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Reisewarnungen: Mehr politisches Instrument als Corona-Maßnahme

02. Oktober 2020, 00:04 Uhr

WIEN. "Das ist Unsinn", sagt Mediziner Fidler - Deutschland verschärft Einreiseregelungen weiter.

Überhastete Abreisen, Stornierungen, Zittern um die Wintersaison: Die Corona-Reisewarnungen aus dem Ausland stürzen den Tourismus in die Krise.

Deutschland will am 15. Oktober einen Schritt weitergehen. Ab dann wird eine Online-Registrierungspflicht bei der Einreise aus den derzeit als Risikogebiete eingestuften Ländern Vorarlberg, Tirol und Wien gelten. Und es droht weiteres Ungemach: So wird überlegt, dass eine Einreise nur nach fünftägiger Quarantäne möglich ist, ohne vorherige "Freitestung". "Eine derartige Regelung ist lediglich in Vorbereitung. Ob und wann sie kommt, ist noch nicht entschieden", sagt dazu der Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Tirol, Dietmar Czernich.

Zusehends entzündet sich eine Diskussion über die Zahlen, die den Reisewarnungsentscheidungen in Europa zugrunde liegen. Der wichtigste deutsche Maßstab ist die Sieben-Tage-Inzidenz. Überschreitet eine Region den Grenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner kumuliert auf sieben Tage (in Österreich wird auf den Sieben-Tages-Durchschnitt abgestellt), landet sie auf der roten Liste des Robert-Koch-Instituts. Allerdings nicht sofort. Man handhabe das sehr vorsichtig. Der Trend müsse sich über einige Zeit bestätigen. Von Island bis zur Iberischen Halbinsel weist Deutschland Risikogebiete aus. Alles kein Politikum also, heißt es aus deutschen Regierungskreisen. Wobei: "Druck aus Wien, Tirol und vom Bund" haben sie in Berlin schon gespürt. Man versteht das dort auch. Es steht viel auf dem Spiel für die österreichische Wirtschaft.

Wie viele ausländische Touristen sich in Österreich angesteckt haben, dazu gibt es kaum offizielle Zahlen. Ein Rundruf ergibt, dass es seit Juni nicht mehr als insgesamt 100 gewesen sein dürften.

Die Schweiz wägt ab

Wer die Reisewarnungslotterie in voller Ausprägung betrachten möchte, muss in die Schweiz blicken. Länder, in denen sich in 14 Tagen durchschnittlich 60 oder mehr Menschen pro 100.000 Einwohner anstecken, landen auf dieser Liste. Jedoch spielen auch andere Interessen eine Rolle. Vorigen Freitag hat die Schweiz entschieden, dass Vorarlberg nicht auf die Liste kommt, obwohl dort die Fallzahl bei 121 lag. Oberösterreich mit damals 65 Fällen im Schnitt wurde hingegen so wie Niederösterreich und Wien mit einer Reisewarnung versehen. Als "nicht nachvollziehbar" kritisierte das Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP). Eine Verordnung des Schweizer Bundesrats macht es möglich: "Gebiete an der Grenze zur Schweiz, mit denen ein enger wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Austausch stattfindet, können von der Aufnahme in die Liste ausgenommen werden, auch wenn sie eine der Voraussetzungen erfüllen."

Osttirol fühlt sich benachteiligt

"Willkürlich und unverhältnismäßig" – so bezeichnet die Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik (SP) den Umgang mit Osttirol, das als Teil Tirols von der deutschen Reisewarnung betroffen ist. "Ich kenne keinen, der hier Verständnis dafür hat, dass Osttirol gleich behandelt wird wie orange Bezirke." Ähnlich argumentiert die Tiroler Europaparlamentarierin Barbara Thaler (VP): "Es dürfen nicht wegen einzelner Corona-Hotspots ganze Staaten oder Bundesländer als Risikogebiet eingestuft werden. Osttirol weist als flächenmäßig größter Bezirk nur sieben aktiv positive Fälle auf. Dennoch ist der Bezirk Lienz genauso betroffen wie Innsbruck mit 132."

Auf europäischer Ebene dürfte es so schnell keine Einigung auf ein gemeinsames Reisewarnungssystem mit einheitlichen Kriterien geben. Zwar hat die EU-Kommission eines vorgeschlagen. Gesteuert würde diese Ampel von Stockholm aus, wo das Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) seinen Sitz hat.

Aber kein Land aus dem Kreis der 27 will die Entscheidung darüber abgeben, wann eine Reisewarnung ausgesprochen wird. Immerhin wolle man sich besser koordinieren, wurde angekündigt.

Corona-Reisewarnungen seien jedenfalls aus epidemiologischer Sicht "ein Unsinn", sagt der Vorarlberger Public-Health-Experte Armin Fidler. Er ist nicht der Einzige, der in den Raum stellt, dass mit Reisewarnungen auch Politik gemacht wird.

