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NR-Wahl - Spitzenkandidaten beantworten Fragen zur Außenpolitik

Von nachrichten.at/apa   20.September 2019

Im Folgenden die Stellungnahmen von Sebastian Kurz (ÖVP), Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), Norbert Hofer (FPÖ), Beate Meinl-Reisinger (NEOS), Peter Pilz (Liste Jetzt) und Werner Kogler (Grüne):

1. Hat das Ibiza-Video Österreichs Ansehen im Ausland geschadet? Wenn ja, inwiefern?

Kurz: Das Ibiza-Video hat dem Ansehen der österreichischen Politik im In- und Ausland jedenfalls geschadet. Insofern ist es nun von besonderer Wichtigkeit, dass nun eine unabhängige und vollständige Aufklärung erfolgt.

Rendi-Wagner: Liederbuchaffäre, enge Verstrickungen mit Identitären, Rattengedicht, 100 sogenannte "Einzelfälle". Die türkis-blaue Koalition hat dem Ansehen Österreichs im Ausland massiv geschadet. Die Ibiza-Videos waren schließlich der unrühmliche Höhepunkt des 18-monatigen Skandalreigens. Dass hochrangige Politiker einer Partei, die später die zentralen Positionen im Staat übernehmen, bereit sind, heimische Interessen wie Trinkwasser, Medien oder Staatsaufträge für Parteispenden ins Ausland zu verscherbeln, ist einmalig. Dass dies zugunsten vermeintlicher russischer Investoren geschieht, ist dabei im doppelten Sinne problematisch - hatten doch die BVT-Affäre und die engen Verflechtungen der FPÖ mit der Putin-Partei Einiges Russland schon zuvor für einen partiellen Ausschluss österreichischer Nachrichtendienste aus dem Berner Club gesorgt. Damit ist nicht nur das Ansehen Österreichs im Ausland, sondern auch die innere Sicherheit gefährdet.

Hofer: Ich denke, dass der Schaden für Österreich (Ende der beliebten und erfolgreichen Bundesregierung) größer war als ein Ansehens-Verlust im Ausland.

Meinl-Reisinger: Das Ibiza-Video zeigt ein Sittenbild, für das man sich im Ausland nur schämen kann. Wir NEOS halten es da wie unser Bundespräsident (Alexander Van der Bellen, Anm.): "So sind wir nicht."

Pilz: DAS hat auch im Ausland niemand für möglich gehalten. Seit dem Ibiza-Video muss ich ständig erklären, dass es auch ein anderes Österreich gibt.

Kogler: Im weltweit gesehenen Video versucht der Vizekanzler die Republik zu verschachern. Mafia oder Klamotte aus Österreich fragten sich die Kommentare. Beides ungut für unser Land.

2. Klimawandel oder Flüchtlingskrise: Welches ist aus Ihrer Sicht das drängendere globale Problem?

Kurz: Beides sind sehr schwerwiegende globale Krisen, die unserer vollen Aufmerksamkeit bedürfen.

Rendi-Wagner: Die globalen Fluchtbewegungen sind - nicht nur, aber auch - eine unmittelbare Folge der Klimaerhitzung. Nur wenn wir die Klimaerhitzung effektiv bekämpfen, werden die Menschen in ihren Heimatländern Lebensgrundlagen vorfinden, die sie von der Migration abhalten. Deswegen sind globale Klimaschutzmaßnahmen auch ein zentrales Mittel, um Fluchtursachen zu bekämpfen.

Hofer: Beide Themen sind wichtig.

Meinl-Reisinger: Beides ist eng miteinander verflochten. Die Zerstörung des Lebensraumes vieler Menschen durch den Klimawandel führt unter anderem dazu, dass viele ihre Heimat verlassen müssen. Der verantwortungsvolle Umgang mit unserer Umwelt ist die größte Herausforderung unserer Zeit.

Pilz: Der Klimawandel ist längst eine der Hauptursachen für globale Flucht. Aber beides muss zugleich angegangen werden.

Kogler: Die Klimakatastrophe. Laut IPPC führt diese möglicherweise zu einem Anstieg des Meeresspiegels, was bis zu 280 Mio. Menschen zur Flucht zwingen könnte.

