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U-Ausschuss - Kurz kritisiert Umgangston und will Reform

Von nachrichten.at/apa   01.Juli 2021

Etwa bemängelte er den Umgang mit Auskunftspersonen und forderte eine Reform der Geschäftsordnung. Bei gewissen Fragebeantwortungen zeigte er sich aber auffallend vorsichtig. Bemerkenswert ist, dass Grüne und NEOS nicht an die Reihe kamen, Fragen an den Kanzler zu stellen, weil die Zeit schon abgelaufen war.

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Das war vor allem auf von der ÖVP angestoßene Geschäftsordnungsdiskussionen zurückzuführen. Zudem stellte der türkise Abgeordnete Klaus Fürlinger ÖVP-Chef derart allgemein gehaltene Fragen, dass diesem die Möglichkeit gab, breit und teils ausufernd zu antworten. Dieser Umstand wurde nach Ausschöpfung von zwei Stunden von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl auch bekrittelt.

Bei den Fragen von SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer zeigte sich kurz dann zurückhaltender und besprach sich wiederholt mit seiner Vertrauensperson, dem ÖVP-nahen Anwalt Werner Suppan. "Nicht dass Sie mich wieder wegen Falschaussage anzeigen", sagte er einmal in Richtung Krainer beim Thema Staatsholding ÖBAG. Auf die Frage von Krainer, wer entschieden habe, dass die ÖBAG einen Alleinvorstand bekommt, sagte Kurz: "Ich würd' sagen der Gesetzgeber." Auch die Sozialdemokraten haben mitgestimmt, so der Kanzler: "Die SPÖ hat's entschieden".

Dass er, Kurz, den mittlerweile vorzeitig zurückgetretenen Ex-ÖBAG-Chef und ÖVP-nahen Thomas Schmid unterstützt habe, bestätigte er nicht. "Ich hab ihn (Schmid, Anm.) immer für qualifiziert gehalten. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich für ihn eingesetzt habe", so Kurz auf Nachfragen. Schmid trat zurück, nachdem der Druck nach öffentlich gewordenen, kompromittierenden Chats auch mit der ÖVP-Spitze offenbar zu groß geworden war. Derzeit sucht die ÖBAG einen neuen Chef.

"Normalerweise haben wir uns immer in einer Pizzeria getroffen", sagte Kurz zu einem Termin mit Walter Rothensteiner am 6. März 2018. Ob es dabei mit dem damaligen Casinos-Aufsichtsratschef um Glücksspielbesteuerung ging, daran konnte sich der Kanzler nicht mehr erinnern. Er wunderte sich, dass der Termin womöglich bei ihm im Büro stattfand. Das versuchte nämlich die SPÖ anhand von Dokumenten genauso wie mit dem Thema der Glücksspielbesteuerung zu untermauern. Um Glücksspiel sei es "eher nicht" gegangen, so Kurz. Themen mit Rothensteiner seien immer eher die allgemeine politische Situation, dessen Einschätzungen zu gewissen Themen wie Raiffeisen, Bankensektor und Geldpolitik gewesen. Rothensteiner ist Beschuldigter in der Causa Casinos, wurde auch einmal vom suspendierten Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek empfangen.

Zu seiner ersten Befragung im U-Ausschuss monierte der Kanzler: "Ich bin mir nicht wie ein Zeuge vorgekommen sondern irgendwie wie ein Schwerverbrecher." Die Atmosphäre habe er als "höchst unangenehm" wahrgenommen.

 

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Bereits bei seinem Eingangsstatement hatte Kurz nicht mit seiner Kritik hinter dem Berg gehalten: Zu Beginn des U-Ausschusses hätten sich viele erwartet, Licht in die Vorgänge rund um das Ibiza-Video zu bringen - "diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt". Vielmehr seien Skandalisierung und das Schlechtmachen des politischen Mitbewerbers an der Tagesordnung, kritisierte der Kanzler. Eine Reform, die das ändern könnte, sei nun die Aufgabe des Parlaments. Zu den Ermittlungen gegen ihn wegen Falschaussage bei seiner letzten Befragung vor einem Jahr meinte Kurz, er habe damals "nach bestem Wissen und Gewissen" geantwortet.

Verfahrensrichter Pöschl konfrontierte Kurz zunächst mit einem Chatverlauf zwischen Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann und dem damaligen VP-Wien-Chef Gernot Blümel, in dem dieser um einen Termin bei Kurz anfragt und ein Steuerproblem in Italien anspricht. Er habe diese Vorwürfe medial mitverfolgt, so Kurz, der abermals festhielt, dass die Bundespartei, seit er Bundesparteiobmann sei, keine Spenden vom Glücksspielkonzern genommen habe. Zudem seien alle Spenden ordnungsgemäß an den Rechnungshof gemeldet worden.

Auch habe die Volkspartei unter seiner Ägide Spender immer bewusst unterschreiben lassen, dass sie sich keine Gegenleistung erwarten dürfen, erklärte Kurz. Er könne sich auch nicht erinnern, dass jemand jemals eine Spende mit einer Gegenleistung verknüpfen wollte: "Denn dann hätte ich ihn auch bei der Tür hinausgeworfen." Auch sei es an Absurdität gar nicht zu überbieten, zu glauben, dass jemand aus seinem Umfeld bereit wäre, sein Leben wegzuwerfen dafür, dass die ÖVP eine Spende erhalte, und er selbst überhaupt nichts davon hat. Das müsse "ein fester Trottel" sein, so Kurz.

Ob sich Kurz jemals zum Verfahrensstand der Ibiza-Ermittlungen erkundigt habe, wollte Fürlinger wissen. Mit dem suspendierten Sektionschef Christian Pilnacek oder Oberstaatsanwalt Johann Fuchs habe er nie über die Ibiza-Ermittlungen gesprochen. Überhaupt seien die Kontakte mit Pilnacek "sehr rar" gewesen, er habe seines Wissens überhaupt nie Kontakt gehabt. "Ich könnte mich nicht erinnern, dass ich jemals eine Information zu Ibiza erhalten hätte", so Kurz.

Vor der Befragung hatte eine anonyme Anzeige gegen den Kanzler für Aufregung gesorgt. Laut Justizministerium wird gegen Kurz eine Anzeige wegen des Vorwurfs der versuchten Nötigung bzw. Erpressung von Vertretern der katholischen Kirche durch Drohung mit der Streichung von Steuerprivilegien im Jahr 2018 geprüft. Dabei geht es um jene Chats, in dem sich die Auskunftsperson Kurz und der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, darüber unterhalten, der Kirche wegen angeblicher Steuerprivilegien "Vollgas" zu geben. SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer vermutet die ÖVP hinter der Anzeige. Damit solle Kurz, der bisher zu dieser Causa nicht Stellung genommen hat, die Möglichkeit gegeben werden, sich zu entschlagen.

Nach einer Dauer von gut fünf Stunden war der zweite Auftritt des Kanzlers im U-Ausschuss dann zu Ende. Die Fraktionen haben danach im nicht medienöffentlichen Geschäftsordnungsteil mehrheitlich eine Beugestrafe gegen drei Auskunftspersonen beim Bundesverwaltungsgericht beantragt, die nicht erschienen waren. Darunter Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid und Investor Siegfried Wolf.

Am 15. Juli gibt es noch einen sogenannten Ersatztag, bei dem etwa Ex-FPÖ-Chef und -Vizekanzler Heinz-Christian Strache kommen könnte. Er hat sich am Donnerstag wegen seines Bootsunglücks in Kroatien entschuldigt.

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