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Regierungsklausur mit "großem Wumms" und keinem Glamour

Von nachrichten.at/apa   16.Juni 2020

Tatsächlich klingt die Zahl von 19 zusätzlichen Milliarden für Corona-Maßnahmen beeindruckend. Die meisten Projekte dazu waren freilich schon in den Tagen davor öffentlich dargestellt worden, der Neuigkeitswert entsprechend gering. Über zwei Tage hatte sich die Klausur gezogen, die angesichts der Coronakrise so bescheiden wie möglich im Bundeskanzleramt abgewickelt wurde. Hauptdarsteller waren jene Minister, die sich der Bekämpfung der Pandemie-bedingten Wirtschaftskrise kraft ihres Amtes an vorderster Front widmen sollen - also logischerweise der Finanzminister und die Wirtschaftsministerin sowie die Infrastrukturministerin, damit die Grünen in Person von Leonore Gewessler auch den ihnen besonders wichtigen Fokus auf die Klimawende legen konnten. Die Pressekonferenz in voller Länge: 

Schuldenquote steigt auf mehr als 90 Prozent

Freilich bleiben die Aufwendungen nicht ohne Auswirkung auf die Schuldenquote. Diese werde heuer voraussichtlich auf über 90 Prozent steigen, sagte Kurz. Gleichzeitig gab er sich optimistisch, dass es wie nach der letzten großen Wirtschaftskrise gelingen werde, die Marke wieder deutlich nach unten zu drücken: "Ich halte das für machbar." Zentral sei aber, dass die Wirtschaft wieder anspringe. Zudem sei Österreich als Export- und Tourismusland auch von der internationalen Entwicklung abhängig. Details wurden am Dienstagnachmittag in einer Pressekonferenz präsentiert:

Zumindest im Land versucht die Regierung einiges, wobei der größte Teil der heute präsentierten Maßnahmen schon bekannt war. Immerhin gab es gewisse Präzisierungen. So wird laut Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) bereits an einer Wirtschaftsinvestitionsbank gearbeitet. Diese soll Mittel von der Europäischen Investitionsbank abrufen und Haftungen von bis zu 500 Millionen übernehmen. Schramböck sieht hier ein Potenzial von 25.000 Wohnungen.

Zwei Klimamilliarden

Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) rechnete vor, dass es gleich zwei Klimamilliarden gebe. Neben schon präsentierten Projekten den Öffentlichen Verkehr betreffend verwies sie etwa auf 750 Millionen für thermische Sanierung, wobei beim Umstieg auf saubere Heizungen ein besonderer Schwerpunkt auf Arme gelegt werden soll, um auch diesen einen Zugang zu ermöglichen. Für erneuerbare Energien werden zusätzlich 260 Millionen in die Hand genommen. Schließlich wird die Umsatzsteuer auf Reparaturen gesenkt: "Wer ein kaputtes Fahrrad reparieren lässt, spart sich zehn Prozent.

Vielfach beworben wurde auch noch einmal die (auf ein halbes Jahr befristete) Investitionsprämie, die in den vollen 14 Prozent ausgeschöpft werden kann, wenn in Digitalisierung, Ökologisierung und Life Science Geld hineingesteckt wird. Eingereicht werden kann von Anfang September bis Anfang März kommenden Jahres.

360 Euro Familienbonus

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) strich die degressive Abschreibemöglichkeit hervor – ebenfalls ein erst bei der Klausur fixiertes Konzept. Damit werde man gleich zu Beginn bis zu 30 Prozent abschreiben können. Blümel geht davon aus, dass mit dieser Maßnahmen Geld in Umlauf gebracht wird. Diese Art der Abschreibung wird übrigens unbefristet eingeführt.

Neben dem Wirte- und Künstler-Paket mit der Senkung der Mehrwertsteuer auf fünf Prozent, der Einmalzahlung für Arbeitslose, der vorgezogenen Steuerreform und den 100 Euro Negativsteuer wird es auch einen Familienbonus von 360 Euro pro Kind geben. Wie Kurz betonte, wird dieser unabhängig von der Ausweitung des Familienhärtefonds genehmigt.