3. Beim Thema Migration fällt häufig das Schlagwort "Hilfe vor Ort" - Wie bewerten Sie den diesbezüglichen Beitrag Österreichs?

Kurz: Wir leisten schon seit Jahrzehnten einen solidarischen Beitrag bei der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe. In den letzten Jahren konnten insbesondere die Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit erhöht bzw. Kürzungen vermieden werden.

Rendi-Wagner: Im Rahmen einer aktiven Neutralitätspolitik setzen wir uns für Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Zukunftschancen vor Ort ein. Wir sprechen uns für ein Exportverbot von Waffen in Konfliktregionen (europaweites Kriegsmaterialiengesetz nach österreichischem Vorbild) aus und wollen ein europäisches Wirtschaftsprogramm das den Menschen in Afrika und in anderen Entwicklungsländern ein Leben in Gesundheit, Wohlstand und Würde ermöglicht. Entscheidend sind dafür auch gerechte Handelsabkommen mit Sanktionsmechanismus bei Verstößen gegen Nachhaltigkeits- und ArbeitnehmerInnen-Schutzbestimmungen sowie die Beendigung aller direkten oder indirekten Förderungen von Lebensmittelexporten in Entwicklungsländer. Zudem müssen wir dafür sorgen, dass die Produktions- und Konsummuster nachhaltig werden und nicht weiter mit einer Ausbeutung von Umwelt oder Menschen einhergehen.

Österreich muss außerdem seine Beiträge zur Bewältigung internationaler Herausforderungen deutlich erhöhen. Dazu zählen das 0,7-Prozent-Ziel des BNE (Bruttonationaleinkommen , Anm.) in der Entwicklungszusammenarbeit (2018 unter Türkis-Blau haben wir blamable 0,28 Prozent erreicht) wie auch Beiträge etwa zum UNHCR, UNDP und zum World Food Programme. Die UNO als Ort des internationalen Dialogs wollen wir stärken und handlungsfähiger machen.

Hofer: Gut, jeder vor Ort investierte Euro ist mehr wert als bei uns, er hilft direkt und beugt Fluchtbewegungen vor.

Meinl-Reisinger: Mit 0,26 Prozent des BNE ist unsere Entwicklungszusammenarbeit so niedrig wie seit 2004 nicht mehr. Für ein reiches Land wie Österreich ist das absolut beschämend.

Pilz: Er ist gleich Null. Das World Food Programme, das die Versorgung der großen Lager mit Lebensmitteln garantiert, wird etwa völlig im Stich gelassen.

Kogler: Österreichs Beitrag zum green climate fund der UN, war 2018 mit 4,1 $/Kopf der niedrigste von allen OECD-Staaten.

4. Soll sich Österreich wieder am Resettlement-Programm des UNHCR beteiligen?

Kurz: Österreich hat bereits in den letzten Jahren bei Resettlement mit der Aufnahme von rund 1.900 Personen direkt aus Kriegsgebieten und der Aufnahme von Flüchtlingen einen führenden Beitrag geleistet. Wichtig ist es aber vor allem, den Menschen vor Ort nahe ihrer Herkunftsländer Schutz vor Verfolgung und Perspektiven zu bieten.

Rendi-Wagner: Wir treten für ein gemeinsames europäisches Asylsystem ein - ein einheitliches Verfahren und eine Lastenverteilung mit standardisierten Leistungen. Dafür braucht es Verfahrenszentren an den EU-Außengrenzen. Dort sollen die Asylverfahren in Kooperation mit dem UNHCR nach Menschenrechtsstandards durchgeführt werden. Das würde der Schlepperkriminalität die Geschäftsgrundlage entziehen und illegale Migration stärker eingrenzen. Außerdem könnte dadurch auch dem Sterben im Mittelmeer Einhalt geboten werden.

Hofer: Nein. Österreich hat bei der Aufnahme von Asylwerbern bereits sehr viel geleistet - und es werden auch ohne dieses Programm Asylanträge in Österreich gestellt, auch wenn diese Zahl zurückgegangen ist.

