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Handel öffnet mit mehr Abstand, Schulen mit Tests

Von nachrichten.at/apa   01.Februar 2021

"Diese Lockerungen sind keine Entwarnung", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (VP), nachdem er die ersten Öffnungsschritte ab kommender Woche verkündet hatte. Die nächste Bilanz zieht die Regierung in zwei Wochen. Dann wird über allfällige weitere Lockerungen entschieden oder aber auch reagiert, sollten sich die Zahlen verschlechtern. Sollte wieder ein exponentielles Wachstum eintreten, was laut Kurz ein realistisches Szenario ist, wird wieder verschärft, kündigte der Kanzler an. Der Idealwert der Sieben-Tages-Inzidenz liegt für die Regierung bei 50, derzeit steht man bei 100, ab 200 sollten die Alarmglocken schrillen, erklärte Kurz.

Video: Regierung verkündet Lockerungen und Verschärfungen

Die Pläne der Regierung im Überblick:

  • Die Schulen kehren nach den Semesterferien wieder zum Präsenzunterricht zurück. Keinen Schichtbetrieb wird es in den Volksschulen geben. Zwei Mal pro Woche wird jeweils getestet. Zum Einsatz kommen sollen dabei die Nasenbohrer-Tests. Für ältere Schüler gibt es einen Schicht-Unterricht in zwei Gruppen, wobei jeweils zwei Tage geblockt werden. Am ersten von diesen gibt es einen Corona-Test. Für Testverweigerer findet kein Distance Learning statt. Stattdessen bekommen sie Aufgaben, die sie im „Homeschooling“ abarbeiten müssen. Eine Online-Betreuung durch Lehrer gibt es in dieser Zeit nicht, maximal Möglichkeiten zur Rückfrage. In der Oberstufe gilt auch für Schüler eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken. (mehr dazu weiter unten im Artikel)
  • Der Handel öffnet zwar wieder, es können aber weniger Kunden in die Geschäfte, da pro Person 20 Quadratmeter zur Verfügung stehen müssen. Zudem gilt eine FFP2-Maskenpflicht. Die gleichen Regeln sind für Galerien, Museen und Tiergärten vorgesehen. Im Lebensmittel-Handel bleibt die 10 Quadratmeter/Kunde-Regel bestehen.
  • Die persönlichen Dienstleister wie Friseure oder Kosmetikerinnen sind die Vorreiter beim Reintesten. Denn man kann ihre Dienste zwar wieder in Anspruch nehmen, aber nur, wenn man einen Test vorweisen kann, der nicht älter als 48 Stunden ist. Ausgenommen sind jene, die in den vergangenen sechs Monaten an Covid erkrankt waren. Kontrollieren muss der Betrieb.
  • Die Ausgangsbeschränkungen gelten ab Montag nur noch zwischen 20 und 6 Uhr, private Treffen von maximal vier Erwachsenen aus zwei Haushalten sind wieder erlaubt. 
  • Strafen: Die Organstraf-Mandate für Verstöße gegen Corona-Vorgaben (Maskenpflicht, 2-Meter-Abstandsregel) werden empfindlich erhöht. Die genauen Summen werden aber erst am Dienstag genannt.
  • Strengere Grenzregelungen sollen verhindern, dass Infektionen - vor allem infektiösere Varianten - ins Land kommen. Auch hier sollen die Details erst am Dienstag kommen.
  • Gastronomie und Tourismus müssen weiter auf Öffnungsschritte warten. In zwei Wochen soll entschieden werden, ob Lockerungen ab März möglich sind.

Ziel klar verfehlt

Wenn die Zahlen explosionsartig steigen, "dann werden wir sofort wieder verschärfen müssen", sagte der Bundeskanzler. Es gehe darum, "wie verhält sich jeder Einzelne privat", denn bei Treffen mit Familien und Freunden sei die Wahrscheinlichkeit, die anderen anzustecken, "irrsinnig groß". Er bitte darum, soziale Kontakte so gut es gehe zu vermeiden, damit die vorsichtigen Öffnungsschritte Bestand haben können, erklärte Kurz. Jeder Einzelne entscheide jetzt mit, wie es bis Ostern weitergehe, mahnte auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).

