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Entscheidung über noch schärferen Lockdown: Ringen um offene Schulen

Von Annette Gantner   12.November 2020

Bereits heute Abend könnte eine wichtige Vorentscheidung darüber fallen, ob nach den Oberstufen auch die Pflichtschüler wieder zu Hause bleiben müssen. Am Abend tritt die Corona-Kommission zusammen und wird über das weitere Vorgehen beraten. Co-Vorsitzender Clemens Martin Auer ließ gestern mit der Aussage aufhorchen, dass die Schließung von Kindergärten und Schulen nur "Ultima Ratio" sein könne. Der Präsenzunterricht in der Pflichtschule solle aufrechterhalten werden, "solange es irgendwie geht".

Auch Bildungsminister Heinz Faßmann (VP) sprach davon, dass Schulschließungen nur die letzte Möglichkeit sein sollten. Die OÖN liefern einen Überblick, was für und was gegen einen weiteren Schul-Lockdown spricht.

  1. Wovon hängt es ab, ob auch die Schulen schließen? Ein entscheidender Faktor ist die Entwicklung der Infektionszahlen und die Auslastung der Spitäler. Gestern wurden in Österreich insgesamt 7514 Corona-Neuinfektionen und 65 Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet – weiter ein sehr hohes Niveau. Der Lockdown light zeigt aber erste Wirkung. Komplexitätsforscher Peter Klimek vom Science Hub hat die Entwicklungen berechnet: "Die Zunahme der Infektionen ist abgeschwächt. Die Frage ist aber, ob das ausreicht, um aus dem kritischen Bereich herauszukommen." Ein Problem sei, dass die Fälle aufgrund der Masse nicht mehr zeitgerecht eingemeldet werden.
  2. Welche Pläne hat die Politik? Faßmann präferiert den Präsenzunterricht – notfalls in eingeschränkter Form mit ausgedünnten Klassen und verstärktem Mund-Nasen-Schutz. Auch bei den Oberstufenschülern wünscht er sich eine Mischform aus Präsenz- und Fernunterricht. Der Minister wies darauf hin, dass es das Virus noch länger geben werde, er will es mit rascheren Testungen an den Schulen in Schach halten. Dass die Schulen offen bleiben, konnte Faßmann gestern nicht garantieren. Er ließ sich auch nicht zu Aussagen darüber hinreißen, ob eine Schließung zwei Wochen oder Monate dauern würde. Kanzler Sebastian Kurz (VP) und Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) wollen sich Ende der Woche äußern.
  3. Wie schätzen die Lehrer die Lage ein? Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Paul Kimberger berichtet, dass es noch immer Schulen ohne einen einzigen Fall gebe, während in den Ballungsräumen die Ansteckung höher sei. "Bei den Lehrern herrscht der Grundkonsens, dass sie unterrichten wollen, und das mit einer möglichst hohen Normalität", sagt Kimberger. Die Rückkehr zu einem Schichtbetrieb in den Klassen wäre seiner Ansicht nach "ein taugliches Modell, um eine Balance zwischen Sicherheit und Pädagogik zu finden". Kimberger betont, dass die Schulen nie geschlossen waren und Betreuung möglich war.
  4. Wer spricht sich noch für offene Schulen aus? Die Allianz derer, die die Schulen offen halten wollen, wächst täglich. Neben den Bildungsreferenten der Länder meldeten sich zuletzt SPÖ, Neos, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Ärztekammer, Wirtschaftsforscher und Elternvertreter zu Wort und forderten ein Offenhalten der Schulen.
  5. Bei Kindern ist die Infektionsgefahr laut Studien geringer. Wieso sollen sie zu Hause bleiben? Laut Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde infizieren sich Kinder unter 14 Jahren seltener, erkranken weniger häufig symptomatisch und geben das Virus auch seltener weiter. Freilich gibt es Skeptiker, die argumentieren, dass Kinder seltener getestet würden. Da Schließungen auch die Eltern betreuungspflichtiger Kinder betreffen, würde das Infektionsgeschehen umgehend reduziert.
  6. Hatte der erste Lockdown Auswirkungen auf die Kinder? Das Institut für Höhere Studien warnte diese Woche davor, dass die Umstellung auf Fernunterricht "massiv negative Effekte auf den Kompetenz- und Wissenserwerb", und zwar vor allem bei jüngeren und benachteiligten Schülern habe. Nach Lehrer-Schätzungen konnten im Frühjahr etwa zwölf Prozent der Schüler durch Fernunterricht nicht erreicht werden, unter benachteiligten Schülern waren es 37 Prozent. Dadurch seien Langzeitfolgen wie früher Bildungsabbruch und geringere Karrierechancen zu erwarten.

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