Drei Fragen an Armin Fidler

Der Vorarlberger Mediziner und Public-Health-Experte ist Mitglied der Ampel-Kommission des Bundes, lehrt in Innsbruck und Bologna und war für WHO und Weltbank tätig.

Wie beurteilen Sie die Reisewarnungs-Lotterie in Europa?

Schon die Grenzschließungen während des Lockdowns waren ungerechtfertigt. Genauso sind die Reisebeschränkungen ein Unsinn. Ich stehe da nicht allein mit dieser Meinung, es gibt viele mahnende Worte namhafter Experten. Aus epidemiologischer Sicht bringen die Reisebeschränkungen nichts. Entweder handelt es sich um technisches Unverständnis oder ökonomische Drangsale. Es ist wie bei den Grenzschließungen: Das ergibt nur bei Ländern Sinn, die eine vollkommen andere Strategie verfolgen oder in denen die Situation außer Rand und Band ist.

Sind Reisewarnungen also grundsätzlich falsch?

Nein. Am Beispiel von Indien derzeit: Wenn ich in ein Hochrisikogebiet fahre, weiß ich so, dass die Lage prekär ist und es besser ist, dass ich keine touristische Reise unternehme. Aber dass Leute zwingend in Quarantäne müssen, Tests absolvieren müssen und man damit die gesamte Reisetätigkeit und die Wirtschaft lahmlegt, ergibt für mich keinen Sinn.

Wird mit Reisewarnungen Politik betrieben?

Ja, das ist nicht auszuschließen. Auch wir haben zum Beispiel für ganz Kroatien eine Reisewarnung verhängt, obwohl nur ein gewisser Teil der Küste betroffen war. Wir haben uns nicht die Mühe gemacht, herauszufinden, woher die Cluster genau kommen. Und dann folgt die Retourkutsche.

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21  Kommentare
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EMG2020 (8 Kommentare)
am 02.10.2020 09:41

Österreich hat im Sommer für ganz Kroatien die Reisewarnung verhängt, obwohl z.B. in Istrien kaum Infizierte waren.
Jetzt gibt es begründete, regionale Reisewarnungen von anderen Ländern für Österreich.
Ist wohl an der Zeit, dass sich die EU Länder endlich gemeinsam hinsetzen und die Pandemie gemeinsam bekämpfen.
So wird nur der schwarze Peter hin und her geschoben,
schadet den Menschen und der Wirtschaft

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( Kommentare)
am 02.10.2020 09:10

Na, wer es glaubt, nur komisch das die Reisewarnung wie ein Ball zwischen den Ländern hin und her gespielt wird. Es ist doch offensichtlich das dieses Instrument jetzt für seine eigenen Vorteile ausgenutzt wird, siehe Reisebranche. Seit politische Interessen in dieser Sache einzug gehalten hat steigen die Zahlen wieder, am Papier, man sollte doch so fair seine und mal die Zahlen offen auf den Tisch legen und zwar den Prozentsatz von getesteten Personen und Infizierten, logisch wenn ich an einem Tag 31000 Tests mache ist die Trefferquote höher als wenn ich nur 10000 Teste. Diese "Verhältnis Zahl" wäre Interessant für den wahren Ernst der Lage.

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RobertReason (3.014 Kommentare)
am 02.10.2020 08:28

Keine Frage: Wer glaubt Covid-19 ignorieren zu können, der bekommt die Rechnung präsentiert - in Form einer Reisewarnung.

Wien Innsbruck, Vorarlberg haben leider die Zügel schleifen lassen.

Ich hoffe, Tirol und Vorarlberg und Wien werden es wieder hinbekommen.

Wenig Neuinfektionen = beste Wirtschaft.

Schauen Sie nach Australien, Südkorea, etc. Die haben die Pandemie praktisch gemeistert.

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kritikerix (4.497 Kommentare)
am 02.10.2020 08:11

vielleicht sollten Jens Spahn und Anschober ihre Taferl öfter zusammentauschen, so könnte man auf die 'wie du mir - so ich dir' Politik besser verscheiern 🤮

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betterthantherest (33.772 Kommentare)
am 02.10.2020 08:08

Wer Schlagzeilen lanciert wie "Coronakrankenhaus in Wien überfüllt, Patienten werden abgewiesen" der darf sich über Reisewarnungen aus dem Ausland nicht wundern.

Die infantilen Ampelspiele des Hr. Anschober (Grüne) tragen auch einen Teil dazu bei.

Fazit: das gänzlich undurchdachte Coronamanagment der Regierung hat auch im Ausland Wirkung.

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kpader (11.506 Kommentare)
am 02.10.2020 07:26

Verrückt!

