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Auftakt im Hohen Haus: Gute Vorsätze und harte Worte

Von Jasmin Bürger und Barbara Eidenberger, 24. Oktober 2019, 00:04 Uhr
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Bildergalerie Die konstituierende Sitzung des Nationalrats in Bildern
Bild: (APA/GEORG HOCHMUTH)

WIEN. Konstituierende Sitzung des Nationalrats: Appelle für respektvollen Umgang. Blau-grüner Schlagabtausch zu grüner Gegenkandidatin für Präsidium.

Für Bundespräsident Alexander Van der Bellen mag es ein kleiner Kulturschock gewesen sein: Am Dienstagabend hatte er in Tokio noch die pompöse, nach uraltem Protokoll abgehaltene Inthronisierung des japanischen Kaisers miterlebt. Gestern Mittag erwies er dem Parlament die Ehre.

Die konstituierende Sitzung des Nationalrats verlief weniger streng und erinnerte ein wenig an den ersten Schultag: Da wurden zu Beginn Plätze gesucht, Sitznachbarn begrüßt, Selfies gemacht, und es wurde eifrig geplaudert. Für knapp ein Drittel der Abgeordneten war es eine Premiere im Hohen Haus. Auch für Philippa Strache, die sich allerdings vom großen Rummel fernhielt (siehe unten).

Den festlichen Charakter brachten zunächst Bundes- und Europahymne, vorgetragen von einem Streichquartett, dann ging es schon an die Angelobung: 183 Mal ertönten die Worte "Ich gelobe". Nur wenige erlaubten sich Abweichungen, etwa FP-Chef Norbert Hofer, der "so wahr mir Gott helfe" anfügte, oder die Grüne Faika El-Nagashi, die aufgrund ihrer Wurzeln auch auf Ungarisch gelobte.

Die Regierung war durch Kanzlerin Brigitte Bierlein, Vizekanzler Clemens Jabloner und Außenminister Alexander Schallenberg vertreten, das Trio verabschiedete sich allerdings bald wieder. Länger auf der Tribüne harrten etwa Ex-Bundespräsident Heinz Fischer und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer aus.

Auftakt im Hohen Haus: Gute Vorsätze und harte Worte
Bild: APA/GEORG HOCHMUTH

Nelken und Bleistifte

Ebenfalls dem Anlass geschuldet waren dekorative Anstecker: Mit der traditionellen roten Nelke hatten sich die SP-Mandatare als Einzige für Blumen entschieden. Die VP-Abgeordneten zierten türkise Buttons mit der Aufschrift "Für Österreich", die FPÖ wählte rot-weiß-rote Schleifen. Die Neos hatten sich drei pinke Bleistifte an die Brust geheftet, die Grünen brachten mit Kräutertöpfen auch optisch etwas Grün in den Plenarsaal in der Hofburg. Ziemlich eintönig dagegen war die Kleiderwahl: Dunkle Sakkos und Blazer dominierten, einige wenige Frauen setzten Farbpunkte.

Wichtigster Tagesordnungspunkt war die Wahl der drei Nationalratspräsidenten. Und obwohl etwa der frisch gekürte VP-Klubchef Sebastian Kurz oder SP-Klubchefin Pamela Rendi-Wagner für einen respektvollen Umgang plädiert hatten, wurde die Debatte gleich wieder zum harten Schlagabtausch. Dass die Grünen mit Ex-Uni-Rektorin Eva Blimlinger Norbert Hofer eine Kandidatin für den Posten des Dritten Präsidenten entgegenstellten, empörte die FPÖ. Klubchef Herbert Kickl begann seine Rede zwar noch mit sanften Tönen und der Hoffnung, "die guten Vorsätze aller" würden länger halten. Doch dann schoss er gegen die "linkslinke Gesinnung", die sich hinter "der putzigen Fassade" der Grünen zeige. Die Usance, dass die drei stärksten Parteien das Präsidium nominieren, sei "eine Anerkennung des Wählerwillens".

Konstituierende Sitzung des neugewählten Nationalrats

FP-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch sprach von einer "Provokation", die Grünen müssten nach ihrer Rückkehr ins Parlament "Demut" zeigen. Neo-Grünen-Klubchef Werner Kogler nahm es gelassen: "Wir bieten mit Eva Blimlinger eine Alternative an, nicht mehr und nicht weniger", sagte er. Bei den "vielen Einzelfällen" in der FPÖ und "Abgrenzungsschwierigkeiten" Hofers zwischen dem Präsidentenamt und dem FP-Vorsitz erachte er dies als notwendig. Blimlinger erhielt schließlich um acht Stimmen mehr, als die Grünen Mandate haben, was Hofer ein Ergebnis von 74,1 Prozent bescherte. Für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und die Zweite Präsidentin Doris Bures verlief die Wahl besser als 2017: Sobotka bekam knapp 88, Bures 83 Prozent. Wobei bei der Wahl von Bures’ Posten auch elf Stimmen für SP-Chefin Rendi-Wagner und neun für Parteirebell Max Lercher gezählt wurden.

