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Millionen vergessen: Budgetbeschluss im letzten Moment gestoppt

Von nachrichten.at/apa   28.Mai 2020

Grund war ein Einwand von SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer, der auf einen "gravierenden Zahlenfehler" hinwies. Demnach wären die Auszahlungsobergrenze laut Abänderungsantrag nicht bei 102 Milliarden sondern bei 102.000 Euro gelegen. Krainer schlug daraufhin vor, den Fehler noch zu korrigieren, das aber erst morgen. ÖVP-Klubobmann August Wöginger stimmte zumindest einmal einer Sitzungsunterbrechung zu.

Minutenlanges Gejohle

Der größere Teil der Budgetabstimmung war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen, konkret die Zweite Lesung, in der diverse Teilaspekte des Budgets abgestimmt wurden. Gefehlt hat also nur noch die Schlussabstimmung über das Gesamtwerk. Nach Krainers Rede verwandelte sich ein Teil des Plenums in eine Art Fußballstadion, erfreuten sich doch auch die anderen Oppositionsparteien am vermeintlichen Lapsus und war aus den Reihen der SPÖ minutenlanges Gejohle zu hören.

Banaler Fehler

Der Fehler im Gesetzesantrag zum Bundesfinanzgesetz ist eigentlich ziemlich banal. Es wurde schlicht von den Schreibern der Passus "in Millionen Euro vergessen". Somit ist eben bei den Auszahlungen bloß der Betrag 102.389 und bei den Einzahlungen 81.790 Euro zu lesen. Gemeint wären rund 102 Milliarden bzw. gut 81 Milliarden. Denn in der vorliegenden Version läge das Defizit gerade einmal bei knapp 20.600 Euro. 

Der Fehler führte letztendlich zu einer Verschiebung des Budgetbeschlusses auf den morgigen Freitag. Eine entsprechende Vorgehensweise hat die Präsidiale beschlossen und wurde von der Vorsitz führenden Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) im Plenum verkündet.

Formal wurde die heutige Sitzung unterbrochen und wird am Freitag um 8.30 Uhr wieder aufgenommen. Da wird dann ein Antrag zur "Behebung von Widersprüchen" abgestimmt. Im Anschluss kann die Budget-Schlussabstimmung stattfinden sowie die zahlreicher weiterer Anträge. Ausständig ist ja etwa auch noch jene zum FPÖ-Misstrauensantrag gegen Finanzminister Gernot Blümel.

"Der Herr Blümel kann nicht Budget"

Dieser war in der Budget-Schlussdebatte zum Kapitel "Finanzen" noch einmal Ziel diverser Angriffe gewesen. "Der Herr Blümel kann nicht Budget" war eine der Unfreundlichkeiten von SP-Finanzsprecher Jan Krainer

NEOS-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer fragte: "Herr Finanzminister, was ist mit ihnen?" Klubvize Josef Schellhorn bezeichnete ÖVP und Grüne indirekt gar als blöd, ohne dafür einen Ordnungsruf einzusammeln.

Von einem "budgetpolitischen Bauchfleck" war etwa in der Rede von FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl die Rede. "Ich weiß, dass ich nichts weiß" sollte nicht der philosophische Grundsatz bei einer Budgetgestaltung sein.

Blümel hatte in seinem Statement noch einmal um Verständnis dafür ersucht, dass angesichts der Dimension der Krise jetzt keine präziseren Zahlen vorlegt werden könnten und das zu beschließende Zahlenwerk keinesfalls verfassungswidrig sei. Insgesamt lobte Blümel einmal mehr den Weg der Regierung. Denn Österreich komme besser durch die Krise als andere Länder und da es wohl kein schnelles Wiederhochkommen der Wirtschaft geben werde, würden - wo möglich - Hilfen gesetzt. Das Statement von Gernot Blümel:

 

Durch den verschobenen Budgetbeschluss verzögert sich auch das weitere Prozedere. Die Debatte zum vor der Ablehnung stehenden U-Ausschuss-Antrag zur Coronakrise der FPÖ wird ebenfalls auf Freitag verlegt und findet nach dem Budgetvotum statt. Erst gegen 10 Uhr wird dann die eigentlich vorgesehene Sitzung unter anderem mit der Vorstellung der neuen Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer stattfinden.

