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"Wir brauchen einen dreistelligen Millionenbetrag"

Von Eike-Clemens Kullmann   20.Juli 2017

Das Interesse, Soldat zu werden, ist derzeit groß. Doch im Budget sind die dafür nötigen Mittel derzeit nicht vorgesehen, sagt Generalstabschef Othmar Commenda im OÖNachrichten-Interview.

 

OÖNachrichten: Das Image des Heeres hat sich verbessert, das zeigt schon das große Interesse, wieder Soldat zu werden. Da muss die Freude beim Generalstabschef doch groß sein. Oder gibt es auch Sorgen?

Othmar Commenda: Es ist richtig, die Entwicklung ist positiv. Ich mache mir aber schon Sorgen im Hinblick auf die Zeit nach der Wahl im Oktober. Ich appelliere daher schon jetzt an die zukünftige Regierung, den Doskozil-Weg fortzusetzen. Diese Trendwende, die in der Bevölkerung so positiv ankommt, darf nicht zum Stillstand kommen.

Wichtig wird wohl, dass es entsprechende Finanzmittel gibt, Stichwort Eurofighter-Nachfolge.

Wird der Vorschlag der Task Force mit einer Single-Fighter-Lösung umgesetzt, ist kein Zusatzflugzeug, also eine Nachfolge der Saab 105 OE, nötig. Alles andere, also welches Jet-Modell es geben wird, ist letztendlich eine politische Entscheidung. Haben die künftigen Jets alles, was ein Kampfflugzeug braucht – jederzeit einsetzbar und entsprechend bewaffnet – dann gibt es keinen Generalstabschef, der das nicht will.

Auch bei Hubschraubern (Nachfolge für Alouette III und OH-58) steht eine Entscheidung an. Wie schaut hier der Zeitplan aus?

Die Grundlagenarbeit für die Beschaffung ist abgeschlossen. Ich hoffe daher auf eine Entscheidung bis Ende 2017, in welche Richtung es geht. Hier geht es allerdings auch um die Frage der künftigen Budget-Entwicklung – schließlich käme der erste neue Hubschrauber frühestens 2020.

Apropos Budget: Das Interesse an einem Job im Heer ist groß. Wie viele zusätzliche Soldaten sind eigentlich eingeplant?

Klar ist, wir nehmen jetzt mehr neues Personal auf als budgetiert ist. Hält der Trend an, was wir wollen, brauchen wir für die nächsten Jahre mehr Geld für das Personal, sonst geht das auf Kosten der Beschaffung und des Betriebes.

Von welcher Summe sprechen wir da?

Das geht Richtung eines niedrigen dreistelligen Millionenbetrages. Ziel beim Personal muss sein, die Vorgabe der Zilk-Kommission von 24.400 Vollzeitäquivalenten – militärisch und zivil – zu erreichen. Derzeit liegen wir nur bei gut 21.000.

Ein Grund für das wieder positive Heeres-Image ist die von der Bevölkerung wahrgenommene gestiegene Bedrohung. Wie beurteilen Sie die Lage?

Wir haben in vier Bereichen eine Herausforderung: Neben dem Terrorismus, der Migration und Cyber sind mittelfristig unsere Lebensgrundlagen bedroht. Bei Cyber findet der Krieg praktisch täglich statt. Die Migration wird uns die nächsten 20 bis 40 Jahre massiv beschäftigen – 2015 war hier nur ein Vorbeben.

Was verstehen Sie unter der Bedrohung der Lebensgrundlagen?

Hier meine ich, dass man etwas tun muss, um in Zukunft die Grundnahrungsversorgung sicherzustellen. Die Klimabedingungen werden schlechter. Heuer hatten wir schon alles: Frost, Unwetter, Tornados, Dürre. Die Bedrohung ist ja nicht immer nur militärisch. Wir brauchen daher unbedingt wieder etwas, wie das seinerzeit die umfassende Landesverteidigung war, also auch eine zivile, geistige und wirtschaftliche Komponente. Wir haben heute etwa keine Bevorratung mehr. Wie man das künftig bezeichnet, ist zweitrangig. Aber wir müssen die Bevölkerung auf diese Bedrohungen vorbereiten, das fängt schon in der Schule an.

Ein Wahlkampf-Thema ist die Mittelmeerroute. Die müsse geschlossen werden, wird gefordert. Ist das möglich? Und: Löst das das Problem?

Militärisch könnte man das machen. Mit den heutigen Aufklärungsmitteln ist es nicht mehr möglich, unentdeckt zu bleiben. Aber das würde das Problem nicht lösen. Wir müssen die Ursachen in den Griff bekommen – und das kann nicht das Militär, das ist Aufgabe der Politik.

Was meinen Sie konkret?

Schauen wir einmal nach Afrika. Hier ist eine wesentliche Ursache für die Fluchtbewegungen die zunehmende Überbevölkerung (Verdoppelung bis spätestens 2050, Anm.). Dort braucht es zum Beispiel entsprechende Bildungsangebote und in weiterer Folge Chancen auf eine Berufsausübung. Gibt es beides, warum sollen die Menschen dann weggehen.

Ein wesentlicher Fluchtgrund sind aber auch Kriege.

Wenn es den Leuten gut geht, führen sie keinen Krieg. Gibt es aber nur wenig, wollen sich das Teile mit Gewalt holen. Dazu kommt dann noch als Verstärker religiöser Fanatismus. Nicht vergessen darf man die korrupten Regime. Stützt man die weiterhin mit Geld, wird sich nichts ändern. Dann findet die Ausbeutung weiter statt. Hier muss der Westen endlich umdenken. Eine dauerhafte Lösung des Problems kann es daher nur dort geben, wo die Menschen losmarschieren. Das geht aber nicht von heute auf morgen.

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19. April 2024