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Verfahrensrichter sieht türkis-blaue „Abhängigkeit“ von Novomatic

Von OÖN   30.Juli 2021

 Der unabhängige Verfahrensrichter im Ibiza-Ausschuss, Wolfgang Pöschl, hat am Freitag dem Parlament einen Berichtsentwurf vorgelegt. Die Fraktionen können binnen zwei Wochen eigene Berichte hinzufügen.
Auf 872 Seiten behandelt Pöschl elf Untersuchungsgegenstände. Die wichtigsten Inhalte:

Glücksspiel: Hier wollte Novomatic neue Berechtigungen und strebte eine Änderung des Glücksspielgesetzes an. Die guten Kontakte zum Finanzministerium – vor allem zum damaligen Generalsekretär Thomas Schmid, der bis vor kurzem ÖBAG-Chef war, und zu Minister Hartwig Löger (VP) – seien dafür genauso genutzt worden wie der Kontakt zu FP-Chef Heinz-Christian Strache. Der Ausschuss fand beim Glücksspiel keine Anhaltspunkte dafür, dass Bundeskanzler und VP-Chef Sebastian Kurz in sogenannte „Hintergrunddeals“ direkt eingebunden gewesen wäre, schreibt der Verfahrensrichter. „Nach den vorliegenden Erkenntnissen war Kurz über wesentliche Ereignisse wie Postenbesetzungen und die grundsätzliche Ausrichtung von Gesetzesvorhaben informiert. Anhaltspunkte dafür, dass er darüber hinaus Einfluss hatte, konnten nicht gefunden werden.“

Verfahrensrichter sieht türkis-blaue "Abhängigkeit" von Novomatic
Strache "nahm massiv Einfluss".

Casinos: Hier ist ein „gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis“ zwischen der türkis-blauen Regierung und dem Novomatic-Konzern entstanden. Das „führte nicht nur zur Vorstandsbestellung des FPÖ-Mannes Peter Sidlo, sondern ermöglichte der Novomatic Mitsprachemöglichkeiten und die Aussicht auf eine wunschgemäße Änderung des Glücksspielgesetzes“.

ÖBAG: Besetzungen seien mit qualifizierten Personen erfolgt. Eine Parteinähe ändere nichts an der Befähigung. „In Anbetracht der Wichtigkeit der Positionen ist es nicht verwunderlich, dass sich Bundeskanzler und Vizekanzler als Obmänner der Regierungsparteien in die durch den Finanzminister vorzunehmende Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder einbrachten“, so Pöschl. Das sei Realpolitik. Kurz hat seine Rolle bei seiner Aussage im U-Ausschuss kleingeredet, was sich durch nachträglich bekannt gewordene Chats anders darstellte. Daher wird wegen einer mutmaßlichen Falschaussage gegen Kurz ermittelt.

Verfahrensrichter sieht türkis-blaue "Abhängigkeit" von Novomatic
Schmid: Auffällige Chats

Gegen die Grundsätze der Objektivität und Transparenz „wurde bei Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibung eines Vorstandes der ÖBAG mehrfach verstoßen“, so Pöschl.

Vereine: Dass aufgrund von Spenden an parteinahe Vereine bestimmte politische Handlungen bewirkt werden sollten, konnte laut Bericht nur in einem Fall festgestellt werden: Der Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz spendete vor seiner Bestellung in den Aufsichtsrat der Asfinag insgesamt 10.000 Euro an den FP-Verein Austria in Motion. Aus Chats ergebe sich, dass Stieglitz, Strache und der damalige FP-Infrastrukturminister Norbert Hofer vereinbart hätten, dass Stieglitz in einen Aufsichtsrat bestellt wird.

Auf VP-Seite war der Fokus bei den Vereinen auf das Alois-Mock-Institut gerichtet, dem Ausschuss-Leiter Wolfgang Sobotka vorsteht. Dazu heißt es in dem Bericht, das Beweisverfahren habe keine Hinweise zu Geld- oder Sachleistungen an das Institut sowie an die anderen VP-nahen Vereine ergeben, „die über die Förderung des Vereinszwecks hinausgingen“. – Keine Anhaltspunkte fand Pöschl für Spenden als Bedingung für Jobs.

Ibiza-Ermittlungen: Dort sieht Pöschl „keine Einflussnahme“ der Politik, doch es gab „ungewöhnliche Handlungsweisen“ von Sektionschef Christian Pilnacek und Johann Fuchs (Leiter Oberstaatsanwaltschaft Wien). Pöschl ist für Änderungen bei der Vorsitzführung. Viele Anhörungen seien „nicht aufschlussreich“ gewesen, weil sich die Auskunftspersonen verweigerten.

Die gefundenen Chats hätten aber wichtige Belege erbracht.

„System für Großspender“

Die Reaktionen sind gemischt. Unzufrieden ist Christian Hafenecker (FP): „Der Bericht wurde mit türkis-schwarzer Brille geschrieben.“ Stephanie Krisper (Neos) sieht ihre Kritik an Kurz bestätigt, Jan Krainer (SP) hält FPÖ und ÖVP gleichermaßen für belastet. Ganz anders Andreas Hanger (VP): Die Vorwürfe gegen Türkis seien ungerechtfertigt gewesen. David Stögmüller (Grüne) liest eine Bestätigung dafür heraus, „dass unter Türkis-Blau ein System für Großspender geschaffen wurde“.

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19. April 2024