Meinl-Reisinger: Ja. Nur direkte Resettlement-Programme können sicherstellen, dass die schwächsten aller Flüchtenden schnellstmöglich und auf sicherem Wege gerettet werden.

Pilz: Selbstverständlich.

Kogler: Ja, Österreich soll sich sowohl an der humanitären Hilfe des UNHCR vor Ort viel stärker als auch am Resettlement-Programm der UN beteiligen.

5. Sind die UNO-Nachhaltigkeitsziele bis 2030 realisierbar? Welches ist die dringendste Aufgabe?

Kurz: Die SDGs sind ein wichtiger Kompass, der die eine nötige Orientierung zur Erfüllung von Zielen wie Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand ermöglicht. Österreich soll sich weiterhin das Ziel setzen, eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung der SDGs einzunehmen. Ein wichtiger Beitrag zur Erfüllung besteht darin, Regulierungen abzubauen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Nur so kann es sich Österreich leisten, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Das SDG7 "Affordable and Clean Energy" ist auch ein sehr Wichtiges, um den Klimawandel zu bekämpfen. Wir haben in Österreich das Ziel, bis 2030 unseren Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen zu decken.

Rendi-Wagner: Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen stellen insofern ein Novum dar, als sie universell gültig sind und sich einem ganzheitlichen Entwicklungsansatz verpflichten. (...) Bei der Umsetzung der SDGs zeigt sich anhand des Monitoring-Prozesses, dass die einzelnen Staaten große Unterschiede beim Umsetzungserfolg aufweisen. Diesbezüglich gilt es, die österreichischen und globalen Anstrengungen zur Erfüllung der Nachhaltigkeitsziele zu erhöhen. Machen die Staaten so weiter wie bisher, werden wir die Ziele nicht erreichen. Das gilt auch für Österreich. Die dringendste Aufgabe ist daher, dass die Regierenden die Wichtigkeit der SDGs erkennen. Gelingt das, wird auch die Umsetzung gelingen.

Hofer: Mit Sicherheit werden sich nicht alle Ziele verwirklichen lassen. Hunger in der Welt ist nach wie vor ein großes Thema.

Meinl-Reisinger: Ja, wenn Regierungen aufrichtige Absichten haben, sie umsetzen zu wollen und entsprechende Strukturen und Mittel schaffen. Die Klimafrage ist aktuell das zentralste Problem der Weltgemeinschaft.

Pilz: CO2-Steuern, Schutz des Regenwaldes, Verbot der Massentierhaltung.

Kogler: Ja, wenn sich die internationale Staatengemeinschaft inklusive Österreich ernsthaft darum bemüht, eine gesunde Umwelt für unsere Kinder und Enkel zu erhalten.

6. Wie soll der nächste US-Präsident heißen?

Kurz: Das ist die Entscheidung des amerikanischen Volkes, die nächstes Jahr im Zuge der US-Präsidentschaftswahlen getroffen wird.

Rendi-Wagner: Wir drücken den KandidatInnen der Demokratischen Partei die Daumen.

Hofer: Die Kandidaten stehen noch nicht fest. Die Entscheidung treffen die Amerikaner am Wahltag.

Meinl-Reisinger: Die Entscheidung darüber obliegt den US-Bürger_innen. Es bleibt zu hoffen, dass es jemand ist, der die Rolle der USA in der Welt ernst nimmt und sich wieder der internationalen Zusammenarbeit zuwendet.

Pilz: George Clooney. Von mir aus auch Arnold Schwarzenegger (ich weiß, das geht nicht). Nur nicht Donald.

Kogler: Jedenfalls nicht Donald Trump. Eine Frau mit demokratischen Werten und Sinn für die Umwelt. Das wäre neue Hoffnung für die ganze Welt.

7. Wie beurteilen Sie die Politik von US Präsident Donald Trump? Hat er die Welt verändert?

Kurz: Die USA sind eine Supermacht und ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrates. Als solche haben die USA eine große Verantwortung. Es gibt einige Bereiche der Politik der USA, die wir auch als Mitglied der Europäischen Union kritisch sehen, wie beispielsweise den US-Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen oder die Androhung von Strafzöllen gegen die EU. Gerade für den erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel benötigen wir die USA neben China und Indien. Ein Handelskrieg zwischen den USA und Europa muss vermieden werden. Zugleich leisten die USA weiterhin in vielen Bereichen einen wichtigen Beitrag zu internationaler Sicherheit und Stabilität, wie etwa im Kampf gegen Terrorismus und den IS (Terrormiliz "Islamischer Staat", Anm.).