Ein Thema, das wohl viele Schüler und Eltern tangiert, wurde am Dienstag nur angerissen, nämlich ein Digitalisierungsschub für die Schulen. 200 Millionen sollen hier bis 2022 aufgewendet werden. Genaueres soll erst am Mittwoch in einer Pressekonferenz berichtet werden, erklärte Kurz.

Wohin die Gelder fließen

UNTERNEHMEN & LANDWIRTSCHAFT: Der Großteil der bei der Regierungsklausur diskutierten Unterstützungsmaßnahmen (13,3 Milliarden Euro) kommt Unternehmen zugute. Teuerste Einzelmaßnahme ist die Verlängerung des Fixkostenzuschusses, mit dem Unternehmen je nach Höhe des Umsatzrückganges bis zu 90 Millionen Euro erhalten sollen. Für heuer und 2021 rechnet das Finanzministerium hier mit bis zu 6 Milliarden Euro an Kosten. Weitere 2 Milliarden Euro soll die Möglichkeit kosten, für die Steuer aktuelle Verluste von den 2018 und 2019 erzielten Gewinnen abzuziehen ("Verlustrücktrag").

Anlaufkosten von 900 Millionen Euro soll auch die "degressive Abschreibung" von Investitionen verursachen. Dies deshalb, weil Unternehmen die Investitionskosten nicht mehr gleichmäßig über die Laufzeit verteilen, sondern am Anfang einen höheren Anteil geltend machen können. Mittelfristig hält das Finanzministerium die Maßnahme aber für kostenneutral. Und 1 Milliarden Euro soll eine Investitionsprämie kosten. Für die angekündigte Mehrwertsteuersenkung sind 900 Millionen Euro eingeplant. Garantien für ein geplantes Kreditmoratorium und Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung sollen je 800 Millionen Euro kosten. Dazu kommt ein "Gründerpaket" um 450 Millionen Euro.

ARBEITNEHMER & FAMILIEN: Für Arbeitnehmer und Familien sind in Summe etwa 2,6 Milliarden Euro vorgesehen: Die Senkung des Eingangssteuersatzes bei der Lohn- und Einkommensteuer kostet 1,6 Milliarden Euro. Dazu kommt ein "Kinderbonus" von 360 Euro pro Kind (600 Millionen Euro) sowie eine Einmalzahlung von 450 Euro für Arbeitslose (250 Millionen Euro). Wer so wenig verdient, dass er von der Steuersenkung nicht profitiert, soll bis zu 100 Euro zusätzliche Negativsteuer erhalten (180 Millionen Euro).

UMWELT & INVESTITIONEN: Weitere 3,7 Milliarden Euro sind für Investitionen und Investitionsanreize vorgesehen sowie für Umweltmaßnahmen vorgesehen. Letztere summieren sich auf 1,3 Milliarden Euro, davon 240 Millionen Euro für das geplante "1-2-3-Ticket" und 750  Millionen  Euro für Maßnahmen wie Heizkesseltausch und thermische Sanierung von 2020 bis 2022. In erneuerbare Energien sollen 260 Millionen Euro fließen. Weitere 200 Millionen Euro sind von 2020 bis 2022 für Digitalisierung in der Bildung eingeplant.

GESAMTKOSTEN: In Summe kosten die bei der Regierungsklausur verkündeten Maßnahmen 19 Milliarden Euro. Weil gut ein Drittel aber aus dem schon bisher von der Regierung eingeplanten Kostenrahmen für die Coronahilfen (38 Milliarden Euro) finanziert wird, erhöhen sich die Gesamtkosten für die Coronakrise laut Finanzministerium "nur" um 12 auf 50 Milliarden Euro. In Gesetzesform gegossen und im Parlament beschlossen werden müssen die Maßnahmen allerdings noch.

 

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25. April 2024