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"Fester Trottel", türkise Defensive, neue Anzeige: Kurz im Ibiza-Ausschuss

Von Lucian Mayringer   02.Juli 2021

Sein erster Auftritt im Ibiza-Untersuchungsausschuss am 24. Juni 2020 hat Sebastian Kurz (VP) die bisher heikelste Phase als Bundeskanzler beschert. Weil er als Zeuge verneint hatte, dass er bei der Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef aktiv eingebunden gewesen sei und später aufgetauchte Chats ein ganz anderes Bild boten, ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen den Kanzler wegen Falschaussage.

Ort ohne Respekt

Der gestrige zweite Auftritt des türkisen Regierungschefs wirkte deshalb wie ein Revancheakt. Wenn es einen Ort gebe, "an dem man nicht respektvoll miteinander umgeht, dann ist das der U-Ausschuss", richtete der Kanzler, mit 20-minütiger Verspätung eingetroffen, den drinnen wartenden Abgeordneten von der Opposition aus. Er wünsche sich deshalb eine Reform, wonach es in Untersuchungsausschüssen "Befragungen durch Profis", etwa durch Richter, geben solle.

Drinnen beklagte Kurz in seinem Eingangsstatement noch einmal "den blanken Hass" und den "Tiefpunkt" im österreichischen Parlamentarismus. Dann war Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl an der Reihe: Ende 2017 habe der Privatspitalsbetreiber Premiqamed eine 25.000-Euro-Spende an die ÖVP überwiesen und im Juni 2018 noch einmal die gleiche Summe. Dazwischen sei das Privatkrankenanstaltengesetz zugunsten des Spenders geändert worden. Er verstehe, "dass man das hinterfragen kann", sagte Kurz. Aber er könne sich "beim besten Willen nicht vorstellen", dass es dafür eine Gegenleistung gegeben habe.

Später legte der Kanzler auf die Frage des VP-Abgeordneten Klaus Fürlinger, der wissen wollte, ob er sich "irgendjemand Käuflichen" in der ÖVP vorstellen könne, nach: Es wäre "völlig absurd", für eine Spende an die Partei "sein Leben wegzuwerfen. Da müsst der schon ein fester Trottel sein."

Dass die ÖVP in ihrer Defensivarbeit diesmal nichts anbrennen lassen wollte, zeigte sich an Fürlingers Praxis als erster Fragensteller. Zahlreiche knapp formulierte Fragen (insgesamt stehen jeder Fraktion dafür netto sechs Minuten in der ersten Runde zu, Anm.) gaben dem Parteichef Raum für ausladende allgemeine Erklärungen. So referierte Kurz über die "tatsächlich wichtigen Projekte", während sich der U-Ausschuss nur mit "Nebenschauplätzen in der Regierungsarbeit" beschäftige. Oder darüber, wie gut es sei, wenn man nicht in alle Postenbesetzungen involviert sei. Denn: "Als Bundeskanzler ist man froh, wenn man nicht alles entscheiden muss." Weil auch der Ausschuss-Vorsitzende Wolfgang Sobotka (VP) trotz mitunter vom Prüfungsgegenstand abschweifender Fragen nicht eingriff, waren nach Fürlingers Einsatz für Kurz bereits knapp zwei Stunden und damit fast die Hälfte der maximal zulässigen Fragezeit überstanden.

Kurz im Audioprotokoll

SP-Fraktionschef Jan Krainer legte danach das Audioprotokoll vor, in dem der Kanzler bei seinem Erstauftritt sein Nicht-Mitwirken an der Bestellung des ÖBAG-Chefs beschreibt. "Waren das die Stellen, wo Sie unter Druck gesetzt worden sind?" – die Antwort auf diese Frage wurde dem Kanzler als unzulässig erspart.

Aufregung gab es auch um jene Chats, in denen Schmid (noch im Finanzministerium) von Kurz ermuntert worden sein soll, der katholischen Kirche wegen deren Steuerprivilegien "Vollgas" zu geben. Eine deshalb gestern gegen ihn eingebrachte Anzeige wegen "Nötigung und Erpressung" bezeichnete Kurz als "absurd". In der Sache entschlug er sich.

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24. April 2024