Rendi-Wagner: Donald Trumps Politik ist national wie international erratisch und gefährlich - für die Demokratie des eigenen Landes und auch für den globalen Frieden. Trump erfasst den Handel als Nullsummenspiel, das er alleine zu gewinnen trachtet. Er diskreditiert internationale Organisationen und Institutionen, ist aus dem UNO-Menschenrechtsrat ausgestiegen und nicht willens, Verträge wie das Pariser Klimaschutzabkommen, das Iran-Abkommen oder den Abrüstungsvertrag nuklearer Mittelstreckenraketen einzuhalten. Er fordert, Menschen aus religiösen Gründen die Einreise zu verwehren und den nationalen Notstand auszurufen, um seine Wahlkampfversprechen nach Mauern und Zäunen durchzusetzen. Er separiert Flüchtlingskinder von ihren Eltern und lässt sie in Käfige sperren und diskreditiert andere Staaten in rassistischer Manier als "shithole countries". Und: Er hat in seinem Wahlkampf Foltermethoden "a hell of a lot worse than waterboarding" wieder aufs Tapet gebracht hat.

Trumps Rhetorik der Spaltung, mit der er vor allem bei seinen "Rallys" die Massen aufheizt, spaltet das Land. Seine Angriffe auf die Opposition, kritische Medien und die Zivilgesellschaft finden auch abseits der ältesten Demokratie der Welt Nachahmer. Diese Verrohung des politischen Diskurses ist eine nachhaltige Gefahr - zumal bei einer möglichen Wiederwahl eine ganze Generation durch diese Form der rechtspopulistischen Politik geprägt sein wird. Nicht nur in den USA, sondern auf der ganzen Welt.

Hofer: Jeder US-Präsident hat die Welt ein bisschen verändert. Die Berichterstattung wird im In- und Ausland aber unterschiedlich wahrgenommen.

Meinl-Reisinger: Trump hat für ein aggressiveres internationales Klima gesorgt, fängt Handelskonflikte an, zündelt, agiert herzlos gegenüber Flüchtenden. Mehr denn je ist es unsere Aufgabe, unsere Werte hochzuhalten.

Pilz: Er hat sie verschlechtert, aber noch nicht dauerhaft verändert.

Kogler: Unverantwortlich in jeder Hinsicht. Er hat globale Institutionen und Herausforderungen wie die Erderhitzung in Frage gestellt und ein intolerantes Klima geschaffen.

8. Erachten Sie die Sanktionen gegen Russland weiterhin als zielführend? Soll Russland wieder in die Gruppe der führenden Industrienationen (G-7) aufgenommen werden?

Kurz: Die EU hat in Reaktion auf Völkerrechtsverletzungen in der Ukraine Sanktionen verhängt, da wir uns voll und ganz zur Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine bekennen. Solange es keine Fortschritte bei der Umsetzung der Minsker Abkommen gibt, insbesondere einen Waffenstillstand, der auch hält, können wir nicht über eine mögliche Lockerung von Sanktionen sprechen. Wichtig ist es aber, mit einer Supermacht wie Russland im Dialog zu bleiben. Denn Frieden in Europa wird es nur mit und nicht gegen Russland geben. Die Frage einer Wiederaufnahme in die G-7 ist eine Entscheidung der G-7, Österreich ist bekanntlich kein Mitglied der G-7.

Rendi-Wagner: Damit die EU-Sanktionen gelockert werden können, muss das Minsker Abkommen zur Beendigung der Kampfhandlungen in der Ostukraine umgesetzt werden. Derzeit gibt es hier keine Fortschritte. Es braucht ein koordiniertes gemeinsames Vorgehen auf europäischer Ebene.

