"Gegen das türkise Blendwerk": Kickl übernimmt das blaue Ruder
Mehr als sechs Stunden haben am Montagvormittag die blauen Granden im Parteipräsidium die Köpfe zusammengesteckt, um nach dem Abgang von Norbert Hofer die Führungsfrage zu klären. Am Ende mit dem erwarteten Ergebnis: "Alle Unkenrufe sind Lügen gestraft worden, denn es ist weißer Rauch aufgestiegen", feierte Herbert Kickl danach seinen eigenen Aufstieg vom Klubobmann zum designierten Parteichef. Und es wird eine rasche Lösung werden. Schon am 19. Juni sollen die Delegierten auf einem Sonderparteitag (Ort noch unbekannt) Kickl zum zwölften Obmann in der freiheitlichen Geschichte machen.
Dass Generalsekretär Michael Schnedlitz von einem "einhelligen" Beschluss für Kickl und einer "starken, geschlossenen FPÖ" sprechen konnte, lag freilich an einem für alle gesichtswahrenden Winkelzug.
Dringende Termine
Christof Bitschi (Vorarlberg) und vor allem Manfred Haimbuchner (Oberösterreich), jene FP-Landeschefs, die dezidiert gegen Kickl waren, weil sie in ihm die Verengung auf einen radikalen Oppositionskurs sehen, verließen die Sitzung vorzeitig – aus terminlichen Gründen, so die offizielle Sprachregelung von Interimsparteichef Harald Stefan. Beide ersparten sich damit die Abstimmung über Kickl. "Sie haben aber vorweg gesagt, dass sie die Entscheidung des Präsidiums mittragen werden", betonte Stefan.
Video: Politikwissenschafter Anton Pelinka analysiert die umstrittene Rolle von Herbert Kickl und seine Herausforderungen als neuer Parteichef.
Auch Hofer, der sich davor mehrfach über Kickls öffentlich erhobenen Führungsanspruch beklagt hatte, ersparte sich durch einen ebenfalls vorzeitigen Abgang das Votum über seine Nachfolge.
Hofer, der Dritter Nationalratspräsident bleiben will, habe seine Verbundenheit mit der Partei "egal in welcher Funktion" zum Ausdruck gebracht, sagte Stefan. Kickl fand erst auf Nachfrage lobende Worte für seinen Vorgänger ("Ich hole das gerne nach und bedanke mich ausdrücklich für die geleistete Arbeit"). Jörg Haider, seinen langjährigen Chef, bezeichnete Kickl als seinen "in vielen Bereichen besten Lehrmeister".
Für Haimbuchner gab es eine Respektsbekundung ohne Anstoß: "Ich schätze ihn als einen, der einen eigenen Kopf hat." Wichtig sei, dass am Ende das Einende "immer das viel Größere" sei. Kickl verwies auf die unterschiedlichen Aufgabenstellungen für alle in der FPÖ, "ob in Tirol, in Oberösterreich oder in der Bundespartei".
Und in Letzterer sollte der von Kickl als Klubchef oft geführte Frontalangriff auf die ÖVP von Kanzler Sebastian Kurz nun zur Generalstrategie werden. "Ich halte die türkise ÖVP für das größte politische Blendwerk der Zweiten Republik", erklärte der designierte Chef der Blauen. Er werde damit "dieses Projekt aufnehmen, ohne mich zu verbiegen", sagte Kickl. Nachsatz: Er glaube, dass die FPÖ "schon bei den Wahlen in Oberösterreich (im September) die ersten Früchte ernten" könne.
Video: Hanno Settele spricht im über die Erwartungen an Herbert Kickl als neuer Chef der FPÖ.
Während die Führungsentscheidung in der FP Oberösterreich kommentarlos aufgenommen wurde, gab es aus anderen blauen Landesorganisationen Applaus: Der steirische FP-Chef Mario Kunasek lobte Kickl als "hervorragenden politischen Kopf", Udo Landbauer (NÖ) sah "den richtigen Mann für die Spitze designiert". Für Markus Abwerzger (Tirol) hat Kickl den Aufstieg verdient, weil er die Partei "in den schwersten Stunden immer unterstützt hat".
Lesen Sie mehr zum Thema in unserer Rubrik "Mensch des Tages".