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"Mit einer Einschätzung muss ich aufräumen: Ich bin nicht nur nett"

Von Wolfgang Braun   19.Juni 2019

Ein Comeback Heinz-Christian Straches in der Politik will dessen Nachfolger an der FPÖ-Spitze, Norbert Hofer, nicht ausschließen. Dafür habe er in der Politik zu viel erlebt, sagt Hofer im Interview mit den OÖNachrichten.

 

OÖNachrichten: Heinz-Christian Strache hat nach langem Zögern nun doch auf sein Mandat im EU-Parlament verzichtet. Sind Sie erleichtert?

Norbert Hofer: Es ist die richtige Entscheidung. Wir haben einige Gespräche geführt, und es war sicher klug, so zu handeln.

Gab es die Gefahr, dass die Frage einen Spalt in die Partei treibt?

Nein, in keiner Phase. Das war die allererste Aufgabe für mich als designierten Obmann, dass eben genau das nicht geschieht – und das ist auch gelungen.

Die oberösterreichische FPÖ-Spitze hat sich dafür ausgesprochen, dass Strache keine Funktion mehr in der Partei ausüben soll. Sehen Sie das auch so?

Wir haben das im Parteipräsidium lange besprochen. Wenn er das EU-Mandat angenommen hätte, wäre gleichzeitig ein Funktionsverzicht die Folge gewesen. Was in einigen Jahren der Fall sein wird, das kann ich aber jetzt noch nicht sagen.

In Wien wird nächstes Jahr gewählt: Können Sie sich vorstellen, dass Strache dort als Spitzenkandidat der FPÖ antritt?

Meine Erfahrung, vor allem auch der jüngeren Vergangenheit, ist, dass sich in der Politik vieles rasant ändern kann. Daher kann man das heute noch nicht sagen. Das hängt auch davon ab, welche Begleitumstände rund um dieses Video zutage treten.

Strache und viele in der FPÖ reden immer über die Begleitumstände des Videos. Aber die skandalösen Aussagen in dem Video kamen von Strache selbst – sehen Sie die als Kavaliersdelikt?

Nein, nein. Für seine Aussagen hat sich Strache entschuldigt, und dafür ist er auch zurückgetreten.

Ihr Parteikollege Herbert Kickl hat rund um das Video Enthüllungen in Aussicht gestellt. Wann kommen die?

Er wird im Laufe der nächsten Wochen einiges präsentieren, mit dem er aufzeigen wird, dass es bei uns im Staat Dinge gibt, die man besser organisieren muss.

Waren Zugeständnisse nötig, um Strache zum Verzicht zu bewegen?

Er hat sich Zeit erbeten, das genau zu überlegen. Man darf nicht vergessen, dass er in einer Ausnahmesituation war. Sich da zu sortieren, braucht Zeit, und die hat er sich genommen.

Dass Straches Gattin Philippa nun in Wien auf einem vorderen Listenplatz für die Nationalratswahl kandidieren kann, da ließe sich schon ein Zusammenhang herstellen.

Für mich ist klar, dass man diesen Zusammenhang sehen kann. Aber auch wenn Philippa nicht seine Frau gewesen wäre und sich im Tierschutz so engagiert hätte, wäre es nicht unwahrscheinlich gewesen, dass sie in so eine Position kommt. Man soll sie daran messen, wie sie ihre Aufgabe wahrnimmt.

Was wird Strache jetzt machen?

Er hat mir gesagt, er hätte auch Angebote aus der Wirtschaft. Aber das Wichtigste ist ihm, seinen Fall zu klären.

Haben Sie mit ihm einen Verhaltenskodex für seine Facebook-Aktivitäten vereinbart?

Nein. Es ist jeder reif genug, um zu wissen, was er postet.

Halten Sie eine Rückkehr Straches in die Politik für ausgeschlossen?

Es wäre unseriös, wenn ich das sagen würde. Es hängt davon ab, wie sich die Dinge klären.