Hofer: Wir haben diese Sanktionen immer als den falschen Weg abgelehnt. Sie schaden auch Österreich und seiner Exportwirtschaft.

Meinl-Reisinger: Wir stehen ausdrücklich zu den von der EU verhängten Sanktionen und wollen ein unverzügliches Ende der Gewalt in der Ostukraine und der völkerrechtswidrigen Besetzung der Krim.

Pilz: Die Sanktionen sind wichtig, weil (Russlands Präsident Wladimir) Putin entscheidende Grenzen überschritten hat.

Kogler: Solange Russland die Minsker Abkommen nicht erfüllt, sind Sanktionen notwendig. Schrittweise sollten sie jedoch bei Entgegenkommen Russlands aufgehoben werden.

9. Fürchten Sie ein nukleares Wettrüsten oder gar den Einsatz von Atomwaffen? In welchem Konflikt sehen Sie die größte Gefahr?

Kurz: Atomwaffen sind weiterhin eine der größten Gefahren für die Menschheit. Die Gefahr eines neuen nuklearen Wettrüstens zwischen den USA, Russland und China besteht. Österreich war daher führend bei der Ausarbeitung eines internationalen Vertrags zum Verbot von Atomwaffen beteiligt. Unser Ziel ist es, dass dieser Vertrag möglichst bald in Kraft tritt.

Rendi-Wagner: Unser Ziel wird immer eine atomwaffenfreie Welt sein. Neben einem vor allem für Europa bedrohlichen Wettrüsten zwischen den USA und Russland, das mit dem Scheitern des INF-Vertrags über die Reduktion nuklearer Mittelstreckensysteme einen weiteren Höhepunkt erreicht hat, stellen vor allem der Konflikt zwischen den USA und dem Iran sowie zwischen den USA und Nordkorea globale Bedrohungen dar. Aber auch die Aufrüstung im Südchinesischen Meer muss mit Sorge beobachtet werden. Um diesen Konfliktherden entgegentreten zu können, gilt es, die Rolle der Vereinten Nationen zu stärken und die Abrüstungsbemühungen zu forcieren. Österreich kann hier als neutraler Staat und UNO-Sitz eine wichtige Rolle einnehmen.

Hofer: Ich hoffe nicht, dass die Situation an einem der globalen Brandherde eskaliert. Das Wettrüsten hat in Wahrheit leider nie aufgehört.

Meinl-Reisinger: Die nukleare Bedrohung wird aus der Welt nicht verschwunden sein, bis alle Nuklearwaffen zerstört sind. Wir wollen eine atomwaffenfreie Welt.

Pilz: Im Klimawandel, nach wie vor.

Kogler: Ich betrachte das Wettrüsten mit großer Sorge. Atomwaffen können jederzeit zum Einsatz kommen. Der Kaschmir-Konflikt, Indien und Pakistan besitzen beide Atomwaffen.

10. Wie kann der Iran-Atomdeal noch gerettet werden?

Kurz: Europa bekennt sich voll und ganz zum Wiener Atomabkommen, solange auch der Iran seine Verpflichtungen einhält. Wichtig ist es, offene Fragen direkt am Verhandlungstisch gemeinsam zu lösen. Jüngste iranische Ankündigungen, wieder mehr Anreicherungen vornehmen zu wollen, sehen wir daher mit großer Sorge. Denn eine iranische Atombombe muss jedenfalls verhindert werden. Abgesehen davon sehen wir die Rolle des Iran in der Region und das iranische Raketenprogramm sehr kritisch.

Rendi-Wagner: Durch Verhandlungen und Vernunft. Der Iran-Atomdeal muss halten - ein Teilausstieg ist ein völlig falsches Signal. Wir appellieren an den Iran, sich weiterhin an die Verpflichtungen des Atomabkommens zu halten. Wir dürfen diese historische Einigung nicht gefährden, indem wir den Hardlinern im Iran und den USA nachgeben. Nur wenn wir die Eskalationsspirale stoppen, können wir zu einer friedlichen Konfliktlösung zurückkommen. Wir werden alles daran setzen, dass der Iran und die USA sich wieder in vollem Umfang zu ihren Verpflichtungen aus dem Atomabkommen bekennen.

