"Nichts geändert": Rechnungshof-Kritik an Bildungsdirektionen
WIEN. Der Rechnungshof (RH) übt in einem am Freitag veröffentlichten Bericht Kritik an der Konstruktion der seit 2019 bestehenden Bildungsdirektionen.
Die als gemeinsame Behörden von Bund und Ländern geschaffenen Einrichtungen hätten das Grundproblem der Kompetenzzersplitterung im Bildungswesen nicht gelöst. Vielmehr seien sie durch "komplexe Weisungszusammenhänge, mangelnde Flexibilität bei der Personalbewirtschaftung und Unterschiede bei den Bildungsregionen" gekennzeichnet.
Ganz überraschend kommt die Kritik nicht: 2015 unternahm man nach bereits zuvor gescheiterten Anläufen erneut den Versuch, die zwischen Bund und Ländern bzw. Gemeinden aufgeteilten Kompetenzen in der Schulverwaltung neu zu ordnen. Da niemand auf Zuständigkeiten verzichten wollte, kam es zu einem klassischen Kompromiss: Statt der bisherigen Einrichtungen Landesschulrat (entgegen des Namens eine Bundesbehörde) und Schulabteilung der Landesregierung (Landesbehörde) schuf man mit den Bildungsdirektionen einen Zwitter: Die Bildungsdirektionen sollten als gemischte "Bund-Länder-Behörden" die Aufgaben der bisherigen Einrichtungen übernehmen.
Bundeslehrer und Landeslehrer
An den eigentlichen Doppelgleisigkeiten änderte sich dadurch nichts: Es gibt weiter die sogenannten Bundeslehrer (Lehrer an AHS und BMHS) sowie Landeslehrer (v.a. Lehrer an Volksschulen, Neuen Mittelschulen, Sonderschulen, Polytechnischen Schulen und Berufsschulen) mit unterschiedlichen Dienstgebern und Dienstrechten, die wiederum unterschiedliche Zuständigkeiten mit sich bringen. Auch die verschiedenen Schulerhalter (Bund, Land, Gemeinden) blieben bestehen.
Das hat zur Konsequenz, dass der (vom Bildungsminister auf Vorschlag des Landeshauptmanns bestellte) Bildungsdirektor bzw. die Bildungsdirektorin in Angelegenheiten der Bundesvollziehung an Weisungen des Bildungsministers gebunden ist und in Sachen der Landesvollziehung an jene der Landesregierungen. Noch komplizierter ist es, wenn sowohl Bund als auch Land betroffen sind. Dann muss beiderseitiges Einvernehmen hergestellt werden.
Beispiel aus Salzburg
Als Beispiel für die praktischen Schwierigkeiten führt der RH ein Beispiel aus Salzburg an: 2021 wies das Bildungsministerium den Bildungsdirektor an, Personalveränderungen bzw. Nachbesetzungen von Landesbediensteten samt Qualifikationsprofilen zu melden. Das Amt der Landesregierung untersagte jedoch die Weitergabe der personenbezogenen Daten. Für den RH sind "die parallelen Weisungszusammenhänge im Rahmen der Bundes- und Landesvollziehung unter dem Gesichtspunkt potenzieller Interessen- beziehungsweise Treuekonflikte problematisch".
Weitere Konsequenz: In den neun Bildungsdirektionen mit knapp 2.000 Vollzeitstellen arbeiten weiter sowohl Bundes- als auch Landesbedienstete, für die verschiedene dienst- und besoldungsrechtliche Regeln sowie verschiedene Pensionssysteme gelten. Besonders plakativer Unterschied: Im Burgenland und in Niederösterreich erhielten die Landesbediensteten in der Bildungsdirektion am jeweiligen Landesfeiertag frei, die Bundesbediensteten nicht. Dies bedeute "vor allem eine Beeinträchtigung des Betriebsklimas", meint der RH.
Unübersichtlichkeit
Nur unzureichend genutzt wurde laut RH die gesetzliche Möglichkeit, den Bildungsdirektionen zusätzliche Aufgaben zu übertragen. So könnten etwa Länder die Zuständigkeit für die Kindergärten oder Horte dorthin auslagern - das ist aber nur vereinzelt geschehen. Ebenso wenig gab das Bildungsministerium seine Zuständigkeit für die Zentrallehranstalten ab oder das Landwirtschaftministerium jene im land- und forstwirtschaftlichen Schulwesen.
Folge des Wirr-Warrs ist eine gewisse Unübersichtlichkeit: Für dieselben schulischen Angelegenheiten gibt es unterschiedliche Ansprechstellen. Wer im Schuljahr 2020/21 etwa Schülerbeihilfe beantragen wollte, dem sprangen am dafür nötigen Antragsformular gleich 23 verschiedene behördliche Stellen entgegen.
