreten Ermittlungsverfahren Informationen nach außen dringen?". Sie würde das schon sehr "stutzig" machen, meinte die Vorsitzende.

Nächtliche Suchanfragen zu Datenlöschung

Nachdem Fuchs im Untersuchungsausschuss ausgesagt hatte, wurde ihm einige Tage später das Handy abgenommen und beschlagnahmt. Dabei wurde ersichtlich, dass er sich kurz davor - "teilweise um vier Uhr früh", wie die Richterin berichtete - über Datenlöschung informiert hatte. Fuchs erklärte, dass er ein "technikaffiner Mensch" sei, es habe ihn nur interessiert - im Besonderen das Thema Wiederherstellung. Zudem sei über all dies, nach den veröffentlichten Chats von Thomas Schmid, viel in der Öffentlichkeit gesprochen worden.

Ebenfalls thematisiert wurde vor Gericht der Tag bzw. das Wochenende, an dem das Ibiza-Video veröffentlicht worden war und das Verhältnis zwischen OStA und WKStA. Letzteres sei nicht das Beste gewesen. Pilnacek hatte Fuchs via E-Mail gebeten, ihn dabei zu unterstützen, dass die WKStA "nicht vorprescht". Laut Fuchs sei es nur darum gegangen, wer die Kommunikation nach außen wahrnehme, damit nicht der Eindruck entstehe, "wie die aufgeschreckten Hendln" zu reagieren.

Die Anzeige gegen die Redakteurin wurde schließlich mangels Anfangsverdachts nicht weiter verfolgt. Im Falle einer Verurteilung drohen Fuchs bis zu drei Jahre Haft. Pilnacek wurde in derselben Causa bereits nicht rechtskräftig in Wien freigesprochen. Der suspendierte Sektionschef ließ sich am Freitag laut Richterin "berechtigt entschuldigen".

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21  Kommentare
21  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
jetztreichtsameise (8.121 Kommentare)
am 01.07.2022 14:49

Bitte korrigieren:

„ Er fühle sich aber nur dem ÖVP Rechtsstaat verpflichtet, hielt der Angeklagte fest.

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transalp (10.022 Kommentare)
am 01.07.2022 12:29

Was für ein Sumpf.
Ein tiefer, stinkender Tümpel...
😡

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soling (7.432 Kommentare)
am 01.07.2022 16:55

Was sagt uns das - die ÖVP muss sich einfach auflösen !!

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jetztreichtsameise (8.121 Kommentare)
am 01.07.2022 21:41

Hat sich die Mafia eigentlich jemals aufgelöst? Eben.

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rmach (14.916 Kommentare)
am 01.07.2022 11:55

"Dies ist eine Einschätzung seiner Erinnerung. " Wenn das so funktioniert, dann kann ich die Liste der "WIE REDET MAN SICH RAUS, UM IN ÖSTERREICH STRAFFREEI ZU BLEIBEN?" wieder ein wenig verlängern.
Da lernst nie aus, oder?

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kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 01.07.2022 18:34

Jaja die stetige Schuldvermutung --- man ist es ja schon fast gewohnt.

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pprader (1.661 Kommentare)
am 01.07.2022 11:46

Er fühle sich aber nur dem Rechtsstaat verpflichtet, hielt der Angeklagte fest.

Kann sich aber an nichts mehr erinnern.

Das Blümlsyndrom ist anscheinend ansteckend

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SePatzian (1.899 Kommentare)
am 01.07.2022 12:34

Was baffen Zuschauern regelmäßig zugemutet wird ist schon eine Blümel-Pandemie.

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Alfred_E_Neumann (7.054 Kommentare)
am 01.07.2022 11:19

Der eigentliche Skandal geht leider unter: die WKStA hat eine Anzeige gegen eine Journalistin aufgrund eines kritischen Artikels zur Behörde verfasst!

Das hatte Methode, man schaffte sich viele ideologische Feinde aus dem Weg bis hin zum Kanzler, der Rechtschutzbeauftragten der Justiz, und viele mehr, die Liste ist sehr lang!

