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Keine Minijobs mehr für Arbeitslose? Kritik an AMS-Vorstand Kopf

Von nachrichten.at/apa   26.August 2021

Die Neuaufstellung der heimischen Arbeitsmarktpolitik im Herbst könnte ein "Aus" oder eine massive Einschränkung für die Zuverdienstmöglichkeit bringen, um mehr arbeitslos gemeldete Menschen wieder in Jobs zu bringen, vor allem Langzeitarbeitslose. Dafür sprach sich Arbeitsmarktservice-Vorstand Johannes Kopf im OÖN-Interview aus. Derzeit ist ein Zuverdienst von 475 Euro im Monat erlaubt.

Ja, er sei für die Abschaffung des Dazuverdienens – zumindest für eine massive Einschränkung, erklärte Kopf auf eine entsprechende Frage. Er habe über das Thema Dazuverdienen viel nachgedacht, weil es auch Argumente dafür gebe. "Die Leute haben zumindest einen Fuß in der Arbeitswelt und verlernen nicht die Arbeitstugenden. Ist dieser Fuß in der Tür nützlicher, als es schädlich ist, weil der Unterschied zum Erwerbseinkommen zu gering wird? Inzwischen bin ich so weit: Es gehört - wenn nicht verboten - so doch massiv eingeschränkt. Wir haben dabei gute Erfolge mit dem Erhebungsdienst."

Wirtschaftsbund unterstützt Forderung

Der ÖVP-Wirtschaftsbund (WB) unterstütze am Donnerstag in einer Aussendung den Vorschlag von Kopf. Die Rekordzahl an offenen Stellen bei hoher Arbeitslosigkeit bestätige klar die strukturellen Probleme am Arbeitsmarkt. "Es kann nicht sein, dass es für Arbeitslose lukrativer ist, die staatlichen Unterstützungsleistungen mit Nebenjobs aufzubessern, als aktiv am Erwerbsleben teilzunehmen", so WB-Generalsekretär Kurt Egger. Durch die Kombination aus Arbeitslosengeld, sonstigen Unterstützungen und dem Nebenverdienst sei es oft attraktiver, in der Arbeitslosigkeit zu verharren. Positive Anreize wie ein degressives Arbeitslosengeld, überregionale Mobilitätsförderung oder Kombilohnmodelle sollten den Arbeitsmarkt dynamischer machen.

3 Fragen an AMS-Chef Johannes Kopf

Haben ungeimpfte Personen einen Nachteil bei der Jobsuche? AMS-Chef Johannes Kopf beantwortet drei Fragen rund um das Thema Arbeitslosigkeit in Oberösterreich.

Kritik von vielen Seiten

Von FPÖ, Grünen, SPÖ und ÖGB kam am Donnerstag in Aussendungen hingegen Ablehnung für Kopfs Forderung. Das Ende von Nebenjobs für Arbeitslose wäre laut SPÖ "leistungsfeindlich, herzlos und unsozial". Der ohnedies geringe Zuverdienst zum Arbeitslosengeld sei für viele ältere Menschen und ihre Familien die einzige Möglichkeit, finanziell über die Runden zu kommen, so Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Es brauche stattdessen "eine Joboffensive und faire Löhne, von denen man gut leben könne".

SPÖ fordert Mindestlohn

Die SPÖ fordert einen Mindestlohn von 1.700 Euro und eine Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des Letztbezuges. Letzteres forderte auch der ÖGB in einer Aussendung und lehnte den Vorschlag von Kopf ab: "Wir haben noch immer rund 350.000 Arbeitslose, die mit einem Arbeitslosengeld auskommen müssen, das mit durchschnittlich 1.000 Euro unterhalb der Armutsgrenze liegt", so die Leitende Sekretärin Ingrid Reischl. Es brauche eine Gesamtdiskussion, wie Menschen in Beschäftigung gebracht werden könnten - dazu zähle laut ÖGB die Qualifikation von Arbeitssuchenden sowie die Bewertung der Jobangebote auf ihre Zumutbarkeit.

Grüne warnen vor Armutsfalle

Die Grünen sehen dringenden besonderen Reformbedarf in Hinblick auf eine "soziale Absicherung arbeitsloser Menschen". Man stehe für eine breit geführte Diskussion über eine Reform der Arbeitsmarktpolitik bereit. Eine Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeiten bei Arbeitslosigkeit sei aber eine Armutsfalle "solange Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nicht angehoben werden", so Markus Koza, Arbeits- und Sozialsprecher der Grünen.

FPÖ sieht Abschaffung des Sozialstaats

Die freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch sah in der Forderung vom AMS-Chef eine langsame, aber kontinuierliche Abschaffung des Sozialstaates. Sie forderte stattdessen von Kopf, sich um sein AMS selbst zu kümmern: "Er könnte seine Energien zum Beispiel dafür einsetzen, um all jene aufzuspüren, die neben ihres Arbeitslosenentgeltes einer Schwarzarbeit nachgehen." Wenn sich jemand tatsächlich bemühe und in diesen schweren Zeiten einen kleinen Zuverdienst einer geringfügigen Beschäftigung finde, könne das aus dem Ärgsten heraushelfen und sei zu begrüßen. Es helfe auch, soziale Kontakte zu pflegen und man habe noch ein Bein in der Arbeitswelt.

Neos für degressives Modell

Die Neos forderten bei der Streichung des Zuverdienstes das Arbeitslosengeld am Anfang zu erhöhen - beispielsweise auf 65 Prozent, und dann schrittweise abzusenken. "Dieses degressive Modell würde Menschen, die nur kurz arbeitslos sind, finanziell absichern und Anreize schaffen, schnell wieder in Beschäftigung zu wechseln. Damit das auch bei Notstandshilfeempfängern gelingt, sollte dort allerdings kein Zuverdienst mehr möglich sein", so Sozialsprecher Gerald Loacker. Als das große Problem würde nämlich die Schwarzarbeit die Menschen davon abhalten, wieder einen Vollzeitjob anzunehmen.

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