So kommentieren internationale Medien den Wahlsieg der FPÖ
Das Abschneiden der Freiheitlichen bei der Nationalratswahl auf Platz eins beherrscht auch international die Schlagzeilen – Eine Auswahl von Pressestimmen.
"Frankfurter Allgemeine Zeitung":
"So symbolträchtig die Frage ist, ob ÖVP oder FPÖ als stärkste Kraft in den Wiener Nationalrat einzieht - Österreichs grundsätzliches Problem war offenkundig, lange bevor am Sonntagabend die ersten Zahlen veröffentlicht wurden: Die sehr weit rechts stehende FPÖ ist in der Zweiten Republik längst zu einer zentralen Kraft aufgestiegen, die die Politik des Landes prägt und die anderen Parteien vor sich hertreiben kann. Und das, obwohl (oder vielleicht gerade weil) sie sich unter Herbert Kickl immer weiter radikalisierte und nicht mehr nur die altbekannten fremdenfeindlichen Bilder bediente, sondern mit übelsten Beschimpfungen über politische Gegner herzog und keinen Hehl aus ihrer Nähe zu Rechtsextremen machte. In Österreich ist längst bittere Realität, was Deutschland nach den letzten Landtagswahlen von Osten her überkommt. (...)"
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"Frankfurter Rundschau":
"Es ist mehr als ein ernüchterndes Zeichen, das Deutschland aus Österreich erhält. Es ist ein Alarmsignal. Denn selbst wenn die Rechtspopulisten der FPÖ es nicht ins Wiener Kanzleramt schaffen sollten, weil eine Regierungsbildung auch ohne sie möglich ist, so hat die Partei doch in kürzester Zeit einen triumphalen Wiederaufstieg und ein beachtliches Ergebnis geschafft. Und das, nachdem vor wenigen Jahren ein Korruptionsskandal der ganzen Welt ihren wahren Charakter vor Augen geführt hatte - und ihr neuer Chef sie seitdem weiter ins Rechtsextreme radikalisiert hat. Das Wahlergebnis sollte vor allem denen in Deutschland eine Warnung sein, die auf eine Einhegung und Verbürgerlichung der hiesigen Rechtspopulisten von der AfD hoffen - etwa durch deren Aussicht auf Regierungsbeteiligung. Vielmehr zeigt sich in Österreich erneut, was zuvor schon hierzulande und nicht zuletzt in den USA aufgefallen war: Skandale, Misserfolge und Fehlverhalten schaden Populisten nicht."
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"Neue Zürcher Zeitung" (online):
"Erstmals erreichen die rechtspopulistischen Freiheitlichen bei einer Nationalratswahl den ersten Platz. Ihr Chef Herbert Kickl kann damit Anspruch auf das Kanzleramt erheben. Seine Chancen darauf sind dennoch gering (...)
Für Österreich ist das eine Zäsur, auch weil der FPÖ-Chef Herbert Kickl damit einen legitimen Anspruch auf das Kanzleramt stellen kann. Das Resultat entspricht zwar den Erwartungen: Die Freiheitlichen führten bereits seit Anfang 2023 sämtliche Umfragen an. Dennoch wird es dem Land in den kommenden Wochen intensive Debatten bescheren."
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"Politico" (online):
"Die rechtsextreme Freiheitliche Partei Österreichs hat am Sonntag den ersten Hochrechnungen zufolge den Wahlsieg errungen. Dies ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass eine Partei mit faschistischen Tendenzen eine nationale Wahl in dem Alpenstaat gewonnen hat.
Die Freiheitliche Partei, die in den 1950er-Jahren von einer Gruppe von Nazi-Veteranen gegründet wurde, lag mit 29,1 Prozent der Stimmen vor der Mitte-Rechts-Partei ÖVP, die derzeit eine Koalitionsregierung führt. (...)
Ein Sieg der Partei würde, wenn die Prognosen zutreffen, den Putin-freundlichen europäischen Block in Mitteleuropa erweitern."
"Kölner Stadt-Anzeiger":
"Das Wahlergebnis sollte vor allem denen in Deutschland eine Warnung sein, die auf eine Einhegung der hiesigen Rechtspopulisten von der AfD hoffen - etwa durch Regierungsbeteiligung. Denn in Österreich zeigt sich, was zuvor hierzulande und nicht zuletzt in den USA auffiel: Skandale und Fehlverhalten schaden Populisten nicht.
Der Erfolg der FPÖ ist dafür ein Beweis wie aus dem Lehrbuch: Nur fünf Jahre ist es her, dass die Rechtspopulisten eine Regierungskrise auslösten, als ein Video zeigte, wie ihr damaliger Chef Heinz-Christian Strache halb Österreich an russische Oligarchen verschachert hätte, wenn die zu seinen Gunsten die Presselandschaft manipulieren würden. Was in einer gesunden Demokratie den Untergang einer Partei ausgelöst hätte, reichte in Österreich nur für das Ende ihrer Regierungsbeteiligung und einen Wechsel an der Spitze."