Die FPÖ hat Sebastian Kurz als Bundeskanzler das Misstrauen ausgesprochen. Gilt das auch für die Zeit nach der Wahl?

Das Misstrauen galt für die damalige Bundesregierung in dieser Zusammensetzung, weil es quasi eine ÖVP-Alleinregierung gewesen wäre.

Wieder ist eine Koalition mit der ÖVP gescheitert. Wird das in Ihrer Partei das Misstrauen gegenüber der ÖVP befeuern?

Dass wir keine Freude mit der Situation haben, ist klar. Mit dem Rücktritt Straches wäre der Weg frei für die Fortsetzung der Koalition gewesen. So war es auch vereinbart. Das wurde zu leichtsinnig aufgegeben. Meine Erfahrung ist aber auch: Die Situation nach der Wahl ist mit der vor einer Wahl oft nicht vergleichbar.

Eine Neuauflage mit der ÖVP wäre also eine Option?

Mit persönlich wäre es lieber, wenn wir wieder regieren könnten – aber sicher nicht um jeden Preis.

Vertrauen Sie Sebastian Kurz?

Wir haben sehr gut zusammengearbeitet, aber Sie können sich vorstellen, dass die Ereignisse eine sehr starke Belastungsprobe waren – und das noch dauert.

Herbert Kickl war der Grund für den Koalitionsbruch. Wird sein Platz in der Regierung auch bei etwaigen Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP wieder eine Bedingung sein?

Wenn es zu diesen Gesprächen kommen würde, bin ich mir sicher, dass darüber diskutiert werden wird. Es war wirklich Kickl der Grund, warum die ÖVP abgesprungen ist. Die ÖVP wollte unbedingt das Innenministerium haben, aber mit Argumenten, die nicht nachvollziehbar waren.

Sie bilden mit Herbert Kickl ein Duo an der FP-Spitze, wobei er attackiert und Sie für die verbindlichen Töne verantwortlich sind. Bleibt diese Arbeitsteilung?

Mit einer Einschätzung muss ich aufräumen: Ich bin nicht nur nett. Es gibt Situationen, da muss man durchgreifen, wenn man in der Politik überleben will. Aber grundsätzlich versuche ich, auch Mitbewerber nicht unter der Gürtellinie zu attackieren.

Im Burgenland koaliert die FPÖ mit der SPÖ. Im Parlament hat man einiges gemeinsam beschlossen. Ist Rot-Blau eine Option?

Die Wahrscheinlichkeit geht gegen null, weil es sich rechnerisch kaum ausgehen wird. Ich glaube auch, dass es in der SPÖ einen Flügel gibt, der das gar nicht will. Man darf auch nicht vergessen, dass man einige Mandate Überhang für eine stabile Mehrheit braucht. Wie viele Varianten da wirklich in Frage kommen, das muss man erst abwarten. Ich bin auch kein Freund von Dreierkoalitionen, die halte ich für instabil.

Der große Star der vergangenen Wochen war Bundespräsident Alexander Van der Bellen, mit dem Sie sich 2016 einen langen Wahlkampf geliefert haben. Wie sehen Sie sein Agieren – hätten Sie etwas anders gemacht?

Er hat es sehr gut gemacht, wir hatten in dieser Phase etliche Gespräche auf einer guten persönlichen Ebene. Ein Präsident hat in einer solchen Lage nicht viele Möglichkeiten. In so einer Situation ist es wichtig, die Ruhe zu bewahren und zu vermitteln, dass wir keine Staatskrise haben. Das hat er gemacht, und das war sehr wichtig.

Wie lange werden Sie FPÖ-Parteichef bleiben?

Mein Leben hat sich komplett verändert. Für mich stellt sich natürlich die Frage, wie das bei der nächsten Bundespräsidenten-Wahl sein wird. Aber jetzt geht es einmal darum, die FPÖ auf Vordermann zu bringen. Ich komme immer dann zum Einsatz, wenn es schwierig wird.

 

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