Eigentlich hat die Regierung ihr Ziel, die Infektionszahlen auf rund 700 zu drücken, klar verfehlt. Auch bis zum Lockdown-Ende am Sonntag dürfte kein wesentlicher Rückgang mehr zu erwarten sein. Heute verzeichnete man beispielsweise über 1.100 Neuinfektionen, obwohl Montage und Sonntage stets die geringsten Werte haben. Kurz sprach daher von einer "alles andere als einfachen Ausgangslage". Doch man habe auch das Bedürfnis der Kinder, wieder in die Schule zu gehen und das Ziel, die Arbeitslosigkeit gering zu halten und soziale und psychische Effekte einbeziehen müssen. Die Mutationen erschweren die Situation, erklärte auch Uni Wien-Vizerektor Oswald Wagner. Mit FFP2-Masken, mehr Abstand und Testungen kann man die Situation seiner Einschätzung nach aber im Griff behalten.

Man habe sich die Entscheidung nicht einfach gemacht, alles, was man tue, sei wie "ein Ritt über die Rasierklinge", befand der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), derzeit Vorsitzender der Landeshauptleute. Auch er plädierte für Eigenverantwortung. "Wir sitzen alle in einem Boot." Die nun getroffenen Entscheidungen seien ein Kompromiss, meinte auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Die Schulöffnungen seien eine "deutliche Erleichterung" für Schüler und Eltern. Auch dass die Friseure wieder aufmachen, findet Ludwig gut, denn das diese geschlossen seien, habe die Lebensqualität der Menschen stark beeinträchtigt - "im Stadtbild merkt man das an mittlerweile wilden Frisuren", merkte er an.

Gerüchte über einen fliegenden Koalitionswechsel von den Grünen zur SPÖ war Kurz bemüht zu zerstreuen: "Unser Koalitionspartner sind die Grünen, und das wird auch bis zum Ende der Legislaturperiode so sein", meinte er auf eine entsprechende Frage. "Einen fliegenden Wechsel schließe ich aus", gleichzeitig strich Kurz dennoch die gute Zusammenarbeit mit der SPÖ hervor.

CORONA: TREFFEN BUNDESREGIERUNG MIT LANDESHAUPTLEUTEN ZU LOCKDOWN: KOGLER / KURZ / ANSCHOBER
Vizekanzler Kogler, Bundeskanzler Kurz und Gesundheitsminister Anschober bei den Beratungen am Montag

Geteilte Meinungen

SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner hält zwar das Vorgehen bei der Schulöffnung für "richtig und notwendig", mit den weiteren Lockerungen gehe die Regierung aber "ein großes Risiko ein", gab sie sich skeptisch. Wenn die Kontrolle über das Einhalten der Maßnahme scheitere, drohe die dritte Welle und der nächste Lockdown. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger dagegen begrüßte alle Lockerungen. Notwendig sei auch der Ausbau des digitalen Contact Tracings. FP-Chef Norbert Hofer plädierte dafür, auch Hotels und Gastronomie wieder zu öffnen, die Tests bei Inanspruchnahme von Dienstleistungen lehnt er ab (mehr dazu hier). Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) sprach von einem "Paket von Vernunft und Hausverstand", ein "Lockdown in der Endlosschleife" sei unmöglich. Vorsicht sei aber weiter geboten.

  • Video: Gesprächsreigen im Bundeskanzleramt

Unterricht nur mit Test

An den Schulen soll nach der Rückkehr aus den Semesterferien wieder Präsenzunterricht stattfinden - allerdings dürfen daran nur Schüler teilnehmen, die sich auch einem Corona-Test unterziehen. An den Volksschulen dürfen alle getesteten Schüler gleichzeitig in die Klassen zurückkehren, an den anderen Schulen wird ein Schichtbetrieb mit zwei Gruppen eingeführt, die sich alle zwei Tage abwechseln. Am fünften Wochentag bleibt es an letzteren beim Distance Learning.

