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Lunacek tritt zurück: "Mir wurde keine Chance mehr gegeben"

Von nachrichten.at/apa   15.Mai 2020

"Mir wurde keine Chance mehr gegeben", sagte Lunacek bei einer Pressekonferenz. Das habe sie im Laufe dieser Woche gemerkt. Sie verwies darauf, dass es große Enttäuschung und Unzufriedenheit mit ihr im Kunst- und Kulturbereich gegeben habe. Und das, obwohl man sich zuletzt auf ein 700-Millionen-Euro-Paket für Nichtregierungs-Organisationen geeinigt habe, von dem auch kulturelle Vereine profitieren würden.

Tatsächlich war der Druck zuletzt massiv gestiegen, weil es für Lockerungen der Corona-Restriktionen im Kulturbereich noch immer keine konkreten Pläne gibt. Plan- und Empathielosigkeit wurden ihr vorgeworfen. Eigentlich hätte Lunacek heute den Öffnungs-Fahrplan präsentieren sollen. Dies sei aber noch nicht gelungen, so Lunacek. Wie berichtet, hat Herbert Föttinger, Direktor des Theaters in der Josefstadt, die Bundesregierung als "Zumutung für die Kulturnation" bezeichnet.

>> Video: Das Statement von Ulrike Lunacek

Kurz: "Keine einfache Zeit"

"Entscheidungen wie diese sind höchstpersönliche Entscheidungen", war alles, was Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Donnerstag in der "ZiB2" zu Rücktrittsgerüchten rund um Kultur-Staatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) sagen wollte. "Die Staatssekretärin hatte keine einfache Zeit in den letzten Wochen", meinte er noch unter Hinweis auf die in der Corona-Pandemie besonders anspannte Situation der Kultur.

Er habe zu Lunacek "ein gutes persönliches Verhältnis", erklärte Kurz. Auf die Frage, ob im Fall ihres Rücktritts die Kultur-Zuständigkeit wieder zur ÖVP wechseln könnte, versicherte er: "Die Ressortverteilungen sind klar'" und "sie werden sich auch nicht ändern".

Was die angespannte Situation im Kulturbereich betrifft, bekräftigte Kurz, er hoffe, dass "wir in den nächsten Tagen ein Konzept vorlegen können, wie wir auch die Kulturnation Österreich wieder auferstehen lassen können". Darum "bemühen wir uns natürlich unabhängig von Personen". Auf die Frage nach - von Kulturschaffenden ebenfalls vehement eingeforderter - stärkerer finanzieller Unterstützung ging er nicht näher ein. "Natürlich" brauche es diese, aber ebenso sehr brauche es Wege, um wieder Auftritte zu ermöglichen.

Lunacek bekommt "Nachfolgerin"

Laut Ulrike Lunacek wird es eine "Nachfolgerin" geben, "die in dieser Krisensituation hoffentlich mehr erreichen kann, als mir gelungen ist". Die Grün-Abgeordnete Eva Blimlinger, die den parlamentarischen Kulturausschuss leitet, wird es nach eigenem Bekunden nicht. Sie wolle im Nationalrat bleiben, sagte Blimlinger.

>> Video: ORF-Reporter Peter Schneeberger erörtert, was die Nachfolgerin von Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) anders machen müsste, damit die Kommunikation zwischen Kulturbranche und Politik besser läuft.

Ulrike Lunacek war bereits zuvor von den Neos und von FPÖ-Chef Norbert Hofer ("unterirdische Performance") zum Rücktritt aufgefordert worden. >> Was Stelzer dazu sagt

>> Video: Grüne Parteikreise bestätigten gegenüber der "ZiB", dass Lunaceks Rücktritt unmittelbar bevorsteht. Kanzler Kurz nahm zu den Gerüchten Stellung:

Lunaceks Posten kam überraschend

So hat sich Ulrike Lunacek ihr politisches Spätwerk wohl eher nicht vorgestellt: zuerst die Grünen aus dem Nationalrat geführt und dann im Amt der Kunst- und Kulturstaatssekretärin nie richtig angekommen.