Lercher wie SJ-Chefin Julia Herr wurden in den hinteren roten Reihen platziert.

Für so manchen Neo-Mandatar legte sich die anfängliche Spannung rasch: Das Handy am Pult gehört ohnehin bei allen zum Standardrepertoire, einige der Neuen widmeten sich aber auffallend intensiv dem Display – und das an einem eher kurzen Plenartag.

Hohes Haus: Geheime Gänge, geheime Abstimmungen
Lercher will Ruhe. Bild: APA/GEORG HOCHMUTH

Hohes Haus: Geheime Gänge, geheime Abstimmungen

Die Medien warteten am Mittwoch vergeblich auf Philippa Strache. Sie war über Nebeneingänge in die Hofburg und in den Plenarsaal gelangt. Schwarz gekleidet, mit einem Kaffeebecher hatte sie in der letzten Reihe Platz genommen. Einige SPÖ-Mandatare schüttelten der neuen wilden Abgeordneten die Hand. Strache blickte immer wieder auf ihr Handy und verließ schließlich vorzeitig und ohne Wortmeldung den Sitzungssaal.

Die blauen Mandatare ignorierten ihre ehemalige Tierschutzbeauftragte. Um 16 Uhr verlautbarte die FPÖ, Philippa Strache wegen parteischädigenden Verhaltens aus der Partei ausgeschlossen zu haben. Es war ein Kunstgriff nötig: Die Wiener FPÖ, zu deren Landesgruppe Strache zählte, hatte sich Bedenkzeit in dieser Frage erbeten. Doch mit der Angelobung im Nationalrat wurde sie automatisch Mitglied der Bundesparteileitung, somit konnte FP-Obmann Norbert Hofer sie umgehend ausschließen.

Hohes Haus: Geheime Gänge, geheime Abstimmungen
Strache mied Medien. Bild: SEPA.Media | Martin Juen

Auch in der SPÖ war die Stimmung nicht friktionsfrei. Die Abgeordneten zogen nicht wie andere Parteien geschlossen ein. Am Vortag hatte Pamela Rendi-Wagner in der Klubsitzung bei der geheimen Wahl zur Fraktionsführerin nur 88,2 Prozent der Stimmen erhalten. Doris Bures hatte bei ihrer Kür im SP-Klub von sich aus eine geheime Abstimmung verlangt, das Ergebnis war fast einstimmig.

Auf die Frage der OÖNachrichten, ob er Rendi-Wagner gewählt habe, antwortete der steirische Parteirebell Max Lercher: „Ja, ich wollte keinen Wirbel.“ Beide redeten im Plenarsaal angeregt miteinander.

Im VP-Klub hat August Wöginger vorübergehend den Vorsitz an VP-Obmann Sebastian Kurz abgegeben. Er ist vorerst nur dessen Stellvertreter. Finanziell hat der Wechsel durchaus Nachteile. Ein Klubobmann bezieht rund 15.000 Euro im Monat brutto, ein Nationalratsabgeordneter kommt hingegen auf 8900 Euro. Wöginger nimmt es gelassen: Er werde mit dem Geld sein Auslangen finden.

Acht neue Mandatare aus Oberösterreich
Bettina Zopf

Acht neue Mandatare aus Oberösterreich

33 Oberösterreicher wurden am Mittwoch im Nationalrat angelobt. Damit hat sich die Zahl im Vergleich zur vorangegangenen Funktionsperiode nicht verändert, allerdings innerhalb der Fraktionen deutlich verschoben.
Im ÖVP-Klub sind elf der 71 Abgeordneten aus Oberösterreich, bis auf eine Ausnahme waren sie schon in der vorherigen Periode im Parlament. Bettina Zopf aus Altmünster ist neu im Nationalrat und hatte gar nicht wirklich mit dem Mandat gerechnet. Das gute Abschneiden der ÖVP kam ihr zugute. Der Innviertler August Wöginger ist vorerst stv. VP-Klubchef. Die Mühlviertlerin Claudia Plakolm zog 2017 noch als jüngste Abgeordnete ein. Dieses Mal wurde sie von Neos-Neuling Yannick Shetty (24) aus Wien in dieser Kategorie abgelöst. Aus Oberösterreich kommen noch acht weitere VP-Mandatare: Nikolaus Prinz aus St. Nikola, Klaus Fürlinger aus Linz, Manfred Hofinger aus Lambrechten, Klaus Lindinger aus Fischlham, der Grieskirchner Laurenz Pöttinger (er folgte Anfang Juli auf die nunmehrige EU-Abgeordnete Angelika Winzig), Johann Singer aus Schiedlberg, Michael Hammer aus Altenberg und die Freistädterin Johanna Jachs.

In der SPÖ kommen neun der 40 Abgeordneten aus Oberösterreich, fast alle haben bereits zumindest eine, wenn auch verkürzte, Funktionsperiode hinter sich. Chef-Gewerkschafter Rainer Wimmer zog über die Bundesliste ein, die gebürtige Steyrerin Sonja Hammerschmid über die Landesliste Niederösterreich.