Heftige Kritik aus der Opposition

Der letzte von drei Debattentagen hatte am Donnerstag mit Oppositionsprotesten begonnen. Anlass war ein in der Nacht an die Fraktionen übermittelter Abänderungsantrag von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), mit dem die Covid-19-Auswirkungen besser berücksichtigt werden sollten. SPÖ, FPÖ und NEOS werteten dies als Affront. Die Details dazu im Video:

Mit dem Antrag – er wurde im Laufe des Vormittags von ÖVP und Grünen eingebracht – hat Blümel (ÖVP) nach der heftigen Debatte um veraltete Zahlen zumindest die Covid-Ausgaben doch noch in den Haushaltsplan geschrieben. Konkret wird die bestehende Überschreitungsermächtigung in Höhe von 28 Milliarden Euro auf vier Budgetrubriken aufgeteilt.

Durch die Aktualisierung des Budget ergeben sich Ausgaben von 102,4 Milliarden statt der bisher budgetierten 82,4 Milliarden Euro. Die Einnahmenseite wird nicht aktualisiert, es bleibt bei den vor der Krise budgetierten 81,8 Milliarden Euro. Damit ergibt sich ein Defizit von 20,6 Milliarden Euro. Nach Brüssel hat Blümel Ende April einen Rückgang der Einnahmen um 11,5 Milliarden Euro und damit ein Minus von 30,5 Milliarden Euro (acht Prozent des BIP) gemeldet.

Die Opposition zeigte sich darüber empört, die Sitzung wurde unterbrochen, eine Stehpräsidiale in der Parlamentscafeteria brachte aber keine Einigung und damit auch nicht die von SPÖ und FPÖ verlangte Rückverweisung an den Budgetausschuss. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried hatte sich zuvor darüber empört, dass der Antrag nicht wie versprochen 24 Stunden vor der für Donnerstagabend angesetzten Abstimmung eingetroffen sei. Der Antrag sei voller handwerklicher Mängel (Budgetsprecher Ja Krainer ortete darin auch 15 Milliarden Euro mehr, die sich der Finanzminister holen könne) und: "Die Abgeordneten haben 60 Stunden lang über den falschen Text verhandelt. Das ist doch inakzeptabel, Herr Präsident", wandte sich Leichtfried an den Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP).

FPÖ-Klubvize Erwin Angerer pflichtete dem bei. Die Debatte sei sofort zu beenden, alle Redner seien zu streichen, und der Antrag gehöre zurück in die Ausschussberatung. Man könne angesichts all dessen auch kein Vertrauen in den Finanzminister haben, kündigte er einen Misstrauensantrag gegen Blümel an. Bei den NEOS stieß sich Gerald Loacker vor allem daran, dass die Abänderung die Einnahmenseite in keiner Weise berücksichtige.

ÖVP-Klubchef August Wögininger konnte für die Aufregung kein Verständnis aufbringen. Man sei der Kritik der Opposition nachgekommen und ordne die 28 Milliarden Euro an Coronahilfen vier verschiedenen Rubriken zu: "Mehr ist nicht möglich." Alle Wirtschaftsforscher und Experten hätten bestätigt, dass die Einnahmenseite angesichts der unterschiedlichen Prognosen nicht darstellbar seien. Der Antrag umfasse jedenfalls nur zweieinhalb Seiten, und diese könnten in den kommenden acht bis zehn Stunden ja wohl gesichtet werden.

Sigrid Maurer, Klubchefin der Grünen, sah das ganz ähnlich. Die angebotene Vertagung bis 11.00 Uhr habe die Opposition abgelehnt. Man fahre daher mit der Debatte fort und werde das Budget am Donnerstagabend beschließen.

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