"Corriere della Sera" (Rom):
"Zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich in Österreich eine rechtsextreme Partei durchgesetzt. Die populistische und nationalistische Welle, die 2024 bereits Frankreich, die Niederlande und andere europäische Länder erfasst hat, schwappt nun auch nach Wien über. Doch die FPÖ wird keine Verbündete für ihre Regierung finden".
"Augsburger Allgemeine":
"Deutlicher kann eine Klatsche kaum ausfallen. Weit über 15 Prozentpunkte hat die schwarz-grüne Koalition in Österreich verloren - die politischen Folgen aber dürften trotzdem von überschaubarer Brisanz sein. (...) Die FPÖ mit dem Provokateur Herbert Kickl an der Spitze hat unbestreitbar einen großen Sieg eingefahren, indem sie vor allem die Migration zum Thema gemacht hat. (...) Sein Triumph ist auch eine Warnung an die anderen Parteien in Österreich: Vor den Polarisierern von rechts schützt nur gutes Regieren. Und da liegt diesseits wie jenseits der Alpen einiges im Argen."
"Nepszava" (Budapest): "
Als Herbert Kickl, der derzeitige FPÖ-Chef, Innenminister war, wollte er einen Schatten-Geheimdienst schaffen. Später stellte sich heraus, dass als Kopf eines solchen Dienstes jemand vorgesehen war, der ein Spion für Russland war. Es wäre ein Sicherheitsrisiko für ganz Europa, wenn Kickl der nächste österreichische Kanzler wäre. Der FPÖ-Präsident hat regelmäßig Kritik an Putins autoritärer Politik zurückgewiesen und die Sanktionen gegen Russland kritisiert. Als Vorbild sieht der FPÖ-Präsident die Politik von Viktor Orban. Das überrascht eigentlich nicht: Einer seiner Vorgänger, Heinz-Christian Strache, hatte in dem weltberühmten Video im Ibiza-Skandal, das seinen Untergang einläutete, zugegeben, dass er in seinem Land Ungarns - genauer: Orbans - Medienpolitik umsetzen wolle."
"Gazeta Wyborcza" (Warschau):
"Bei einer weiteren Wahl in Europa hat die extreme Rechte triumphiert. Die rechte FPÖ hat bei der Parlamentswahl in Österreich mit 29 Prozent der Stimmen einen historischen Sieg errungen. Zum ersten Mal wird ein Politiker der Partei das Parlament leiten. Aber wird die Partei auch regieren? Herbert Kickl reichte bereits am Wahlabend den Politikern der derzeit regierenden ÖVP die Hand. Sollte ein solches Bündnis zustande kommen und der Extremist Kickl Bundeskanzler werden, wäre Österreich schnell auf einem ähnlichen Weg wie Ungarn. Der autoritäre Staat von Ungarns Regierungschef Viktor Orban fasziniert die österreichische extreme Rechte seit Jahren. Auch FPÖ-Politiker wollen die öffentlich-rechtlichen Medien an die Leine nehmen, der Zivilgesellschaft den Mund verbieten, die volle Kontrolle über die staatlichen Ressourcen übernehmen und ein Milliarden-Vermögen anhäufen. Das neutrale Österreich ist für die Russen seit langem ein sicherer Hafen in der EU. Unter der Herrschaft der FPÖ würde es zu Putins Brückenkopf. Österreich-Ungarn hat seine Rolle in der europäischen Geschichte gespielt. Das neue Bündnis würde eher von Budapest dominiert. FPÖ-Funktionäre würden dort hin pilgern, um die Zerstörung der Demokratie zu lernen. Dann hätten wir Ungarn-Österreich."
"Jyllands-Posten" (Aarhus):
"Am Sonntag schrieb die FPÖ Geschichte, als sie mit 29,2 Prozent der Stimmen die stärkste Partei in Österreich wurde. Die Frage ist dieselbe, wie sie es auch in den Niederlanden und in Italien war, wie sie es fast in Dänemark wurde und wie sie es in Deutschland, Frankreich und anderen europäischen Ländern werden kann: Was macht man mit dem Urteil der Wähler, wenn deren bevorzugte Partei mit einer Politik siegt, die in vielerlei Hinsicht dem Kern dessen widerspricht, wofür die etablierten Parteien stehen? In einer Zeit, in der Russland und China den Willen und die Fähigkeit bewiesen haben, europäische Politiker zu manipulieren und zu beeinflussen, steht viel auf dem Spiel. Die FPÖ, die fast jeder dritte Wähler in Österreich wählte, hat eine lange Geschichte mit Putin, der mit Außenministerin Karin Kneissl 2018 bei deren Hochzeit tanzte. Die Perspektiven einer erstarkenden nationalen Rechten in Europa sind weit größer als die Migrationspolitik, auf die das Phänomen oft reduziert wird. Es geht um die internationale Ordnung, die sowohl Russland als auch China mit großer Macht versuchen zu verändern."
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