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Die Einsamkeit des Umfragenkaisers: Sebastian Kurz hat ein Luxusproblem

Von Lucian Mayringer   08.Juni 2019

In den veröffentlichten Umfragen liegt die ÖVP nach Ibizagate bei 36 bis 38 Prozent. Mit einem Respektabstand von zumindest 15 Prozentpunkten gegenüber der roten und blauen Konkurrenz. In den Popularitätswerten thront Sebastian Kurz auch nach seinem zweiten Absprung aus einer Koalition innerhalb von 24 Monaten und der anschließend historischen Kanzlerabwahl über den Mitbewerbern.

33 Prozent würden den VP-Obmann wieder direkt zum Kanzler wählen, für Norbert Hofer (FP) könnten sich in einer "profil"-Umfrage 16 Prozent erwärmen, SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner wollen derzeit nur zehn Prozent in der Rolle der Regierungschefin sehen. Und auch in der Vorbereitung auf die Nationalratswahl dürfte das bestens eingespielte Team Kurz rund um Strategie-Berater Stefan Steiner und Axel Melchior (VP-Bundesgeschäftsführer) gegenüber der Konkurrenz die Nase vorn haben. Die Agentur von Kurz-Intimus Philipp Maderthaner habe bereits den Wahlkampf durchgeplant, Plakate und Social-Media-Banner für die erste Welle sind fertig, heißt es. Die Warnung vor einer rot-blauen Mehrheit nach dem 29. September, dem wahrscheinlichen Wahltermin, soll dabei eine zentrale Rolle spielen.

Insgeheim rechnet man sich in den VP-Reihen Chancen aus, wie anno 2002 Wolfgang Schüssel sogar die 40-Prozent-Marke zu durchbrechen.

Keine Neuauflage mit der FPÖ

Was zum Luxusproblem von Sebastian Kurz führt. Anders als 2017, als alles auf Schwarz-Blau hinauslief, schließe der VP-Obmann nach den Ibiza-Enthüllungen eine Neuauflage definitiv aus, wurde den OÖNachrichten aus seinem Umfeld klar signalisiert.

Auf der anderen Seite wird die neue Entfremdung durch Herbert Kickl verkörpert. Der von Kurz geschasste Innenminister und blaue Wahlkampfchoreograf vom Dienst schießt bereits jetzt aus vollen Rohren gegen den einstigen Regierungspartner.

Anti-Großkoalitionär

Weil Kurz’ Aufstieg in der eigenen Partei viel mit seiner Inszenierung als Anti-Großkoalitionär zu tun hat, birgt für ihn auch ein Pakt mit der SPÖ wenig Charme.

Weshalb Kurz in Debattenzirkeln nun häufiger etwas in die Runde wirft, was er 2017 als seinen "Plan B" bezeichnet hat: eine Minderheitsregierung, wie sie in Dänemark gerade die sozialdemokratische Wahlsiegerin Mette Frederiksen anstrebt. Was in Skandinavien zur demokratischen Routine gehört, wäre in Österreich abgesehen von Bruno Kreiskys Kurzzeit-Projekt 1970 mit der FPÖ Neuland. In schwierigen Verhandlungen müsste eine Regierung Kurz Themenpakete, etwa mit den Grünen für Klimaschutz, mit der FPÖ für Migration oder mit der SPÖ für Soziales, schnüren. Um die Mehrheiten im Nationalrat zu bekommen, wären wohl zusätzlich personelle Zugeständnisse notwendig.

Das Salzburger Modell

Abgesehen von diesem Experiment zeigt sich Kurz offen für das "Salzburger Modell", wo seit einem Jahr eine schwarz-grün-pinke Koalition recht reibungslos funktioniert. Auf Bundesebene wäre auch das ein Novum. In den Umfragen liegen Neos und Grüne knapp unter der Zweistelligkeit, womit sich diese Dreier-Variante zumindest arithmetisch recht komfortabel umsetzen ließe.

Er sei ohnehin viel mehr "ein urbaner Liberaler" als der Rechtsausleger, den in halb Europa manche in ihm sehen wollen, sagte Kurz gern in Interviews. Den Beweis dafür müsste er dann wohl antreten.

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