Trotz vielfacher Ankündigung vom Bildungsministerium nach wie vor nicht umgesetzt ist die Erlassung einer Bildungscontrolling-Verordnung, moniert der RH. Damit soll sichergestellt werden, dass die Mittel im Schulwesen effizient und transparent eingesetzt werden.
Insgesamt wuchs seit der Einrichtung der Bildungsdirektionen deren Personalstand gegenüber den Vorgängerorganisationen von rund 1.570 Vollzeitäquivalenten (2018) auf rund 1.930 (2020). Dies resultierte laut RH insbesondere aus den übertragenen Landesaufgaben. "Zum Teil bauten die Länder aber auch zusätzliche Planstellen auf, was auf den Mehrbedarf aufgrund der neuen Struktur der Bildungsdirektionen zurückzuführen war."
Hat da jemand etwas Anderes erwartet?
Folgende grobe Management-Fehler:
- Änderungen durchdrücken, ohne mit den Betroffenen zu sprechen
- eine Struktur schaffen, in der man Diener zweier Herren (Bund und Land) sein soll
- alte Strukturen zerschlagen, ohne eine sinnvolle Alternative zu schaffen
Das kommt davon, wenn wir nur Studierte, die nie außer in den Parteiorganen oder sonst. polit. Gruppierungen "gearbeitet" haben.
Es gibt kaum ein Gebiet wo die Politik so hemmungslos mitreden darf wie im Bildungssystem. Da geht es bei der Direktorenbestellung nicht um die Fähigkeiten der Bewerber sondern allein um deren Parteibuch. So kann über die "Parteifreunde" Einfluss auf die Schule nehmen. Es stehen nicht die Schüler im Mittelpunkt - wie die Kunden in einem Supermarkt - nein die Wünsche einer kleinen Gruppe von Lehrer, die eben auch dieses Parteibuch haben sind für viele Dinge ausschlaggebend. Der "gewöhnliche Lehrer" muss neben dem Unterricht noch viele andere Aufgaben erfüllen, wenn er aber dem Parteifreund Direktor am Herzen liegt - weil Gesinnungsfreund - muss kaum supplieren, bekommt seinen Wunschstundenplan etc. Auch will er als erster gefragt werden, ob er nicht eine Schulklasse bei einer Klassenfahrt teilnehmen will. Die anderen werden einfach eingeteilt. Solange Bildung so läuft, wird es das Kind eines Parteilosen immer schwer haben. Denn das Ziel des Leiters ist es seinen Förderer zu gefallen.
Solange die Buerokratie weiter aufgeblaeht wird, passt es schon fuer unsere Politiker. Sie sind ja leider nur die Handlanger unserer Buerokratenelite. Und unter dem Deckmantel von Reformen, Umstrukturierungen und sogar "Einsparungen" laesst sich der oeffentliche Dienst weiterhin ausbauen.
Nebenbei mussten/konnten sich die alle Lehrer wegen Coronamaßnahmen auf die Bildungsdirektion aufregen.
warum soll etwas anders werden, die haben vorher und gehören jetzt auch zur Familie, das ist Voraussetztung
Wenn Daten nicht weitergegeben werden, liegt das eher an einem Boykott oder Querschuss als an der fehlenden Erlaubnis (weil die Bildungsdirektion ALLE diese Schulbehörden in der Zuständigkeit zusammenführt).
Es ist wie bei der Reform der SV, da wird auch an allen Ecken und Enden boykottiert und die Medien spielen da leider mit und hinterfragen wenig bis gar nichts.
Und wieder hat man einen "Totalschaden" durch eine nicht zielführende Reform herbeigeführt. Nicht dass ich etwa Reformen ablehnen würde, aber bevor man mangels erzielbarer ordentlicher Lösung (im aktuellen Fall: z. B. Klärung und Vereinfachung der Zuständigkeiten) eine Verschlimmbesserung des ursprünglichen Zustands erreicht, dann sollte man die Reform eher bleiben lassen. Es zeigt sich erneut, dass diese Art von Politik niemand braucht. Es geht offenbar nur um Macht und Einfluss; ob das in der Sache weiterhilft, ist offenbar nicht mal zweitrangig wichtig. Es ist offensichtlich völlig egal. Ein Armutszeugnis ist das!
"Nicht zielführende Reform" oder noch nicht weit genug gehende Reform, die von Anfang an untergraben wird?
Österreich Lösung:
Ein neues Schild nach Landesschulrat- Bildungsdirektion
vielleicht ein Neustart als Unbildungs Senat oder Landesschul- Rad
und Personal aufstocken.
Dann kann der RH mit einer ganz neuen Kritik
am neuen Institut wieder von vorne anfangen.
Ein typisches Beispiel für Österreichischen Föderalismus: Alle Gebietskörperschaften stecken irgendwie drinnen, müssen sich gegenseitig Geldmittel zuschanzen, und: Wer zahlt (Bund) schafft dann aber nicht an (Land).