Dass die Wahl Werner Koglers beim Kunst- und Kulturstaatssekretariat auf Lunacek gefallen war, kam überraschend. Zwar wurden ihr allerlei Kompetenzen zugeordnet, Kultur und Kunst waren jedoch nicht darunter. Entsprechend naserümpfend reagierte von Anfang die - freundlich ausgedrückt - selbstbewusste Szene. Dazu kam noch Gegenwind aus den eigenen Reihen, war doch die vormalige Rektorin der Akademie der Bildenden Künste und heutige Nationalratsabgeordnete Eva Blimlinger auch öffentlich beleidigt, nicht auserkoren worden zu sein.

Freilich, allzu geschickt stellte sich die bald 63-jährige Niederösterreicherin in ihrer kurzen Amtszeit nicht an. Nie hatte man den Eindruck, dass sich die eigentlich auf Europa- und generell internationale Politik spezialisierte Dolmetscherin in ihrer neuen Aufgabe allzu wohl fühlte.

>> Video: Gemischte Reaktionen aus dem Kulturbereich

Unglücklicher Auftritt mit Kogler

Das wäre vermutlich nicht so tragisch gewesen, hätte nicht die Coronakrise eingeschlagen und hätte der von ihr zu betreuende Bereich nicht zu den am stärksten betroffenen Branchen gehört. Ein äußerst unglücklicher Auftritt an der Seite von Vizekanzler Werner Kogler zu möglichen Lockerungen brachte die Kulturschaffenden endgültig gegen sie auf. Dass sie bis zuletzt nicht in der Lage war, Auswege aus der Krise zu definieren, ließ einen medialen Shitstorm auf sie niederregnen - besonders bitter für eine Grüne, konnte sich die Partei doch stets Sympathiekundgebungen aus der Szene sicher sein konnten.

Irgendwie war es Lunacek am Ende wohl zu blöd, auch wenn das zweite Scheitern in kurzer Zeit sicher bitter ist. Vielleicht noch schlimmer war für sie, als sie vor zwei Jahren nach dem überstürzten Abgang von Eva Glawischnig für die damals zerstrittenen Grünen in die Nationalratswahl zog und das vorher fast Undenkbare geschah, dass die Partei aus dem Nationalrat flog.

Ulrike Lunacek: Ihre politische Karriere in Bildern

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Anerkannte Sachpolitikerin in Brüssel

Dabei hatte Lunacek durchaus auch Erfolg beim Wähler erfahren, so durfte sie sich als Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl 2014 über 14,5 Prozent für die Grünen freuen. Dass sie es politisch auch hart kam, bewies sie, als sie einige Jahre davor Veteran Johannes Voggenhuber an der Spitze der Europadelegation ablösen konnte.

In Brüssel war sie über die Parteigrenzen hinweg als Sachpolitikerin anerkannt. Wichtig war ihr, die seit vielen Jahren in einer Beziehung mit einer Peruanerin lebt, stets die rechtliche Gleichstellung Homosexueller. In der Europapolitik wurde der Kosovo zu ihrer Schwerpunkt-Region. Dort war sie Berichterstatterin des Europaparlaments, dem sie als Vizepräsidentin auch mit vorstand.

Lunacek gilt als Pragmatikerin innerhalb der Grünen und passte damit auch gar nicht so schlecht in eine türkis-grüne Konstellation. Positionen der Volkspartei waren ihr von Kindheit an nicht fremd, stammt sie doch aus einem konservativen Elternhaus. Ihr Vater war unter anderem Generaldirektor bei der Raiffeisen Ware, die Familie lebte in Niederösterreich und Wien durchaus bürgerlich.

>> Video: Kurz spricht über seinen umstrittenen Besuch im Kleinwalsertal und informiert über die Zukunft des Kulturbereichs.

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