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Eiszeit im Nationalrat: Kanzler „ohne Moral“, „vernichtende“ Opposition

Von Lucian Mayringer   17.Mai 2021

Erwartet emotionsgeladen und gespickt mit viel Polemik war am Montag die von der Opposition einberufene Sondersitzung, in der es vor allem um die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss gegen Kanzler Sebastian Kurz (VP) ging.

„Ihre Unschuldsbeteuerungen erinnern mich an Karl-Heinz Grasser“, zog etwa der SP-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Jan Krainer, Vergleiche zum Ex-Finanzminister. Anders als vom Kanzler behauptet, hätten Chats von ÖBAG-Chef Thomas Schmid gezeigt, dass Kurz bei dessen Bestellung „die Fäden gezogen hat“.

Zu den Leistungen des Ibiza-Ausschusses zählte Krainer etwa, dass die Justiz wegen der Spenden an die ÖVP und Ex-FP-Chef Heinz-Christian Strache von Privatkliniken und zugehöriger Gesetzesänderungen ermittle. Oder die Erkenntnis, dass in der Schredderaffäre im Kanzleramt nicht nur Drucker-, sondern auch Laptop-Festplatten verschwunden seien. Krainers Fazit: Der Kanzler vermittle „ein Bild ohne Anstand, ohne Respekt, ohne Moral“.

„Das Wort im Mund umgedreht“

Im Anschluss war Kurz am Wort, der in den Angriffen der Opposition einen Höhepunkt beklagte. Das ausschließliche Ziel sei es, „zu diffamieren, zu beschädigen und irgendwie zu vernichten“. Im U-Ausschuss sei es nur darum gegangen, ihm „das Wort im Mund umzudrehen. Die entsprechenden Anzeigen wurden mitgeliefert“. Bei einer konkreten Anfrage zum Ablauf der ÖBAG-Bestellung verwies Kurz auf die Dutzenden Gespräche und Telefonate, die er als Kanzler täglich führe. Da könne er sich nicht an alle Details erinnern.

Video: Der Schlagabtausch im Nationalrat

FP-Klubobmann Herbert Kickl erinnerte den Kanzler einmal mehr an die Tage nach dem Auffliegen des Ibiza-Videos vor genau zwei Jahren. Damals habe der VP-Chef wegen anstehender Ermittlungen seinen Rücktritt als Innenminister verlangt. „Was ist jetzt, wo sich die Ermittlungen gegen Sie und Ihre engsten Verbündeten richten?“, fragte Kickl, dem der Vorwurf des Postenschachers „in Ceausescu-Manier“ (rumänischer Ex-Diktator, Anm.) einen Ordnungsruf einbrachte. Ein Misstrauensantrag der FPÖ gegen Finanzminister Gernot Blümel (VP) blieb ohne Mehrheit. Dass Blümel erst angesichts der drohenden Exekution durch den Bundespräsidenten E-Mail-Protokolle an den U-Ausschuss lieferte, war Anlass der Sondersitzung.

Dass Kurz und Blümel abgesehen von der eigenen Fraktion kaum Schützenhilfe erwarten konnten, lag auch an den Grünen. Der Finanzminister habe das Parlament bei der Aktenlieferung „an der Nase herumgeführt“ und sei dann „hochnotpeinlich“ dazu gezwungen worden, kritisierte die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer. Zuletzt habe Blümel auch noch versucht, das Hohe Haus mit pauschal als „geheim“ eingestuften Daten zu „papierln“. Erst jetzt würden diese digital geliefert. Maurer bezeichnete Justizministerin Alma Zadic als Garantin dafür, dass die Staatsanwaltschaft „in Ruhe ihre Arbeit machen kann“.

Eine rechtswissenschaftliche Belehrung für Kurz gab es durch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Weil es bei falscher Beweisaussage um ein „Offizialdelikt“ gehe, müsse die Justiz bei einem Anfangsverdacht von sich aus tätig werden. An den laufenden Ermittlungen sei also nicht die Anzeige der Opposition schuld. Sie habe mit Bestürzung vernommen, dass Kurz selbst bei einer Verurteilung nicht zurücktreten wolle. Dabei sei „guter Konsens in der Zweiten Republik“, bei einer Anklage zurückzutreten. Denn „für das Amt gelten andere Regeln“, schließlich gehe es um die Handlungsfähigkeit eines Bundeskanzlers.

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