Der Gallneukirchner Alois Stöger, Eva-Maria Holzleitner und Petra Wimmer aus Wels, der Linzer Dietmar Keck, Markus Vogl aus Steyr und Sabine Schatz aus Ried/Riedmark gelangten über die Landes- und Wahlkreislisten in den Nationalrat. Neu im SPÖ-Klub ist Metaller-Gewerkschafter Michael Seemayer aus Regau. Er geht damit den Weg seines Vorgängers Walter Schopf: erst Gewerkschaftssekretär, dann Abgeordneter.

Der oberösterreichische Neuzugang im FPÖ-Klub war zuvor bereits im Bundesrat: Rosa Ecker aus Saxen. Sie ist eine von sechs blauen Oberösterreichern im Parlament. Als Krisenpflegemutter hat sie sich vor allem sozialen Themen verschrieben. Mit Ecker wurden gestern Susanne Fürst und Philipp Schrangl aus Linz, Gerhard Deimek aus Steyr, Hermann Brückl aus Schärding und Gerhard Kaniak aus Schörfling am Attersee angelobt.

Damit hat sich die Zahl der oberösterreichischen FP-Abgeordneten von zehn auf sechs reduziert. Insgesamt hält die Partei 30 Sitze. Norbert van Handel, der bis zuletzt um seinen Einzug gezittert hatte, erhielt kein Mandat.

Da die Grünen 2017 aus dem Parlament gewählt wurden, sind eigentlich alle grünen Abgeordneten aus Oberösterreich nun Neuzugänge. Allerdings war der Braunauer David Stögmüller bisher im Bundesrat vertreten. Mit ihm teilen sich Grünen-Landessprecher Stefan Kaineder aus Dietach und der Thalheimer Ralph Schallmeiner die Abgeordnetenbank. Auf der oberösterreichischen Landesliste hatte zudem Leonore Gewessler kandidiert, die jedoch aus der Steiermark kommt und in Wien lebt. Insgesamt umfasst der grüne Klub 26 Mandatare.

Bei den Neos sind zwei der 15 Abgeordneten aus Oberösterreich. Karin Doppelbauer aus Kallham ist seit 2017 im Parlament, für Felix Eypeltauer ist es die erste Funktionsperiode. Der Linzer sitzt im Gemeinderat und ist Vorsitzender des Kontrollausschusses.
 

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5  Kommentare
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jago (57.723 Kommentare)
am 25.10.2019 10:25

Aussagen eines Abgeordneten am Pult im Hohen Haus, die dem Parteikampf zum Applaus der Parteifunktionäre dienen und nicht der ausgleichenden, legislativen Diskussion, müss(t)en mit einem zeitlichen Redeverbot bestraft werden.

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primavera13 (4.190 Kommentare)
am 24.10.2019 12:20

Wir sollten uns weniger mit Philippa Strache, sondern vielmehr mit der ideologischen Ausrichtung und der Geschichte der FPÖ beschäftigen. Interessante neue Einblicke liefern hier Österreichische Wissenschaftler.

https://science.orf.at/stories/2993400/

VdU, FPÖ und Mythen nach 1945

„Persönliche und ideologische Kontinuitäten“

Für Univ. Prof. Anton Pelinka könne die FPÖ für sich nicht in Anspruch nehmen, wie es zuletzt von FPÖ-Chef Norbert Hofer vertreten wurde, eine „normale Partei“ zu sein: „Natürlich gibt es keine Kontinuität zwischen einer nationalsozialistischen Partei im vereinsrechtlichen Sinn, aber es gibt sehr wohl persönliche und ideologische Kontinuitäten.“ Wenn die FPÖ nun wie andere Parteien ihre „braunen Flecken“ aufarbeiten wolle, so müsse man ein Bild geraderücken: „Es gibt weiße Flecken im braunen Gewand der FPÖ.“

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jago (57.723 Kommentare)
am 25.10.2019 10:35

> vielmehr mit der ideologischen Ausrichtung und der Geschichte der FPÖ beschäftigen

Aber nein, die Ideologie ist nur Angstmache! Damit könnten ja die Grünen als gefährliche Stalinisten angeprangert werden mit der Gefahr, dass sie Gulags im Sinn hätten.

So, mit deinen persönlichen Albträumen, kommst du nicht gegen outwings an.

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primavera13 (4.190 Kommentare)
am 24.10.2019 10:24

Jetzt sind die Burschenschafter in der FPÖ bald wieder unter sich. Die Blauen haben nur mehr 5 Frauen im Klub.

Beschämend.
Da sieht man, dass es mir der FPÖ, wieder ins 19. Jahrhundert zurückgeht.

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NeujahrsUNgluecksschweinchen (26.198 Kommentare)
am 24.10.2019 09:22

Eine eigenartige Situationskomik der OÖN: Die Bildunterschriften bei Lercher und Strache sind vertauscht. (-;

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