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asc19 (2.386 Kommentare)
am 02.10.2020 07:15

"Auch wir haben zum Beispiel für ganz Kroatien eine Reisewarnung verhängt, obwohl nur ein gewisser Teil der Küste betroffen war. Wir haben uns nicht die Mühe gemacht, herauszufinden, woher die Cluster genau kommen. Und dann folgt die Retourkutsche..."

Dass diese Retourkutsche (auch von D, CH, usw..) kommen wird, war schon im August für mich glasklar ! Und wenn sich dann noch (so wie vor 2 Wochen) ein Landes-Kaiser hinstellt ,und süffisant behauptet, dass immer noch die deutschen Gäste ,und nicht der deutsche Gesundheitsminister darüber entscheidet ,ob sie zum Skifahren kommen, dann ist das an Dummheit kaum zu überbieten. Einfach nichts gelernt aus der Causa Ischgl...

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pprader (1.661 Kommentare)
am 02.10.2020 07:07

Unser Führer sagte doch, dass das Virus mit dem Auto, vorzugsweise über die Balkanroute kommt.

Wer wundert sich jetzt, dass andere Länder seiner Diktion folgen?

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( Kommentare)
am 02.10.2020 07:05

Wenn man peinliche u faktenresistente Außenpolitik macht.... und sich dann aufregt, dass die anderen ähnlich agieren... das sind die türkisen mini-Trumps .... zum Fremdschämen diese Kurz-Stelzer-Nehammer-Blümel-Partie.

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staatsbuergerin (2.279 Kommentare)
am 02.10.2020 08:43

nicht zu vergessen in dem Zusammenhang auch der Außenminister und die Tourismusministerin!

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fesi (715 Kommentare)
am 02.10.2020 06:46

Kommt jetzt bald das Ende der EU .
Grenzen wieder zu und Kontrolieren wie Früher war zwar lästig aber auch gut so

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( Kommentare)
am 02.10.2020 07:07

Mia san mia.
Geilomobile Retro-Politik. Warum nicht gleich den Eisernen Vorhang wieder vorziehen? 🙈

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fesi (715 Kommentare)
am 02.10.2020 07:21

Hat alles seine vor und nachteile wobei für mich die vorteile überwiegen aber kann jeder sehen wie er will

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Southbend (631 Kommentare)
am 02.10.2020 06:46

Die Wintersaison kommt,der Tourismus ist am Boden.
Jetzt sollen halt die Menschen im eigenen Land skifahren gehen.
Wir haben das ja im Sommer auch so gemacht!
Natürlich ist das ein Politikum!

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ECHOLOT (8.780 Kommentare)
am 02.10.2020 05:17

Versteh die osttirol er, aber uns geht's nicht anders.... Diese Regierung ist ja an Unfähigkeit, Überheblichkeit und Peinlichkeit nicht mehr zu übertreffen!

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lentio (2.769 Kommentare)
am 02.10.2020 05:16

Das Interview ist fader als der übrige Text...

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penunce (9.674 Kommentare)
am 02.10.2020 05:13

"Sind Reisewarnungen also grundsätzlich falsch?"

Nein, wenn man damit Österreich E R P R E S S E N will, und ganz Österreich zum Einreiseland für "Zudringlinge" machen will, dann nicht!

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lentio (2.769 Kommentare)
am 02.10.2020 05:17

Was meinste konkret?

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penunce (9.674 Kommentare)
am 02.10.2020 05:41

Das:

"Deutschland will am 15. Oktober einen Schritt weitergehen. Ab dann wird eine Online-Registrierungspflicht bei der Einreise aus den derzeit als Risikogebiete eingestuften Ländern Vorarlberg, Tirol und Wien gelten. Und es droht weiteres Ungemach: So wird überlegt, dass eine Einreise nur nach fünftägiger Quarantäne möglich ist, ohne vorherige "Freitestung". "Eine derartige Regelung ist lediglich in Vorbereitung. Ob und wann sie kommt, ist noch nicht entschieden", sagt dazu der Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Tirol, Dietmar Czernich."

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staatsbuergerin (2.279 Kommentare)
am 02.10.2020 08:46

.. und wo ist der Bezug zu den von Ihnen genannten "Zudringlingen"?

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penunce (9.674 Kommentare)
am 02.10.2020 09:06

Siehst Du das nicht?

Wenn der Kurz diese ablehnende Haltung aufgibt, die "Zudringlinge" aus Lesbos kommen aufzunehmen, diese stammt noch von der FPÖ in dieser Regierung war, dann wird der Tourismus aus Deutschland und der übrigen Staaten wieder nach Österreich kommen, die SED-Merkel kann die Erpressung perfekt, sie hat sie in der DDR bei der sogenannten Stasi kennengelernt!

Warum schreibe ich die "SED-Merkel":

Das Regime war so ausgelegt, dass man ohne Einwilligung der SED nicht studieren konnte, die Merkel hat aber studiert und die SED hat die Bewilligung dazu gegeben!

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