Nehammer-Video lässt weiter Wogen hochgehen - "Tut mir im Herzen weh"

WIEN. Die Kritik an den Aussagen des Bundeskanzlers über Teilzeitarbeit und Kinderarmut reißt nicht ab.
Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser äußerte sich am Donnerstagabend im "ZiB 2"-Interview zu dem umstrittenen Video: "Mir tut das im Herzen weh. (...) Die Frauen, die in Armut leben und Kinder haben, die sparen sich das Letzte vom Mund ab. Die tun alles, um den Kindern ein möglichst gutes Leben zu ermöglichen", sagte Moser.
Die hohe Teilzeitquote unter Frauen liege hauptsächlich daran, dass es in Österreich zu wenig Betreuungsplätze für Kinder gibt. Besonders am Land hätten Frauen zu wenig Möglichkeiten für Kinderbetreuung, insbesondere am Nachmittag. Moser: "Ich kann nicht verstehen, warum man den Frauen etwas anlastet und von ihnen fordert, wo sie die Voraussetzungen überhaupt nicht haben, nämlich ausreichende Kinderbetreuung, um arbeiten zu können."
"Menschen nicht beschämen"
36.000 Kinder in Österreich hätten laut Statistik im vergangenen Jahr in Familien gelebt, die sich nicht jeden Tag eine warme Mahlzeit leisten können. "Wenn am Ende des Monats das Geld ausgeht, spart man als erstes beim Essen", sagte die Diakonie-Direktorin. Von der Politik forderte sie, ihre Verantwortung wahrzunehmen, "und Menschen mit Armutserfahrungen nicht zu beschämen."
Video: Das sagt die Direktorin der Diakonie zum Nehammer-Video:

"Wird Nehammer noch oft zu hören bekommen"
Dass das aufgetauchte Video den Kanzler noch länger beschäftigen wird, davon ging Politikberater Thomas Hofer in der "ZiB 3" aus. Es gebe sicherlich ÖVP-Zielgruppen, die Nehammer voll und ganz zustimmen, so Hofer: "Aber die Art und Weise, so wie er es gesagt hat mit den Beispielen, die natürlich salopp gemeint waren zur Unterhaltung des kleinen Publikums dort, die wird er noch oft zu hören bekommen." Im Zeitalter der sozialen Medien sollten Politiker wissen, dass es keine private Runde mehr gibt, so der Politikberater.
Video: Politikberater Hofer über die möglichen Folgen:
"Er bekommt den Geist nicht mehr zurück in die Flasche", bewertet Hofer die Tatsache, dass sich der Kanzler am Donnerstagabend mit einer Videobotschaft auf "X" (vormals Twitter) an seine Follower wandte und seine Aussagen verteidigte. "Aber wenn man als Kanzler erklären muss, was man gemeint hat, dann ist man schon falsch abgebogen."
Video: Nehammer verteidigt seine Aussagen in dem umstrittenen Video:
Reaktionen auf X
In den sozialen Netzwerken gibt das Kanzler-Video weiterhin Anlass für Diskussionen. Auf "X" finden sich neben ernster Kritik auch zahlreiche Tweets, die sich über Nehammers Aussagen lustig machen. Hashtags rund um das Video (wie #Mahlzeit oder #Mütter) dominieren die Trends beim Kurznachrichtendienst.