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RayVaughan (873 Kommentare)
am 01.07.2022 11:29

Der Suppenheld bedient wieder einmal die schwürkise Meme von den "roten Netzwerken in der Justiz":

https://www.justiz.gv.at/wksta/wirtschafts-und-korruptionsstaatsanwaltschaft/medienstelle/pressemitteilungen/stellungnahme-der-wksta-anlaesslich-der-aktuellen-berichterstattung-zu-einer-anzeige-gegen-eine-journalistin-der-tageszeitung-die-presse-.a21.de.html

https://www.derstandard.at/story/2000131625586/wie-die-justiz-kurz-in-bedraengnis-brachte

https://www.srf.ch/news/international/halbes-jahr-danach-frisierte-wahlumfragen-der-aera-kurz-sind-nicht-vom-tisch

Nächste Stufe: "Silberstein, einseinself!!!!!"?

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netmitmir (12.413 Kommentare)
am 01.07.2022 11:40

Sorry Sie haben aber genau nix verstanden ?

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vonWolkenstein (5.562 Kommentare)
am 01.07.2022 12:01

Nicht zum ersten Mal.

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rmach (14.916 Kommentare)
am 01.07.2022 12:19

Ray hat genau verstanden, wie Österreich zu seinem Platz in im Korruptionsranking kam.
Jetzt braucht diese Methodenlehre nur durch Gerichte, von der Stufe der Legitimität (öst. Bauchtum), in die Stufe der Legalität erhöht werden.

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kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 01.07.2022 18:30

Die WKSTA will den Fuchs loswerden, weil der nicht in deren inneren politischen Club passt.

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SePatzian (1.899 Kommentare)
am 01.07.2022 12:53

"... Eine Kontaktaufnahme seitens „Die Presse“ ist vor Veröffentlichung des Artikels
bedauerlicherweise unterblieben, sodass die WKStA keine Möglichkeit hatte, zu den darin aufgestellten Behauptungen Stellung zu nehmen und diese richtigzustellen ..."

So funktioniert halt journalistiges Spiel um zweifellos seriöser Berichterstattung annehmbar gewünschten Spin zu geben. Gleichzeitig startete man hier vor wenigen Tagen einen Weckruf und wunderte sich über allgemein zunehmendes Desinteresse an Berichterstattung.

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SePatzian (1.899 Kommentare)
am 01.07.2022 12:54

Korrektur: Der Weckruf war in der Presse.

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CedricEroll (10.828 Kommentare)
am 01.07.2022 11:38

"ideologische Feinde" Die "Presse"? Ha-Ha!

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kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 01.07.2022 18:39

Eigentlich müsst ja die WKSTA gegen die Pressejournalistin klagen, weil die hat ja was geschrieben, was der WKSTA angeblich nicht gefallen hat.
Bei uns gibts aber Pressefreiheit.
Und nun hat man sich bei der WKSTA gedacht - jetzt können wir vielleicht einen Unbequemen los werden.
Man braucht sich ja nur das anzusehen, was in den letzten 2 Jahren passiert ist.
Eine "linke Partie" versucht offensichtlich den Justizapparat (politisch) zu säubern.

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rmach (14.916 Kommentare)
am 01.07.2022 12:28

Nur noch ein kleiner Schritt und wir sprechen von Staatsfeinden, oder?

Der ewige Traum der Wiedergeburt des Ständestaates, läuft m.E. wie ein Gespenst durch die ÖVP, oder?

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kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 01.07.2022 18:33

eher durch ihren Kopf.

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LASimon (11.144 Kommentare)
am 01.07.2022 16:02

Eine Staatsanwaltschaft kann keine Anzeige verfassen. Sie kann aufgrund einer Anzeige Untersuchungen / Erhebungen anstellen, nicht weniger, nicht mehr. Sie kann aber natürlich aufgrund eines Anfangsverdachts auch ohne Anzeige ermitteln.

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