Hofer: Ich fürchte, dieser ist nicht mehr zu retten. Vielleicht braucht es einen neuen Anlauf, nachdem etwas Zeit vergangen ist.

Meinl-Reisinger: Europa muss mit einer einigen Außenpolitik auftreten und konsequent zu diesem Vertrag stehen, aber stets kritisch sein gegenüber der Menschenrechtssituation und der schwierigen Rolle des Iran in der Region.

Pilz: Durch konsequentes Festhalten am Vertrag durch die EU. Und durch Druck auf die USA.

Kogler: Mit diplomatischem Geschick, Überzeugungskraft und Geduld. Ein/e neu gewählte/r US Präsident/in könnte zumindest langfristig eine Perspektive bieten.

11. Sind Sie mit der Siedlungspolitik Israels einverstanden?

Kurz: Wir stehen weiterhin zu einer Zwei-Staaten-Lösung. Wichtig ist es, die offenen Fragen wie den finalen Status von Jerusalem oder eben die Frage der Siedlungen in direkten Gesprächen zwischen Israelis und Palästinensern am Verhandlungstisch zu lösen.

Rendi-Wagner: Eine friedliche Zweistaatenlösung mit einem Staat Israel in anerkannten und dauerhaft sicheren Grenzen und einem unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat ist der Weg, um ein friedliches Miteinander zu ermöglichen. Im Zentrum unserer außenpolitischen Bemühungen steht seit jeher der Dialog. Wir beobachten gerade in letzter Zeit mit Sorge, dass der Dialog der Provokation und Inszenierung weichen musste und sehen es als unsere Aufgabe, in Europa und in der internationalen Gemeinschaft das Gesprächsklima wiederherzustellen.

Hofer: Gewaltaktionen jeglicher Art sind klar abzulehnen und müssen im Sinne einer Friedenspolitik beendet werden.

Meinl-Reisinger: Die Ausbreitung israelischer Siedlungen sind Anlass zu tiefer Besorgnis, denn sie stehen einer friedlichen Zwei-Staaten-Lösung im Wege. Gemäß EU-Position ist der israelische Siedlungsbau auf besetztem palästinensischen Territorium unter internationalem Recht illegal und ein Hindernis für den Friedensprozess.

Pilz: Nein.

Kogler: Wir sind für die 2-Staatenlösung und wünschen uns, dass alle Seiten dazu beitragen, diese politische Vision zu realisieren. Wir glauben jedoch nicht, dass der Ausbau von Siedlungen einen positiven Beitrag in diesem Prozess darstellt.

12. Soll Österreich sein Abstimmungsverhalten zu Israel in der UNO ändern?

Kurz: Österreich hat bereits sein Abstimmungsverhalten in der UNO angepasst und Resolutionen, die klar politisch gegen Israel motiviert waren, abgelehnt. Mein klares Bekenntnis ist, dies auch weiterhin zu tun, denn einseitige politische Verurteilungen von Israel weise ich zurück.

Rendi-Wagner: Die Achtung der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und des Völkerrechts muss oberste Priorität haben. Eine Friedenslösung für den Nahen Osten unter Beteiligung aller regionalen Akteure und Akteurinnen zu entwickeln gehört für uns jedenfalls zu den drängendsten Problemen unserer Zeit. Dafür werden wir uns im Rahmen der UNO ebenso einsetzen, wie im bilateralen Kontext.

Hofer: Österreich hat als neutraler Staat seine Rolle auf diplomatischem Wege immer wieder zu überprüfen.

Meinl-Reisinger: Wir unterstützen die Intensivierung der bilateralen Beziehungen mit Israel und ein reflektiertes und ausgewogenes Abstimmungsverhalten innerhalb der entsprechenden UNO-Gremien.

Pilz: Grundsätzlich soll Österreich ein verlässlicher Unterstützer Israels bleiben. Aber nicht jeden Fehler der israelischen Regierung unterstützen.

Kogler: Österreich muss in seinem Abstimmungsverhalten widerspiegeln, dass alle Seiten internationales Recht einhalten sollen. Dafür wollen wir in UN-Gremien werben.

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19. April 2024