OÖN-TV hat sich bei Schülern und Pädagogen umgehört:

Damit haben sich die bisherigen Pläne geändert: Ursprünglich war ein Schichtbetrieb in allen Schulen geplant gewesen. Die Volksschulen wechseln nun allerdings für alle Getesteten von Montag bis Freitag in den normalen Präsenzunterricht. Begründet wurde dies etwa vom Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit den stark gestiegenen Betreuungszahlen an den Schulen. Diese hatten sich zuletzt vielfach nicht mehr stark von normalem Unterricht unterschieden. Große Einschränkung: Wer sich nicht an der Schule testen lässt, muss künftig daheimbleiben und bekommt Arbeitsaufträge. Der Test hat jeweils eine Gültigkeit von 48 Stunden - nötig sind also zwei Tests pro Woche.

Auch an den höheren Schulstufen gibt es Abweichungen vom bisherigen Plan: Bisher war ein Schichtbetrieb mit zwei Gruppen und täglichem Wechsel der Gruppen vorgesehen, die Schulen haben dies vor allem in Wien und Niederösterreich auch bereits so eingeteilt und den Eltern kommuniziert. Nun soll zunächst am Montag und Dienstag die Gruppe A in der Schule sein, Mittwoch und Donnerstag die Gruppe B und am Freitag alle Schüler daheim im Distance Learning verbleiben. In der Woche darauf beginnt dann die Gruppe B. Begründet wird die Änderung bei der Gruppeneinteilung mit den Tests an der Schule: So reicht pro Schüler ein Test pro Woche. Auch hier gilt: Wer nicht an den Tests teilnimmt, erhält Arbeitsaufträge.

Zum Einsatz kommen die vom Bildungsministerium eingekauften sogenannten "Nasenbohrertests". Mit diesen erfolgt die Abnahme eines Abstrichs durch den Schüler selbst im vorderen Nasenbereich. Anschließend wird der Tupfer in einem Faltkarton mit einer Flüssigkeit beträufelt, der Karton anschließend zugeklappt. Innerhalb weniger Minuten erscheint dann das Ergebnis auf der Vorderseite. Bei einem positiven Resultat sind die Gesundheitsbehörden zu verständigen und ein PCR-Test durchzuführen.

Die Details will Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Dienstag vorstellen.

Lockerung: Was sich die Regierung erhofft

Dies alles kommt, obwohl das Ziel von rund 700 Fällen pro Tag trotz der diversen Einschränkungen bei weitem nicht erreicht wurde und es angesichts der seit Wochen stagnierenden Zahlen unwahrscheinlich ist, dass der Wunsch-Wert bis zum Lockdown-Ende am 7. Februar realisierbar sein wird. Heute verzeichnete man beispielsweise über 1.100 Neuinfektionen, obwohl Montage und Sonntage stets die geringsten Werte haben.

Als Grund, warum die Zahlen nicht wie erhofft nach unten gehen, wird neben den infektiöseren neuen Corona-Varianten genannt, dass sich die Menschen immer weniger an die Regeln halten. Insofern gibt es die Hoffnung, dass mit einer gewissen Lockerung auch eine emotionale Entspannung in der Bevölkerung eintritt.

Zudem will man auf Bedenken von Experten eingehen, wonach vor allem Kinder und Jugendliche durch die eingeschränkten Möglichkeiten, Gleichaltrige zu treffen, immer stärker mit psychischen Problemen konfrontiert sind. Die Bundesjugendvertretung appellierte folgerichtig heute an die Bundesregierung, die psychosozialen Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf Kinder und junge Menschen keinesfalls außer Acht zu lassen. Die österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendkunde warb für eine Schulöffnung, empfahl dabei aber neben Maßnahmen wie regelmäßigem Lüften eine FFP2-Maske für Lehrer und Oberstufen-Schüler.

  • Video: In der ORF-"Pressestunde" hat sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) für ein vorsichtiges Öffnen von Schulen und Teilen des Handels ab 8. Februar ausgesprochen.
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