"Roter Teppich mit Schleimspur": Kogler übt scharfe Kritik an WKÖ

WIEN. Nachdem Vizekanzler Kogler der Wirtschaftskammer in der Zib2 vorgeworfen hatte, für Österreichs Abhängigkeit von Öl und Gas aus Russland mitverantwortlich zu sein, fordert Mahrer eine Entschuldigung.
Wie berichtet, stellt die Wirtschaftskammer (WKÖ) die Einführung des CO2-Preises mit 1. Juli 2022 infrage. Generalsekretär Karlheinz Kopf sprach sich für eine Verschiebung um mindestens ein Jahr, vielleicht auch zwei Jahre aus, wie er am Montag sagte. Präsident Harald Mahrer argumentierte, dass die Preise nun ohnehin sehr hoch seien und Marktmechanismen greifen.
Die Forderung der Wirtschaftskammer stößt auf heftige Kritik von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Er hat gestern, Montagabend, in der "ZIB2" der Kammer ausgerichtet, dass sie es war, die dem russischen Staatschef Wladimir Putin "den roten Teppich ausgerollt hat", und zwar einen "roten Teppich mit Schleimspur". Mahrer zeigte sich empört, wies die Vorwürfe als haltlos zurück und forderte am Dienstagnachmittag eine Entschuldigung von Kogler.
Video: Kogler spricht im "ZIB 2"-Interview zu den Themen Flüchtlingshilfe und dringend benötigten neuen Quellen für die Energieversorgung sowie zu der Neutralitätsdebatte.
Nun sollten sich die Regierungsmitglieder selbst eine Meinung bilden "und sich nicht von jenen aufscheuchen lassen, die uns genau in dieses Unglück mit hineingeführt haben", meinte der Vizekanzler. Die Forderung der Wirtschaftskammer bezeichnete Kogler als "Diskussionsbeitrag", es gelte aber nun die Energiewende herbeizuführen. Die derzeitigen Preisverwerfungen aufgrund des Krieges mitten in Europa würden ein Vielfaches der CO2-Bepreisung ausmachen. Außerdem hänge an dem Vorhaben auch der Energiebonus, der ärmeren Einkommensschichten netto mehr bringen würde. "Das hilft jenen, die es am meisten brauchen", sagte der Vizekanzler im ORF.
Von dieser Milde war Kogler dann weit weg, als er zum Vorstoß von WKÖ-Präsident Harald Mahrer und Generalsekretär Karlheinz Kopf zur Verschiebung der CO2-Bepreisung gefragt wurde. Kogler im Originalton: "Ich bin ein bisschen vorsichtig geworden hier diese Debattenbeiträge wohlwollend aufzunehmen. Es waren ja die Herrschaften aus der Bundeswirtschaftskammer die uns genau immer wieder, und zwar aktiv, in diese Abhängigkeit mithineingeritten haben. Es ist schon seit 2009 klar, dass wir als Österreich viel stärker rausgehen sollen aus den Fossilen, aber jedenfalls diversifizieren müssen. Und genau das Gegenteil ist passiert. Die Vorgängerregierungen, und allen voran die Wirtschaftskammer, die Putin den roten Teppich ausgerollt haben, Standing Ovations, Roter Teppich mit Schleimspur, das geht sich nicht aus. Und jetzt kann es nicht so sein dass das völlig unberücksichtigt bleibt in der Bewertung."
"Haltlose Vorwürfe"
WKÖ-Chef Harald Mahrer fordert von Kogler (Grüne) eine Entschuldigung für dessen Rundumschlag. "Ich weise die haltlosen Vorwürfe des Vizekanzlers entschieden zurück, die WKÖ wäre in irgendeiner Art und Weise für die Abhängigkeit von russischem Gas verantwortlich - sowohl inhaltlich als auch was das Niveau der Wortwahl betrifft", schreibt Mahrer am Dienstagnachmittag in einer Stellungnahme. "Es wäre eine rasche Entschuldigung des Vizekanzlers gegenüber der Wirtschaftskammer-Organisation, den Funktionärinnen und Funktionären und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angebracht", so Mahrer.
Angesichts des "entsetzlichen Angriffskriegs gegen die Ukraine" würden Unternehmen und Haushalte mit steigenden Energiepreisen kämpfen. "Es stellt sich in einer nie dagewesenen Dimension die Frage der Versorgungssicherheit und der Leistbarkeit von Energie für die Betriebe und die Haushalte. Das muss die Spitzenpolitik jetzt sachlich im Auge behalten und jegliche Belastungsmaßnahme auf den Prüfstand stellen", so Mahrer.
Kritik und Zuspruch
Zuvor hatte sich der Dachverband Erneuerbaren Energie Österreich (EEÖ) "äußerst irritiert von den Ideen der WKÖ und deren gewünschten energiepolitischen Maßnahmen" gezeigt. "Die erstbeste Situation dazu zu benutzen, um sich gegen eine Bepreisung von CO2 zu stellen oder ein wirksames Energieeffizienzgesetz zu verhindern ist zwar als Position der WKÖ nicht überraschend, aber dennoch äußerst rückwärtsgewandt und entlarvend", kritisierte Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des EEÖ.
Eine komplette Abkehr von der "Teuer-Steuer" fordert hingegen die Freiheitliche Wirtschaft. "Dass die offizielle Interessensvertretung der Unternehmen in Zeiten massiver Energiepreisexplosion nicht eine sofortige Kübelung dieser Sinnlos-Steuer fordert, ist verwunderlich", so Bundesobmann-Stellvertreter Reinhard Langthaler. Unterstützung bekam er von FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch, der ebenfalls die Nicht-Einführung einer CO2-Bepreisung verlangt.
Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) wiederum fordert "mehr Vernunft, weniger Ideologie". Das Aussetzen der Bepreisung um mindestens ein Jahr sei "durchaus vernünftig".
WK: Lobbyismus-Vorwurf "extrem polemisch"
WKÖ-Generalsekretär Kopf sagte, es brauche angesichts der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs eine Debatte, ob der geplante Preis von 30 Euro pro Tonne CO2 ausgerechnet am 1. Juli diesen Jahres eingeführt werden solle. Kopf betonte gleichzeitig, das Modell an sich, also die Umweltkosten der Treibhausgasemissionen mit einem Preis zu versehen, nicht infrage zu stellen.
Klimaschützer werfen der Wirtschaftskammer seit längerem sozusagen fossilen Lobbyismus vor. Mahrer wehrte sich in der Pressekonferenz dagegen. Dieser Vorwurf sei "extrem polemisch".

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